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# taz.de -- Umverteilungs-Guerilla im Villenviertel: „Bares sonst gibt's Saur…
> An Halloween erschrecken Aktivist:innen Reiche im Villenviertel
> Grunewald. Damit klagen sie die ungerechte Verteilung von Vermögen an.
Bild: Haben Sie schon einmal über Umverteilung nachgedacht?
Berlin taz | Dingdong – die Aktivist:innen von „Wer hat, der gibt“
klingeln erst einmal am vergoldeten Klingelknopf einer Grunewalder Villa,
dann immer wieder. „Wir wollen euer Geld!“, ruft eine Aktivistin mit
gruseliger Stimme, die sich als Gespenst der Umverteilung verkleidet hat.
„Heute ist Zahltag!“, ruft ein anderes Gespenst. Durch die Sprechanlage
entschuldigt sich eine Frau, es sei zu spät, sie könne nicht mehr
aufmachen. Als das dritte Gespenst sich erkundigt, wie sie es mit der
sozialen Revolution halte, knackst die Leitung und die Stimme verstummt.
In dieser Halloweennacht wird schnell klar: Über Umverteilung wollen im
Grunewald nur sehr wenige Menschen reden. Die Initiative „[1][Wer hat, der
gibt“] hatte die taz eingeladen, dabei zu sein, wie sie „Bares oder Saures�…
von den hier lebenden Reichen verlangt. „Wir wollen ihnen die Möglichkeit
geben, freiwillig etwas von ihrem Vermögen abzugeben, zehn Prozent etwa“,
sagt Pressesprecherin Janis Jansen.
Klappe das wider Erwarten nicht, müsse man Umverteilung [2][am 12. November
„von unten erkämpfen“]. Ein Mobi-Video für den dann stattfindenden
Sozialprotest zu drehen war der Anlass für die Spaßguerilla. Ziel sei es,
„mit dem Finger auf den grotesken Reichtum von Menschen zu zeigen, die sich
ansonsten in einer Parallelgesellschaft abschotten“, erklärt ein Aktivist
die Aktion.
Tatsächlich ist beeindruckend, wie defensiv viele Reiche auf die Aktion
reagieren. „Ich habe auch gerade meinen Job verloren“, sagt eine Frau
Mitleid heischend, während sie auf der herrschaftlichen Vortreppe ihrer
Villa steht. Ein Spaziergänger im Anzug versichert, privat „ganz viel
Gutes“ zu tun – eine Vermögensteuer lehnt er aber als „vollkommenen
Schwachsinn“ ab.
Reicht soziales Gepose nicht aus, um die Aktivist:innen abzuschütteln,
wird es schnell ruppig. Als die Gespenster eine ältere Frau nach einer
Vermögensabgabe fragen, verjagt ihr Mann sie mit einem Teleskopschlagstock
vom Grundstück. Woanders wird den Aktivist:innen entgegengeschleuert:
„Das ist der Vorteil von Menschen, die hier wohnen: Sie sind intelligent!“
Doch gerade, als alle Hoffnung auf ein solidarisches Zusammenleben
verschwunden scheint, tut sich ein Silberstreif auf. Eine ältere Frau nickt
lieb, als die Aktivist:innen sie nach Geld fragen. Sie geht in ihre
Villa zurück, holt Süßigkeiten – und einen 20-Euro-Schein. Völlig
überrumpelt vergessen die Aktivist:innen alle Klassengrenzen. „Sie sind
das warme Licht vom Grunewald“, sagt ein Gespenst. Das Geld will die
Initiative spenden.
1 Nov 2022
## LINKS
[1] /Linke-Initiativen-in-Berlin/!5886203
[2] /Linke-Sozialprotestbuendnisse-in-Berlin/!5880453
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Umverteilung
Sozialproteste
Wer hat der gibt
Reichtum
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