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# taz.de -- Rundfunkrat wählt Interimsintendantin: Vom WDR zum RBB
> Nach der Schlesinger-Affäre hat der RBB eine Interimsintendantin gewählt.
> Katrin Vernau ist bisher WDR-Verwaltungsdirektorin und gilt als feste
> Bank.
Bild: Die neue Interimsintendantin beim RBB: Katrin Vernau
Berlin dpa/epd | Die bisherige Verwaltungsdirektorin des Westdeutschen
Rundfunks (WDR), Katrin Vernau, ist im zweiten Wahlgang zur
Interimsintendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) gewählt worden.
Der RBB-Rundfunkrat wählte die 49-Jährige auf einer Sondersitzung am
Mittwoch mit 16 von 20 Stimmen für eine Amtszeit von maximal einem Jahr. Im
ersten Wahlgang hatte sie die notwendige Zweidrittel-Mehrheit verfehlt. Die
promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin soll den [1][durch Skandale um die
frühere Intendantin Patricia Schlesinger] und den ehemaligen
Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf angeschlagenen Sender aus der
Krise führen.
Die Interimsleitung darf nach Maßgabe der Rechtsaufsicht des RBB, die
aktuell beim Land Brandenburg liegt, maximal ein Jahr amtieren.
Anschließend muss ein regulär gewählter Intendant oder eine Intendantin die
Aufgabe wahrnehmen.
Vernau wurde 1973 im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen
geboren. Nach ihrem Studium an der Hochschule St. Gallen in der Schweiz und
an der Columbia Business School promovierte sie im Jahre 2002 an der
Universität Potsdam. Seit 2015 war sie Verwaltungsdirektorin des WDR.
Vernau war als einzige Kandidatin von einer vierköpfigen Findungskommission
vorgeschlagen worden, was für [2][Kritik unter anderem bei der
Freienvertretung des RBB] sorgte. Ihre Wahl wurde von Protesten von
Mitarbeitenden des Senders begleitet. Befürchtet wird, mit ihr werde eine
„Statthalterin des WDR“ eingesetzt. Dem Rundfunkrat hatte sich Vernau am
Dienstag in einer Videokonferenz vorgestellt.
## Wunde Seele der Belegschaft
Vernau nannte als ihre Aufgaben unter anderem, sie wolle die Beschäftigten
anhören und dafür Foren schaffen. Zudem wolle sie die Wirksamkeit der
Gremien als Kontrollinstanzen des Senders wiederherstellen. Ferner werde
sie einen Kassensturz machen, um zu wissen, wo der RBB finanziell steht.
Wichtig sei zudem, [3][die Aufklärung voranzutreiben], um die
Glaubwürdigkeit des Senders wiederherzustellen.
Auch die in den vergangenen Jahren angeschobenen und zum Teil im Sender
umstrittenen Reformen wolle sie sich anschauen. „Mit Sicherheit ist nicht
alles schlecht“, sagte die neue RBB-Chefin.
Auf die Frage, ob sie sich perspektivisch vorstellen könnte, über die
Interimszeit hinaus Intendantin des RBB zu werden, sagte die 49-Jährige,
die Perspektive seien die nächsten zwölf Monate. „Und danach – das sieht
man danach.“ Sie ergänzte: Wenn das beim RBB vor allem vom Rundfunkrat
gewollt sei, könne sie sich gegebenenfalls auch vorstellen, weiterzumachen.
„Aber es kann auch andere Alternativen nach zwölf Monaten geben.“ Vernau
ist beim WDR beurlaubt und könnte zurückkehren.
Brandenburgs Medienstaatssekretär Benjamin Grimm (SPD) sagte: „Es ist gut,
dass es für die Zeit bis zur Wahl einer neuen Intendantin oder eines neuen
Intendanten eine klare Leitung gibt.“ Der RBB müsse jetzt umfassend
aufklären und die notwendigen Konsequenzen ziehen, um Fehlverhalten für die
Zukunft sicher auszuschließen. „Dafür muss er jetzt handlungsfähig sein.“
Brandenburg hat derzeit die Rechtsaufsicht über den RBB.
Der RBB-Rundfunkratsvorsitzende Dieter Pienkny zeigte sich zufrieden, dass
nun die „Hängepartie“ zu Ende sei. Er sprach von einer „hartnäckigen
Sanierungsarbeit“. Er sei auch optimistisch, dass die „wunde Seele“ der
Belegschaft behandelt werde.
## Kennerin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Mit Vernau kommt eine Kennerin des verwinkelten und weit verzweigten
öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum RBB. Es hatte vor der Wahl auch
Stimmen gegeben, die eine andere Lösung gefordert hatten – jemanden, der
überhaupt nichts mit dem System zu tun hatte bislang, quasi „unbefleckt“
ist. Vernau ist bislang für den WDR als größte ARD-Anstalt eine feste Bank.
Sie steuert bisher eine der größten Organisationen im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sie gilt als kompetent und anpackend, wenn
man sich im ARD-Umfeld umhört. Im Mai 2019 wurde sie mit großer Mehrheit in
ihrem Amt als Verwaltungsdirektorin wiedergewählt. Sie hat den Posten seit
2015 inne. Ihre aktuelle Amtszeit läuft bis Ende Februar 2025.
Die bisherige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger war seit 2016 im Amt und
nach massiven Vorwürfen über Korruption, Vorteilsnahme und Verschwendung
von Beitragsgeld Anfang August zurückgetreten und anschließend von den
Aufsichtsgremien abberufen und fristlos gekündigt worden. Auch der
RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf musste zurücktreten. Gegen
Schlesinger, ihren Ehemann Gerhard Spörl und Wolf ermittelt die
Generalstaatsanwaltschaft Berlin wegen des Verdachts der Untreue und der
Vorteilsannahme. In einem Interview mit der „Zeit“ räumte Schlesinger am
Mittwoch Fehler ein, wies aber Korruptionswürfe zurück.
8 Sep 2022
## LINKS
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