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# taz.de -- Reparationsforderungen von Polen: Baerbock gibt Warschau einen Korb
> Die polnische PiS-Regierung wollte erneut über Weltkriegsreparationen
> sprechen. Die Frage sei „abgeschlossen“, stellte die Außenministerin nun
> klar.
Bild: Klipp und klar: Für Außenministerin Baerbock ist das Thema Reparationsz…
Warschau taz | Angesichts einer drohenden Wahlniederlage im Herbst 2023
fordern Polens Nationalpopulisten erneut Kriegsreparationen von
Deutschland. Dieses Mal will die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit
(PiS) 1,3 Billionen Euro haben. Das wären mit 36.000 Euro pro Einwohner
rund 16.000 Euro mehr als noch zu Zeiten von Kanzlerin Angela Merkel, als
viele Polen voll Hoffnung auf einen Scheck in Höhe von 20.000 Euro
warteten.
Doch anders als bisher, als deutsche Politiker versuchten, das
Reparationsthema diplomatisch zu umschiffen, sagte Außenministerin Annalena
Baerbock am Dienstag in Warschau klipp und klar, dass das Thema „rechtlich
abgeschlossen“ sei.
Für Polens Außenminister Zbigniew Rau ist Baerbocks klare Absage eine
schwere Schlappe, hatte er doch am Tag zuvor eine „diplomatische Note“ mit
der offiziellen Forderung an Berlin nach „Aufnahme von sofortigen
Verhandlungen“ unterzeichnet.
Am 1. September, dem Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen 1939,
hatte der PiS-Abgeordnete Arkadiusz Mularczyk [1][den neuesten
Schadensbericht vorgestellt]. Erarbeitet hatte ihn eine
PiS-Parlamentariergruppe, Experten und Mitarbeiter der Stiftung Lux
Veritas, die zum rechtsklerikalen Medienimperium von Pater Tadeusz gehört.
## Baerbock macht einen Gegenvorschlag
Da sich sowohl PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński als auch Premier Mateusz
Morawiecki im Kampf um die Gunst der Wähler mehrfach öffentlich darüber
empörten, dass Polen „niemals“ Reparationen oder Entschädigungen aus
Deutschland erhalten hätte, kommen diese auch im Schadensbericht nicht vor.
Dabei hat das Polnische Institut für Internationale Politik bereits 2004
zwei Bände herausgegeben, in denen die Reparationsleistungen von 1945 bis
Ende 1953 penibel aufgeführt sind: Züge, Busse, Lokomotiven, Schienen,
Lkws, Straßenbahnen, Baumaterialien, Baumaschinen, Zahnarztstühle,
Mähdrescher, Traktoren sowie Produkte aus der laufenden Produktion.
Auf der [2][Konferenz von Jalta im Frühjahr 1945] legten die vier
Siegermächte USA, Frankreich, Sowjetunion und Großbritannien fest, dass der
Wert der Reparationen, die Deutschland nach der Kapitulation zu leisten
hatte, bei 20 Milliarden US-Dollar liegen sollte. Die Sowjetunion sollte
Reparationen im Wert von 10 Milliarden erhalten, davon Waren im Wert von
1,5 Milliarden US-Dollar an Polen abgeben.
Auf der Konferenz von Potsdam 1945 gestanden sich die Alliierten das „Recht
auf Entnahme von Reparationen“ in den jeweiligen Besatzungszonen
Deutschlands zu, die Beschränkung auf den Wert von 20 Milliarden US-Dollar
fiel weg. Zudem wurde Polen die „Verwaltung Ostdeutschlands“ bis zur
Oder-Neiße-Grenze übertragen und die Vertreibung der dort noch lebenden
Millionen Deutschen beschlossen.
Polen übernahm alle Immobilien, die Infrastruktur, die Bergwerke,
Stahlhütten und Fabriken, aber auch zurückgelassenes Haus- und
Wohnungsinventar von Millionen Menschen, ohne dass dies in den
Reparationsbericht eingegangen wäre.
Und Baerbock? Sie machte der [3][PiS-Regierung in Polen] einen Vorschlag:
Im Gedenken an die Vergangenheit, an die deutsche Okkupation und die
Nazi-Verbrechen in Polen sollten heute die Partnerländer Deutschland und
Polen versuchen, „gemeinsam Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen und
diese auch gemeinsam zu gestalten“, sagte sie am Dienstag in Warschau.
4 Oct 2022
## LINKS
[1] /Polen-fordert-Reparationen/!5875273
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[3] /PiS/!t5250554
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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Polen
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