# taz.de -- AfE-Turm vor 10 Jahren gesprengt: Nach dem Peng ein Hundesalon | |
> Das Architekturmuseum Frankfurt am Main erinnert an die Sprengung eines | |
> brutalistischen Betonturms der Goethe-Universität. Die deutete schon viel | |
> an. | |
Bild: Kurz vor der Sprengung 2014: der entkernte AfE-Turm auf dem Uni-Gebäude … | |
Tausende Menschen schauten am 2. Februar 2014 zu, als der AfE-Turm in | |
Frankfurt am Main gesprengt wurde und sein gitternes Betonkleid in grauen | |
Schutt zerfiel. Das Marriott-Hotel bot damals sogar ein Spreng-Package an: | |
Eine Nacht in seinem Etablissement mit Blick auf das noch stehende | |
116-Meter-Hochhaus, das – 1973 als Ort für die Gesellschafts- und | |
Erziehungswissenschaften sowie Psychologie der Frankfurter Universität | |
eröffnet – die Architekten S. Werner und H. Nitschke im Stil der | |
brutalistischen Moderne auch als bauliches Symbol für die Fortführung der | |
Kritischen Theorie entworfen hatten. Dazu bot das Marriott noch ein | |
Frühstück, [1][Blick auf die Sprengung] und zum Abschied eine DVD des | |
Spektakels. | |
Zehn Jahre später steht an der Stelle des AfE-Turms ein gesichtsloser | |
Glasbau, entwickelt von privaten Immobilieninvestoren. Luxuswohnungen, ein | |
Hotel und ein Waschsalon für Hunde befinden sich nun darin. | |
Die Geschichte des AfE-Turms, man kann sie auch exemplarisch für eine | |
Stadtentwicklung in Frankfurt sehen: Bauten der Nachkriegsmoderne mit einst | |
nichtkommerzieller Nutzung in öffentlichem Besitz werden abgerissen und in | |
Privatbesitz mit Nutzungen für die oberen, wohlhabenden Prozent | |
umgewandelt. | |
## Barrikaden in der Vertikalen | |
Am Samstag organisierte das Deutsche Architekturmuseum (DAM) zusammen mit | |
den beiden Künstlern Kockel & Bamberger einen Gedenkabend zur zehnten | |
Jahrestag der Sprengung. Die Veranstaltung war proppenvoll, das Thema | |
beschäftigt. „Der AfE-Turm war kein Lernort, sondern ein Lebensort“, sagt | |
dann ein ehemaliger Student. Durch seine vertikale Struktur habe das | |
Hochhaus Räume der politischen Selbstorganisation geboten, [2][sei oft | |
Schauplatz für den Kampf um Mitbestimmung gewesen]. | |
„Wo gibt es heute noch solche Räume?“, fragt ein anderer ehemaliger Student | |
im Turm. Mit der Frage spielt er auf den Umzug der Universität vom Campus | |
Bockenheim zum Campus Westend an. Möglichkeiten der studentischen Aneignung | |
gibt es in Westend nämlich wenig, jedes Graffiti wird dort sofort entfernt. | |
Der AfE-Turm hätte nicht abgerissen werden müssen, er hatte viel Potenzial | |
für eine Umnutzung, sagt Oliver Elser, Kurator am DAM. Der Beschluss zum | |
Abriss lag in einer Zeit, in der sehr viel weniger über die ökologischen | |
Folgen debattiert wurde als heute. Dass viele Bauten auf dem Campus | |
Bockenheim noch nicht abgerissen wurden, liegt aber weniger am Verdienst | |
der Frankfurter Stadtpolitik, bemerkte die Architektin Micaela Lippert | |
Vieira einmal. | |
Die Stadtpolitik hat vielmehr im Dezember letzten Jahres entschieden, dass | |
[3][mit dem Abriss der Städtischen Bühnen] weitere bedeutende Bauten der | |
Moderne in Frankfurt einem anderen Verständnis von Architektur für die | |
Öffentlichkeit weichen sollen. | |
27 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Böttger | |
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