# taz.de -- South-by-Southwest-Festival in Berlin: Nach Axel Springers Pfeife t… | |
> Ein Ableger des South-by-Southwest-Festivals soll 2023 in Berlin | |
> stattfinden. Die hiesige Szene sei nicht eingebunden, kritisiert die | |
> Clubcommission. | |
Bild: Beck live auf dem SXSW Conference & Festivals 2022 in Austin (USA) – ab… | |
BERLIN taz | Stell dir vor, Berlin bastelt an einem gigantischen Festival – | |
und keine:r aus der lokalen Club- und Kreativszene ist dabei. So oder so | |
ähnlich kann man die jüngst publik gewordenen Pläne des Senats lesen, im | |
August 2023 ein mehrtägiges Tech- und Musikfestival zum Leben zu erwecken | |
und dieses mit 3,5 Millionen Euro zu fördern. Vorbild ist das | |
[1][South-by-Southwest-Festival] im texanischen Austin (SXSW). | |
Das SXSW findet jährlich statt, es ist eine der größten Musik- und | |
Digitalmessen der Welt. In Berlin soll das Festival von der Axel Springer | |
Media Group sowie der US-amerikanischen Penske Media Group ausgerichtet | |
werden. Letztere ist auch mit 50 Prozent am Festival in Austin beteiligt. | |
Die Clubcommission, der Interessenverband der Berliner Clubszene, | |
kritisiert diese Pläne in einem Brief an die Senatsverwaltung für | |
Wirtschaft scharf. „Akteure, die seit Jahrzehnten die Kleinteiligkeit, | |
Diversität und Nischenkultur der Stadt berücksichtigt haben, wurden nicht | |
in die Planungen einbezogen“, heißt es in dem Schreiben vom Montag, das | |
der taz vorliegt. „Stattdessen setzt der Senat auf eine Konstellation von | |
Großkonzernen, die weder die Authentizität noch die Erfahrung auf dem | |
Berliner Markt haben“, so der Vorstand des Verbands weiter. | |
Grundsätzlich sei gegen ein solches Festival nichts einzuwenden, doch nun | |
ließe sich der Wirtschaftssenator „von Großunternehmen Sand in die Augen | |
streuen“. Die Penske Media Group sei nicht in der Lage, ein solches | |
Festival in Berlin zu stemmen, fungiere sie doch lediglich als Investor in | |
Austin, nicht aber als Veranstalter. Anfang September hatte der Senat das | |
neue Festival in einem Papier angekündigt, öffentlich bekannt wurde dies | |
erst Mitte Oktober durch einen Artikel im Tagesspiegel. | |
## Skepsis der Clubcommission | |
„Wir wollen mit diesem Brief unsere Enttäuschung und Skepsis gegenüber | |
diesen Plänen zum Ausdruck bringen“, sagt Lutz Leichsenring, Sprecher der | |
Clubcommission, zur taz. Bei der Planung sei die Clubcommission – anders | |
als im Tagesspiegel-Artikel angedeutet – nicht involviert gewesen. „Die | |
Idee an sich lehnen wir nicht ab. Doch bei der Konzeption sind eklatante | |
Fehler gemacht worden“, erklärt Leichsenring. Bliebe es bei der jetzigen | |
Veranstalter-Konstellation, würden sich die Berliner Clubs nicht am | |
Festival beteiligen. Die Clubcommission sei aber weiterhin gesprächsbereit, | |
wenn es um eine Neukonzeption gehe. | |
Inhaltlich scheint sich das neue Format tatsächlich eng am SXSW Austin | |
orientieren zu wollen. Das Festival soll die Bereiche Musik, Medien, | |
Technologie und Start-ups zusammenbringen, geplant sind unter anderem 170 | |
Konzerte und Clubevents, die vom 23. bis 26. August 2023 stattfinden | |
sollen. Das Vorbild aus Texas ist dabei vor der Pandemie stetig gewachsen, | |
2019 kamen über 400.000 Besucher:innen an zehn Festivaltagen. Es hat | |
sich vom Musik- und Kulturevent immer mehr zu einem Technologie- und | |
Unterhaltungsspektakel entwickelt. Derzeit ist das SXSW dabei, Ableger zu | |
bilden – auch in Australien soll es kommendes Jahr eine Ausgabe geben. | |
## „Internationale Strahlkraft“ | |
Der Senat verspricht sich „internationale Strahlkraft“ von dem als | |
„Leuchtturmveranstaltung“ gelabelten Event, 25.000 Fachbesucherinnen und | |
Fachbesucher sollen kommen. Gerüchteweise soll neben Axel Springer und | |
Penske noch Eventim für das Festival als Partner ins Boot geholt werden. An | |
den Planungen beteiligt ist auch Michael Hapka, bis 2020 Geschäftsführer | |
der [2][Mercedes-Benz Arena]. | |
All diese Akteure lassen erahnen, was für ein Event da in der Mache ist. | |
Mit Club- und Subkultur dürfte es rein gar nichts zu tun haben – in einer | |
Stadt, die wie wenige andere weltweit genau dafür steht. Die Förderung des | |
Senats ist auf vier Jahre angelegt, auf diesen Zeitraum gerechnet käme man | |
auf 14 Millionen Euro Unterstützung. Über diese Gelder freuen dürfen sich | |
ein Konzern, der nach eigenen Angeben 2022 rund vier Milliarden Euro Umsatz | |
machen wird (Axel Springer Media Group) sowie ein weiteres Großunternehmen | |
mit Umsätzen im mehrstelligen Millionenbereich (Penske). | |
Lutz Leichsenring findet die Beteiligung der Unternehmen generell nicht | |
problematisch, doch „das Interesse der Konzerne ist nur gegeben, solange | |
Geld verdient wird. Ein nachhaltiges Konzept sehe ich nicht.“ Vielleicht | |
zeigt der Fall SXSW Berlin auch einmal mehr, wie unterschiedlich die | |
Senatsressorts Wirtschaft und Kultur den Begriff Kultur auslegen. Ersteres | |
ist unter anderem für die Förderung der Kreativwirtschaft zuständig – | |
bezogen auf das neue Berliner Festival dürfte da die Betonung aber ganz | |
eindeutig auf „Wirtschaft“ liegen. | |
10 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sxsw.com/ | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Mercedes-Benz_Arena_(Berlin) | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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