# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Im Feedbackraum der Pilze | |
> Das Berliner Duo Spill assoziiert mit seinem Album „Mycelium“ das | |
> Wurzelsystem der Pilze und deren Verständigung mittels elektrischer | |
> Signale. | |
Bild: Bilden seit zwanzig jahren das Duo Duo Spill: Magda Mayas und Tony Buck | |
Der Soundtrack zur Pilzsaison beginnt dezent, vermutlich so, als würden die | |
Lamellen einer Spieluhr einmal kurz angetippt oder der Messton des | |
Testbilds sich im Raum verlieren. | |
Als gesichert kann gelten, dass Magda Mayas (Piano, Clavinet, Rhodes und | |
Orgel) und Tony Buck (Schlagzeug, Perkussion, Gitarre, Waterphone und | |
Monochord) vor zwanzig Jahren das in Berlin ansässige Duo Spill gegründet | |
haben. Zum runden Geburtstag gibt es jetzt ein neues Album. | |
Sein Titel „Mycelium“ assoziiert das Wurzelsystem der Pilze, ihren weithin | |
unbeachteten Teil, der enorme Ausmaße, beachtliche Masse und ein hohes | |
Alter erreichen kann. Es heißt, das Mycel diene der Verständigung mittels | |
elektrischer Signale. | |
Ein schönes Bild für die Improvisationsmusik von Mayas und Buck: Sie lassen | |
in ruhige Pianofiguren jähe Schlagzeugmomente einbrechen, sie verdichten | |
Klangblöcke, lockern wieder auf und arbeiten mit den Lücken, ohne sie | |
zuzukleistern. Es wird gemorst und getastet, aber auch geknurrt und | |
gefaucht. | |
Das erste Stück „Aerate“ bringt es mit 20 Minuten auf die übliche Länge … | |
Spill. Die B-Seite überrascht dann mit drei Stücken, die im Vergleich fast | |
schon Vignetten sind: das fünfminütige „Pure“ mit feingliedriger | |
Perkussion, tiefen Trommeln, flächigen Sounds und einer Feedback-Coda, die | |
Trommelwirbel im achtminütigen „Patina“ oder aber die sechs Minuten | |
„Residue“, eine mustergültige Elegie. | |
Diese Musik lässt sich Zeit und spielt auf selten begangenen Pfaden. An | |
denen finden sich die erstklassigen Pilze. | |
7 Oct 2022 | |
## AUTOREN | |
Robert Mießner | |
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