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# taz.de -- Atomkompromiss der Ampelkoalition: Emsland bringt wenig Strom
> Schon ab Mitte November wird die Leistung des Reaktors stetig sinken. Da
> hilft auch kein Machtwort des Kanzlers.
Bild: Soll noch bis Mitte April 2023 am Netz bleiben dürfen: das Atomkraftwerk…
Nun soll also auch der dritte der aktuell noch laufenden deutschen
Reaktoren, das Atomkraftwerk Emsland, bis Mitte April 2023 am Netz bleiben
dürfen. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem am Montagabend
bekanntgewordenen Brief an die Minister Robert Habeck (Wirtschaft, Grüne),
Christian Lindner (Finanzen, FDP) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne)
bestimmt. Er beruft sich damit explizit auf seine in der Geschäftsordnung
der Bundesregierung fixierte [1][Richtlinienkompetenz]. Die Ministerien
sollen dem Bundestag nun einen entsprechenden Gesetzentwurf zur
Entscheidung vorlegen.
Allerdings wird der Effekt dieser Laufzeitverlängerung wahrscheinlich
gering sein. Bereits im Juli hatte ein Branchenmedium die Betreiberfirma
RWE mit Aussagen zitiert, wonach der „Auslaufbetrieb zum Ende des Jahres
ausgerichtet“ und damit auch der „Brennstoffeinsatz auf dieses Datum hin
optimiert“ sei. Viel Spielraum für zusätzliche Erzeugung bleibt also trotz
des Kanzlermachtworts nicht.
Vom Konzern RWE waren konkrete Zahlen bis Redaktionsschluss nicht zu
bekommen. Aber die Transparenzplattform der Strombörse EEX, auf der
Betreiber ihre absehbar nicht verfügbaren Kapazitäten melden müssen, zeigt,
was bisher der Plan war. RWE hatte dort im September bereits kundgetan,
dass ab Mitte November im Reaktor Emsland die Erzeugung kontinuierlich
zurückgehen wird – es ist der Beginn des Streckbetriebs. Weil während
dieser Endphase der Brennelemente ein Neustart nicht mehr praktikabel ist,
heißt das aber auch: Das Kraftwerk Emsland wird nicht als Reserve
fungieren, sondern nach Silvester nahtlos weiterlaufen.
Mit dem Beginn des Streckbetriebs sinkt die Kraftwerksleistung täglich um
etwa sieben Megawatt, so dass zum Jahreswechsel von einst 1.400 Megawatt
nur noch 1.100 übrig sind. Im Januar setzt sich der Rückgang fort, denn der
Reaktorblock büßt weiterhin täglich etwa 0,5 Prozent seiner ursprünglichen
Leistung ein. Ein Streckbetrieb sei „für mindestens 80 Tage realisierbar“
heißt es bei der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit.
## Kritik von Greenpeace
Zwar seien auch mehr als 90 Tage bei den Druckwasserreaktoren theoretisch
möglich, ist in der Branche zu erfahren, praktiziert wurde ein so langer
Streckbetrieb aber nie. Sofern der Reaktor Emsland nicht zwischenzeitlich
seine Leistung drosselt, dürfte er daher im Februar mit seinen
Brennelementen am Ende sein.
Allzu viel an zusätzlichem Strom kommt bei dem ganzen Manöver ohnehin nicht
mehr zusammen. Die Laufzeitverlängerung für das Kraftwerk Emsland wird
aufgrund der schon weit abgebrannten Brennelemente im besten Fall etwa eine
Milliarde Kilowattstunden zusätzlich bringen. Die jährliche
Gesamtstromerzeugung in Deutschland liegt bei rund 600 Milliarden.
Scharfe Kritik an der Entscheidung kam von Umweltverbänden: Von einem
„nicht zu verantwortenden Risiko“ durch längere AKW-Laufzeiten sprach
Greenpeace, die Deutsche Umwelthilfe nannte den Weiterbetrieb „unnötig und
gefährlich“.
18 Oct 2022
## LINKS
[1] /Streit-ueber-AKW-Weiterbetrieb/!5889230
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Atomkraftwerk
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