# taz.de -- Sanktionen des Westens: In Russland werden die Waren knapp | |
> Viele kleine und mittlere Unternehmen in Russland geraten in | |
> existenzielle Nöte. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen greifen nur | |
> teilweise. | |
Bild: Auch kleinere Cafés wie hier in Moskau geraten in Not | |
Die Preise steigen, man mietet kleinere Büroräume und plant nichts mehr für | |
das kommende halbe Jahr. Solche Maßnahmen müssen gerade praktisch alle | |
kleinen Unternehmen ergreifen, um sich über Wasser zu halten. Die russische | |
Wirtschaft befindet sich noch immer in einem Schockzustand, obwohl sie mit | |
aller Kraft versucht, sich an die neue Realität anzupassen. | |
Kleinere und mittlere Unternehmen sind schon während der Pandemie in | |
Turbulenzen geraten, doch [1][jetzt kommt es zu einem echten Einbruch]. | |
Durch Sanktionen und Warenknappheit sind die Beschaffungskosten um 20 bis | |
80 Prozent gestiegen. | |
Die Nachfrage ist hingegen gesunken, und folglich wird auch weniger | |
produziert. Die Verbraucher warten ab und sparen. Werbeagenturen, Cafés und | |
Restaurants, Kosmetiksalons – alles, was nicht für den täglichen Bedarf | |
benötigt wird, ist aktuell von dieser Situation betroffen. Betriebe, die | |
bis zum März noch staatliche Verträge mit festen Preisen hatten, leiden | |
besonders stark. Schon wenige Monate [2][nach Inkrafttreten der Sanktionen] | |
haben Geschäftsleute kolossale Einbußen zu beklagen. | |
Der Staat hat Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft ergriffen, viele | |
davon schon während der Coronapandemie. In der Praxis haben sich aber nicht | |
alle als effektiv erwiesen. Zum Beispiel die zinsgünstigen | |
Darlehensprogramme für kleine Unternehmen. Der Leitzins der Russischen | |
Zentralbank ist im März auf 20 Prozent gestiegen. Damals haben die Banken | |
aufgehört, überhaupt noch Kredite zu vergeben. Sie konnten nur noch schwer | |
beurteilen, ob die Kreditnehmer zahlungsfähig bleiben würden. | |
Als der Leitzins sank, begannen die Unternehmen, die Gehälter, Mieten und | |
Steuern nicht mehr bezahlen konnten, zinsgünstige Darlehen zu beantragen. | |
Gleichzeitig aber stiegen bei vielen von ihnen die Einnahmen nicht, sondern | |
sind im Gegenteil gesunken. Deshalb verwendeten die Unternehmen das Geld | |
nicht für Investitionen, sondern um ihre Schulden zu bezahlen. | |
Eine andere Unterstützungsmaßnahme ist die Ratenpause für Unternehmer. Um | |
aber einen Zahlungsaufschub zu erhalten, muss ein Unternehmen dem Gläubiger | |
zunächst nachweisen, dass es überhaupt von der Krise betroffen ist. Aber | |
selbst wenn die Bank dann zu seinen Gunsten entscheidet, riskiert das | |
Unternehmen, auf die „schwarze Liste“ gesetzt zu werden. Die Logik der Bank | |
sieht es so: Wer die Krise nicht aus eigener Kraft übersteht, ist | |
automatisch ein zukünftiger Risikokunde. | |
Das Schicksal vieler kleiner und mittlerer Unternehmen hängt jetzt zu einem | |
Großteil davon ab, [3][wann die westlichen Sanktionspakete gegen Russland | |
wieder aufgehoben] und die internationale Logistik wieder hergestellt | |
werden. Viele Unternehmer richten jetzt Handelswege über Kasachstan und | |
China ein, aber das ist teurer und nimmt mehr Zeit in Anspruch, die die | |
Unternehmer nicht haben. Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Welt zu einer | |
Einigung kommt. | |
Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey] | |
Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung]. | |
Einen Sammelband mit den Tagebüchern hat der [6][Verlag edition.fotoTAPETA] | |
im September herausgegeben. | |
19 Oct 2022 | |
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[1] /Energie-Embargo-gegen-Russland/!5862007 | |
[2] /Neue-Sanktionen-gegen-Russland/!5883297 | |
[3] /Neue-EU-Sanktionen-gegen-Russland/!5882482 | |
[4] /Gaby-Coldewey/!a23976/ | |
[5] https://shop.taz.de/product_info.php?products_id=245248 | |
[6] https://www.edition-fototapeta.eu/ | |
## AUTOREN | |
Olga Lizunkova | |
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