| # taz.de -- Strafvollzug in Berlin: Die Justizsenatorin ist schon da | |
| > Seit zehn Monaten ist Lena Kreck (Linkspartei) in Berlin Justizsenatorin. | |
| > Von ihren Amtsvorgängern unterscheidet sie sich in vielen Dingen. | |
| Bild: Lena Kreck (Linkspartei) kurz nach ihrem Amtsantritt Anfang 2022 | |
| Berlin taz | Die Linkspartei hat in ihrem Büro in Neukölln zu einer | |
| Veranstaltung geladen: „Haft – oder soll man es lassen“? Vor der Tür war… | |
| bereits Leute. Der Linke Abgeordnete Niklas Schrader ist schon von Weitem | |
| zu erkennen. Nicht so die Frau neben Schrader. Sie trägt eine dunkle | |
| Bomberjacke, Jeans und Turnschuhe. Es ist Lena Kreck (Linkspartei). Das | |
| erlebe sie ständig, lacht Kreck und zieht an ihrer Zigarette. Bei | |
| auswärtigen Termine heiße es oft, „wir warten noch auf die | |
| Justizsenatorin“, dabei sei sie längst da. | |
| [1][Seit zehn Monaten ist Kreck in Berlin Senatorin für Justiz, Vielfalt | |
| und Antidiskriminierung]. Nicht nur der Kleidungsstil, auch ihre forsche, | |
| fröhliche Art unterscheidet sie von allen Amtsvorgängern. Und da ist noch | |
| etwas: Seit die Linke das Justiz-Ressort übernommen hat, ist der Berliner | |
| Strafvollzug wieder in den öffentlichen Fokus gerückt. | |
| Die Veranstaltung am Mittwoch ist kein Wahlkampftermin. Sie war lange vor | |
| der Aussicht anberaumt, dass Berlin noch mal wählen muss. Mit auf dem | |
| Podium sitzen Anja Seick von der Freien Hilfe Berlin und Manuel Matzke von | |
| der bundesweiten Gefangenen-Gewerkschaft GG/BO. Auch das hat es noch nie | |
| gegeben, dass eine Justizsenatorin mit der GG/BO diskutiert, die im | |
| Grundsatz für die Abschaffung der Knäste eintritt. | |
| Für die Freie Hilfe kümmert sich Seick in den Gefängnissen um | |
| [2][sogenannte Ersatzfreiheitstrafler]: Leute, die beim Fahren ohne | |
| Fahrschein erwischt worden sind und die Strafe absitzen müssen, weil sie | |
| die Geldstrafe nicht bezahlen können. Oftmals sind das die Ärmsten der | |
| Armen. „Es kann nicht sein, dass wir diese Menschen einsperren“, sagt | |
| Seick. Seit Jahrzenten arbeite die Freie Hilfe an Alternativen. Mit Kreck | |
| habe die Debatte der Entkriminalisierung einen „Schub bekommen“. | |
| [3][Kreck sagt, sie wolle keine Ruhe geben, bis das Fahren ohne Fahrschein | |
| aus dem Strafgesetzbuch gestrichen ist]. 2023 sei das hoffentlich der Fall. | |
| Tun kann das nur der Bundesgesetzgeber. | |
| Aus dem Knast in die Obdachlosigkeit | |
| Er werde es wohl nicht mehr erleben, dass Knäste abgeschafft werden, sagt | |
| Manske. Zumindest sollten „Mauern des Schweigens“ fallen. Zu oft würden | |
| Menschen direkt aus dem Knast „in die Obdachlosigkeit entlassen“. | |
| Die Diskussion driftet vom Konkreten ins Grundsätzliche ab. Ein Zuschauer | |
| im Publikum beklagt, die Linkspartei sei visionslos geworden. Es gehe nur | |
| noch darum, die Knäste weniger schrecklich zu gestalten. | |
| Kreck antwortet ihm ehrlich. Es sei ein Drahtseilakt, Justizsenatorin zu | |
| sein. Für alles, was passiert, trage sie die politische Verantwortung. Sie | |
| bemühe sich, ihre Entscheidungen fachlich orientiert und mit Weitsicht zu | |
| treffen. Die Taktung ihrer Termine sei so eng, dass wenig Raum bleibe, um | |
| grundsätzlich über Fragen nachzudenken – „so wie hier heute Abend“. | |
| Soziale Probleme seien nicht mit Repression zu lösen – Kreck hatte das seit | |
| ihrem Amtsantritt immer wieder gesagt. „Ich brenne für dieses Thema“, sagt | |
| sie am Mittwoch. „Ich würde da gern noch ein paar Schritte machen.“ | |
| 13 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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