# taz.de -- Spaniens Grenze zu Marokko: Rund 470 Pushbacks an einem Tag | |
> Die Grenzpolizei hat im Juni Flüchtlinge zurück nach Marokko gedrängt. | |
> Laut einer Untersuchung missachtete sie dabei oft internationales Recht. | |
Bild: Am 24. Juni versuchten etwa 1.700 Menschen über die Grenze von Marokko n… | |
MADRID taz | Ángel Gabilondo, spanischer Ombudsmann für Bürgerrechte, macht | |
dem Innenministerium in Madrid schwerwiegende Vorwürfe: Beim Ansturm von | |
etwa 1.700 Flüchtlingen am 24. Juni auf den Grenzzaun, der Marokko von der | |
spanischen Stadt [1][Melilla] in Nordafrika trennt, seien mindestens 470 | |
Flüchtlinge umgehend abgeschoben worden. | |
Die Grenzschützer der spanischen paramilitärischen Polizeitruppe Guardia | |
Civil haben sie gewaltsam durch Türen im Grenzzaun nach Marokko verbracht. | |
Dort landeten sie erneut in den Händen der marokkanischen Gendarmerie. | |
Auch die ging nicht sanft mit den Betroffenen um. [2][Mindestens 23 | |
Flüchtlinge starben]. Menschenrechtsorganisationen berichten von knapp 40. | |
Hunderte sollen verletzt worden sein, mindestens 13 von ihnen schwer. | |
Die von Gabilondo vorgelegte Zahl von 470 „Pushbacks“, ist viel höher als | |
die nach der Tragödie offiziell anerkannten 101 Zurückweisungen an der | |
Grenze. Die Sofortabschiebungen geschahen „ohne sowohl nationale als auch | |
internationale Rechtsvorschriften zu berücksichtigen“, beschwert er sich in | |
seinem vorläufigen Bericht zu der Untersuchung der Vorfälle. | |
## Linker Regierungschef lobt die Grenzpolizei | |
Gabilondo erinnerte daran, dass „das Verfassungsgericht festgestellt hat, | |
dass bei Ablehnung an der Grenze der Antrag auf individualisierte Einreise, | |
die vollständige gerichtliche Kontrolle und die Einhaltung internationaler | |
Verpflichtungen berücksichtigen werden müssen“. Dazu gehört [3][das Recht, | |
Asyl zu beantragen]. Und Abschiebungen müssen unter richterlicher Kontrolle | |
stattfinden. | |
Nur wenige Stunden nach der brutal zurückgeschlagenen Flucht, bei der | |
[4][133 Menschen nach Melilla gelangten], machte ein Video in der Presse | |
und auf sozialen Netzwerken die Runde, das Dutzende Menschen zeigt, die | |
regungslos am Boden liegen, umstellt von marokkanischen Grenzbeamten. | |
Manche erschöpft, mit deutlichen Verletzungen, andere vermutlich sogar tot. | |
Hilfe gab es lange weder von marokkanischer noch von spanischer Seite. Die | |
Aufnahmen verbreitete die marokkanische Menschenrechtsorganisation AMDH. | |
Trotzdem lobte der Chef der spanischen Linksregierung Pedro Sánchez die | |
spanischen Grenzschützer für die „außerordentliche Arbeit“, um „einen | |
gewaltsamen Angriff auf die Integrität unseres Landes, der von der | |
Menschenhändlermafia organisiert wurde“, abzuwehren. | |
Die marokkanische Gendarmerie habe mit Spanien kooperiert, um den | |
„gewaltsamem Überfall zurückzudrängen“. Bis jetzt gibt es keine | |
selbstkritischen Erklärungen aus Madrid. „Alle Zurückweisungen an der | |
Grenze, die am 24. Juni zwischen Melilla und Nador stattfanden, wurden | |
innerhalb strengster Legalität durchgeführt“, heißt es auf Nachfrage der | |
spanischen Presse aus dem Innenministerium. | |
Die spanische Staatsanwaltschaft ermittelt und forderte von der Guardia | |
Civil Unterlagen an. In Marokko gab es bereits erste Urteile wegen der | |
Vorfälle am Grenzzaun – allerdings nicht gegen Grenzbeamte, sondern gegen | |
insgesamt 48 Flüchtlinge aus dem Sudan und dem Tschad. | |
15 wurden am Donnerstag in Nador zu zwei bis drei Jahren Haft verurteilt. | |
Sie sollen die illegale Ein- und Ausreise „regelmäßig organisiert“ haben. | |
Das erfülle den Tatbestand des „Menschenhandels“. Zudem sollen sie einen | |
Beamten entführt und einen Waldbrand gelegt haben. | |
16 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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