| # taz.de -- Vorschläge der Gaspreiskommission: Doppelt falsch | |
| > Der Vorschlag der Gaspreiskommission ist sozialpolitisch und | |
| > klimapolitisch aberwitzig: Er bevorzugt Großverbraucher. | |
| Bild: Keine Sparflamme weit und breit | |
| Man stelle sich zwei Geschwisterkinder vor. Das eine macht seine | |
| Hausaufgaben immer vorbildlich, das andere schludert. Fangen Eltern nun an, | |
| den Schlamper für jede gemachte Hausarbeit zu belohnen, während der | |
| Musterschüler leer ausgeht, provoziert das Geschwisterzoff. | |
| Genau in dieser Analogie stehen die [1][Vorschläge der Gaspreiskommission]. | |
| Wer immer schon vorbildlich Energie gespart hat, sei es durch | |
| Gebäudesanierung oder schlicht durch umsichtiges Heizen, soll vom Staat nun | |
| weniger bedacht werden als derjenige, der stets Energie verprasst hat. Was | |
| für ein [2][Affront gegenüber allen Sparsamen]. | |
| Nun ist die Idee, ein Grundkontingent an Gas oder Fernwärme zum staatlich | |
| gedeckelten Preis anzubieten und bei den darüber hinausgehenden Mengen den | |
| vollen Marktpreis wirken zu lassen, durchaus ein diskussionswürdiger | |
| Ansatz. Nur darf man die Grenze zwischen dem staatlich gedeckelten | |
| Sonderpreis und dem höheren Marktpreis für Privatkunden nicht auf Basis des | |
| bisherigen Verbrauchs ziehen. | |
| Denn damit bekäme der Villenbesitzer, der Unmengen Erdgas durch seine | |
| Heizung jagt, 80 Prozent dieser Energie subventioniert – was ihm weiterhin | |
| einen üppigen Lebensstil erlaubte, diesmal aber auf Kosten des | |
| Steuerzahlers. Ein Haushalt hingegen, der seit Jahren – sei es aus | |
| finanziellen oder ökologischen Gründen – sparsam heizt und daher kein | |
| Verbesserungspotenzial mehr hat, würde nur bescheiden bezuschusst. | |
| Absurd ist auch die erste Stufe des Konzepts, die pauschale Übernahme eines | |
| ganzen Monatsabschlags durch den Staat. Auch da bekommt derjenige, der | |
| energetisch auf großem Fuß lebt, die höhere Subvention. Folglich ist das, | |
| was die Gaspreiskommission ersonnen hat, gleich doppelt falsch. Zum einen | |
| sozialpolitisch, weil Bewohner großer Wohnflächen vom Staat besser bedient | |
| werden als diejenigen, die weniger üppig residieren. Zum anderen | |
| widerspricht es in Zeiten, in denen man aus geo- wie aus klimapolitischen | |
| Gründen Gas sparen will und muss, jeglicher Vernunft, den [3][Anreiz zum | |
| Energiesparen] so zu hintertreiben. | |
| Sinnvoller wäre, der Staat würde in der ersten Stufe den Haushalten einen | |
| einheitlichen Fixbetrag erstatten, unabhängig vom individuellen Verbrauch. | |
| Und in der zweiten Stufe für 2023 würde pro Haushalt ein ebenfalls | |
| einheitlicher Sockel an Kilowattstunden staatlich subventioniert. | |
| Wird hingegen das Modell der Kommission Realität, dann sollte man sich das | |
| mal auf der Zunge zergehen lassen: Die SPD trüge ein sozialpolitisch | |
| aberwitziges Konzept mit. Und die Grünen eines, das klimapolitisch abwegig | |
| ist. | |
| 10 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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