# taz.de -- LGBTQ in Russland: Lieblingsfeinde des Regimes | |
> Schon lange kämpft die russische Regierung gegen Homosexualität. Doch | |
> seit dem 24. Februar wird die Lage für LGBTQ-Personen im Land noch | |
> gefährlicher. | |
Bild: Viele haben Russland wegen homophober Repression Richtung Lettland verlas… | |
Unter denen, die nach dem 24. Februar 2022 aus Russland nach Lettland | |
gekommen sind, sind ziemlich viele Vertreter*innen der LGBTQ-Community. | |
Viele haben Russland wegen der homophoben Repressionen verlassen, die seit | |
Kriegsbeginn noch zugenommen haben. | |
Ich sage es ehrlich, die Homophobie, die in Russland auf staatlicher Ebene | |
rapide zunimmt, war auch ein wichtiger Grund dafür, [1][dass ich Russland | |
gleich nach Beginn des Krieges in der Ukraine verlassen habe.] Ich bin | |
zusammen mit meiner Partnerin gegangen. Denn seit Jahren ziehen die | |
russischen Behörden die Schrauben in allen Bereichen, die mit Freiheit zu | |
tun haben, auf die eine oder andere Weise an. Das ist das Hauptschlachtfeld | |
des autoritären Systems bzw. der totalitären Ideologie. Wenn man einem | |
Menschen nämlich erlaubt, selbst zu entscheiden, wen er liebt, wird es | |
unmöglich, ihn zu kontrollieren. | |
Das haben die russischen Machthaber schon lange kapiert. Seit fast zehn | |
Jahren gibt es in Russland bereits ein Gesetz über die sogenannte | |
„Homopropaganda“ unter Minderjährigen. Damit ist alles verboten, was | |
nicht-heterosexuelle Beziehungen als nicht schlechter wie „traditionelle“ | |
zeigt. Jedes beliebige Buch, jeder Artikel, jeder Film, in dem das Thema | |
LGBTQ vorkommt, muss den Vermerk „ab 18“ tragen und für Kinder unzugängli… | |
sein. | |
LGBTQ (so wie auch die USA, die Nato und Feministinnen) waren lange Zeit | |
[2][die Lieblingsfeinde des Regimes,] doch seit man quasi vom Wort zum | |
Bombenangriff übergegangen ist, wurde es wirklich schrecklich. Als der | |
Krieg begann, hatten viele Menschen ernsthaft Sorge, dass es in absehbarer | |
Zeit damit beginnen würde, Homosexuelle an Straßenlaternen aufzuhängen. | |
Und obwohl Lettland verglichen mit Westeuropa, wo schon in vielen Ländern | |
gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt hat, als nicht sehr homofreundliches | |
Land gilt, habe ich keine Sekunde daran gezweifelt, dass es hier für mich | |
sehr viel sicherer sei als in Russland. | |
Tatsächlich hat die Saeima, das lettische Parlament, in diesem Sommer die | |
Prüfung des Gesetzentwurfs über gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften | |
erneut verschoben. Mir persönlich ist Homophobie in Riga noch nie begegnet. | |
Viele meiner nicht-heterosexuellen Bekannten aus Russland fühlen sich hier | |
mehr als wohl. Händchen halten, auf Motto-Partys gehen – kein Problem. | |
Tausende Menschen nahmen im Juni an der Pride-Parade teil, die ein | |
wunderschönes Fest war. | |
Gerade erst hat man in der russischen Staatsduma [3][einen neuen | |
Gesetzentwurf eingebracht – das Verbot von „LGBTQ-Propaganda“] sollte für | |
alle Altersgruppen gelten, nicht nur für Kinder. Viele fürchten sich davor, | |
und nur wenige zweifeln daran, dass ein weiteres repressives Gesetz | |
verabschiedet werden wird. Denn das Regime hat allen den Krieg erklärt, | |
nicht nur der Ukraine. | |
Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey] | |
Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung]. | |
Einen Sammelband mit den Tagebüchern hat der Verlag [6][edition.fotoTAPETA] | |
im September herausgebracht. | |
19 Nov 2022 | |
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[4] /Gaby-Coldewey/!a23976/ | |
[5] https://shop.taz.de/product_info.php?products_id=245248 | |
[6] https://www.edition-fototapeta.eu/ | |
## AUTOREN | |
Maria Bobyleva | |
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