# taz.de -- Deutsch-französisches Verhältnis: Es knirscht | |
> Die politische Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland steckt in | |
> einer Krise. Es muss darum gehen, inhaltliche Unterschiede offen | |
> auszusprechen. | |
Bild: Nach außen hin nicht abgekühlt: Emmanuel Macron und Olaf Scholz am 20. … | |
Abkühlung, Verstimmung, Entfremdung, schreiben Medien zum | |
deutsch-französischen Verhältnis, das anscheinend wie ein in die Jahre | |
gekommenes Paar in eine Beziehungskrise schlittert. Ist das so schlimm? War | |
die Herzlichkeit vielleicht nicht doch bloß viel Routine und der Eindruck | |
eines beschönigenden Rückblicks auf die Versöhnung und eine längst | |
traditionell gewordene Freundschaft? Jetzt wurde auch noch die lange | |
geplante deutsch-französische Kabinettssitzung auf Januar verschoben, | |
offenbar wegen Unstimmigkeiten in der gemeinsamen Energie- und | |
Rüstungspolitik. | |
Immer hielt man sich an das historische Bild der Paarbeziehung: Adenauer | |
und De Gaulle, Kohl und Mitterrand, [1][Merkel und Macron]. Die | |
deutsch-französische Zusammenarbeit, die in vielen Bereichen wie | |
Städtepartnerschaften und Jugendaustausch sehr konkret funktioniert, ist so | |
zum Klischee geworden. | |
Denn gerade in einer von Krieg, Energiekrise und Klimakatastrophen | |
heimgesuchten Gegenwart wäre es sinnvoll, über die gemeinsame Werte, Ziele, | |
aber auch unterschiedliche Interessen offen zu diskutieren, [2][ohne sich | |
in eine vermeintliche Idylle hinwegzutrösten], die dann dem realpolitischen | |
Alltag bei der erstbesten Belastungsprobe – wie zum Beispiel einer banalen | |
Beschaffung von Rüstungsgütern oder der Regulierung des Energiemarktes – | |
nicht Stand hält. | |
Seien wir ehrlich, die Meinungsunterschiede wurden seit längerem | |
diplomatisch unter den Tisch gewischt. Es gab sie aber schon zur Zeit von | |
Angela Merkel, die unter anderem sehr wohl wusste, wie sehr es Macron | |
wurmte, dass seine hochfliegende Vision für Europa in Berlin wie andere | |
Initiativen nur lauwarm begrüßt wurde. | |
## Vorgegaukelte Eintracht | |
Dem Publikum der EU-Bürger*innen wurde aber weiter vorgegaukelt, dass | |
nichts diese einträchtige Nachbarschaft trüben könnte. Macron wiederum nahm | |
bei seinen außenpolitischen Sololäufen oder bei seiner Ankündigung | |
gigantischer Atomenergiepläne, die eine definitive Absage an den in | |
Deutschland programmierten Ausstieg waren, keinerlei Rücksicht auf deutsche | |
Empfindlichkeiten. | |
Es knirscht an diversen Reibungsflächen. Diese müssen benannt und | |
besprochen werden, damit in diesem in der EU einzigartigen Duo die | |
Abstimmung auf wirklich gemeinsame Aktionen besser funktioniert. Ohne eine | |
glaubwürdige Basis der Zusammenarbeit von Paris und Berlin drohen die | |
zentrifugalen Tendenzen in der EU unter der Belastung des Kriegs und der | |
Energiekrise weiter zu verschärfen. Ein Auseinanderdriften ist nicht | |
akzeptabel. | |
Was es jetzt braucht, sind keine Sonntagsreden im Stil der Erklärung von | |
Macron, der jüngst erklärte: „Mein Wunsch ist es, die Einheit Europas und | |
die Allianz zwischen Deutschland und Frankreich zu bewahren.“ Das | |
deutsch-französische Paar kommt im Interesse der ganzen EU nicht darum | |
herum, die Divergenzen beim Namen zu nennen und auf der Grundlage der | |
echten Gemeinsamkeiten die Partnerschaft neu zu erfinden. | |
20 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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