| # taz.de -- Nachhaltigkeit beim Bauen: Angst vor den Betonmonstern | |
| > Abriss und Neubau verbraucht mehr Energie als Umbau. Trotzdem wird die | |
| > Betonarchitektur der 1970er Jahre oft abgerissen. | |
| Bild: Sie ist doch eigentlich nett, vor allem ihr Name: Die „Laubfroschoper�… | |
| Nach der leichten Architektur der 1950er kam die schwere der 1970er. Doch | |
| ihre Betonbauten, zumeist öffentliche wie Rathäuser oder Stadthallen, | |
| behagen nicht jedem. In der Bundesrepublik nimmt der Abriss solcher Gebäude | |
| unvermindert zu, obwohl viele unter Denkmalschutz stehen und ihre | |
| Schleifung ökologisch eine Untat ist. Erst kürzlich forderte eine breit | |
| unterstützte Initiative von Bauministerin Klara Geywitz ein | |
| Abrissmoratorium für Bestandsbauten. | |
| Offenbar machen sich Bürgermeister und Stadträte aber keine Gedanken über | |
| die ökologischen Folgelasten von Abriss und Neubau. So war es im | |
| westfälischen Ahlen, wo der Stadtrat letztes Jahr das Ende des Rathauses | |
| von Brigitte und Christoph Parade aus den 1970er Jahren zugunsten eines | |
| kostspieligen Neubaus beschloss. Und auch in Mettmann bei Düsseldorf hat | |
| der Stadtrat das Totenglöcklein für eine denkmalgeschützte Stadthalle | |
| geläutet. Er folgt damit bereitwillig dem Willen der Stadtverwaltung. Sie | |
| will die von Wolfgang Rathke entworfene, wegen ihrer Farbgebung gern auch | |
| „Laubfroschoper“ genannte Mehrzweckhalle mit einst Restaurant, | |
| Stadtbücherei oder Festsaal unbedingt loswerden. | |
| Der Fall ist typisch für viele Städte. Dabei verlangt nicht nur der | |
| Koalitionsvertrag der Bundesregierung und der Green Deal der EU-Kommission | |
| eine „Kreislaufwirtschaft im Gebäudebereich“. [1][„Gegen die Wegwerfkult… | |
| im Bauen“ fordern auch unisono – in Frankfurt] und Basel – das Deutsche u… | |
| Schweizer Architekturmuseum. | |
| Im bergischen Mettmann werden nun Stimmen gegen den leichtfertigen Abriss | |
| der Stadthalle von 1980 laut. Prominente Architekten wie Christoph | |
| Ingenhoven und [2][Werner Sobek] führen an, dass gegenüber dem | |
| investorengetriebenen Abriss- und Neubauwahn allein eine Kultur des | |
| Pflegens und Reparierens hilft. Doch die Stadtverwaltung folgt lieber dem | |
| Gutachten einer Karlsruher Beratungsgesellschaft, das einseitig auf | |
| Immobilieninvestoren setzt. | |
| ## Investoren mischen mit | |
| Den Abwehrreflex von Verwaltung und Stadtrat in Mettmann sieht man auch in | |
| anderen Kommunen, wenn es um die „lästigen“ Betonarchitekturen aus den | |
| 1970er und 1980er Jahren geht. Denkmalschutz gilt gemeinhin als störend. | |
| Mit Verweis auf klamme Stadtkassen überträgt man gerne privaten Investoren | |
| das Recht, die Stadt nach ihrem Bild zu formen, als hätte eine glatte | |
| Investorenarchitektur nicht bis heute schon ganze Stadtlandschaften | |
| verschandelt. | |
| Dabei wird zumeist übersehen, dass selbst ein klimaneutraler Neubau wenig | |
| Sinn ergibt, wenn Abriss und Neubau klimaschädliche Treibhausgase erzeugen. | |
| Und viele Mandatsträger, die sich in der Hoffnung wiegen, der Bauschutt | |
| werde recycelt, blenden aus, dass nur 7 Prozent davon im Neubau | |
| wiederverwendet werden. Desinteresse und mangelnder Sachverstand sind | |
| notorisch. | |
| Vorbilder für eine Umnutzung auch schwieriger Altbauten gibt es. Die | |
| „Kohlenwäsche“ der Zeche Zollverein wurde von [3][Rem Koolhaas’ Büro OMA | |
| zum Museum], das Getreidesilo in Düsseldorf von ingenhoven associates zu | |
| einem Loftbau umgewandelt. Die Sperrigkeit ihrer Architektur ist bei diesen | |
| kein ästhetisches Hindernis, sondern Bestandteil eines diversen Stadtbilds. | |
| Mit intelligenter Umnutzung der ungeliebten Betonarchitektur würden sich in | |
| Mettmann und anderswo ungeahnte Raumpotenziale erschließen. Dafür ließe | |
| sich auch jenseits prominenter Namen wie Ingenhoven und Koolhaas der große | |
| Pool junger Architekten anzapfen, die gerade zu Experten im Umbau von | |
| Bestandsarchitektur ausgebildet werden. Möglich wäre dann ein wirklich | |
| nachhaltiges Bauen. Stattdessen werden Ressourcen und kreative | |
| architektonische Fantasie vergeudet. | |
| 7 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Englert | |
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