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# taz.de -- Konflikte im internationalen Skisport: Planen gegen die Natur
> Beim Weltcup-Auftakt in Sölden gibt es Kritik am Internationalen
> Skiverband. Es geht um den Rennkalender in Zeiten des Klimawandels – und
> TV-Rechte.
Bild: Vorstellung seiner Extraklasse: Marco Odermatt gewann das erste Saisonren…
Das letzte Wort hatte dann doch der Sport, die Skirennläufer, die oben auf
dem Gletscher von Sölden die großen Themen der Tage zuvor ein wenig
verdrängten. Der Sieg des Gesamtweltcupgewinners des vergangenen Jahres,
Marco Odermatt aus der Schweiz, beim ersten Riesenslalom der Saison zum
Beispiel. Oder der aus deutscher Sicht beachtliche achte Platz von
Alexander Schmid. Der Allgäuer hat zwar schon bessere Resultate abgeliefert
in dieser Disziplin, aber in Sölden hatte er bisher immer seine liebe Mühe
gehabt. Nun ist er bereits für die Weltmeisterschaften im Februar in
Courchevel/Meribel qualifiziert. „Ich bin schon ein bisschen erleichtert“,
gibt der 28-Jährige zu.
Und da wäre die mit Spannung erwartete Premiere von „Van Deer“, die von
Marcel Hirscher kreierten Skier. Der Norweger Henrik Kristoffersen schaffte
damit auf Anhieb den dritten Platz. „Mit dem neuen Material ist das jetzt
eine komplett andere Welt als früher. Das ist ein anderer Planet“, sagte
er.
Dass der Riesenslalom der Männer stattfinden konnte, gab dem Weltcup ein
Stück Normalität zurück, die in den Tagen zuvor verloren gegangen war. Es
war vor allem um den Sinn von Gletscherrennen im Oktober [1][in Zeiten des
Klimawandels] gegangen, um Wettbewerbe, die nicht stattfinden können und
einen Konflikt, der nun offenbar nicht mehr nur zwischen dem
Internationalen Skiverband Fis und einiger seiner Nationalverbände
ausgetragenen wird, sondern auch intern. Das alles wirft kein gutes Bild
auf die Sportart.
Zuerst hatten die Regen- und Schneefälle in der Nacht die Austragung des
Frauen-Riesenslaloms am Samstag verhindert, ein paar Stunden später mussten
die beiden für das kommende Wochenende geplanten Männer-Abfahrten in
Zermatt/Cervina wegen zu wenig Schnee abgesagt werden. Und ob die
Frauen-Rennen dort Anfang November stattfinden, soll heute entschieden
werden. Die Chancen stehen nicht gut.
## Schneedepots in Sölden
Fis-Renndirektor Markus Waldner positionierte sich eindeutig. „Die Natur
hat die Maschine gestoppt“, sagte der Südtiroler. „Aber das war nicht nur
Pech, sondern es wurden Fehler im Programm gemacht.“ Zur Ansetzung einer
Abfahrt Ende Oktober meinte er. „Wir müssen die Natur respektieren.“ In
Sölden werden seit Jahren [2][Schneedepots angelegt], um für einen zu
warmen Herbst gerüstet zu sein. Das hat bisher stets geklappt, aber der
Aufwand, eine Riesenslalom-Piste zu präparieren, ist im Vergleich zu den
Schneemengen, die es für eine viel längere Abfahrt mit größeren Sturzräumen
braucht, fast übersichtlich.
Waldners Kritik an der Terminplanung haben die meisten Trainer und Athleten
geteilt, Fis-Präsident Johan Eliasch dagegen nicht. Denn die neue Abfahrt
am Matterhorn, die erste auf einem Gletscher und die erste
länderübergreifende im Weltcup, ist sein Prestigeprojekt. Der Renndirektor
stellte sich also gegen seinen Chef, der noch einen Tag zuvor die Abfahrt
und den frühen Termin verteidigt hatte. Man müsse „die Lücke im Kalender“
zwischen dem Auftakt in Sölden und den auch erst im vergangenen Jahr ins
Programm genommenen Parallelrennen in Lech Mitte November schließen, hatte
Eliasch betont.
[3][Wolfgang Maier, Alpinchef des Deutschen Skiverbandes], findet es auch
nicht gut, wenn zwischen dem Auftakt und den nächsten Rennen ein paar
Wochen liegen. Aber deshalb noch mehr Rennen und Reisen? Nein, man solle
sich auf die Kernmonate November bis März beschränken, sagt er, das
Programm eher entschlacken, und lieber „die einzelnen Events aufmöbeln,
alle auf einen hohen Standard wie Kitzbühel, Schladming, Adelboden oder
Wengen bringen“.. Eine Idee, von der Eliasch offenbar wenig hält.
Die Kommunikation mit dem Fis-Präsidenten ist schwierig, ist zu hören.
Nicht nur aus den Reihen jener Verbände, die gerade im Clinch liegen mit
Eliasch. Deutschland, Österreich, die Schweiz und Kroatien haben geklagt,
weil sie die Wiederwahl des Präsidenten im Sommer für nicht rechtens
halten. Die Anhörung vor dem CAS ist für 5. Dezember angesetzt. Ein anderer
Dauerkonflikt ist die Vermarktung der Fernsehrechte. Eliasch will sie
zentralisieren, damit können sich die meisten Verbände arrangieren, aber
nicht damit, dass dies sofort geschehen soll. Denn es gibt noch laufende
Verträge, die es zu erfüllen gilt. Die Zeiten im Weltcup bleiben unruhig.
24 Oct 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Elisabeth Schlammerl
## TAGS
Sölden
Schwerpunkt Klimawandel
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Kolumne Press-Schlag
Kolumne Press-Schlag
Schwerpunkt Boykott Katar
Olympische Winterspiele 2022
Die Wahrheit
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