# taz.de -- Enteignungen von Stromfirmen gefordert: Das Gespenst der Enteignung… | |
> Angesichts der Krise fordert „Deutsche Wohnen Enteignen“ die | |
> Vergesellschaftung von Energiefirmen. Nicht nur Verluste dürften | |
> sozialisiert werden. | |
Bild: Angesichts von Gaskrise ist weniger Partystimmung, aber Vergesellschaftun… | |
BERLIN taz | Was die Bundesregierung bereits mit dem in Schieflage | |
geratenen [1][Gasversorger Uniper gemacht hat], fordert nun auch die | |
Inititiative „Deutsche Wohnen Enteignen“ für die gesamte private | |
Energiewirtschaft: die [2][Vergesellschaftung von Stromkonzernen]. Auch | |
weil der rot-grün-rote Senat die Umsetzung des Volksentscheids blockiere | |
und sich die Krise zuspitze, hat das Bündnis [3][einen Forderungskatalog | |
vorgelegt]. | |
Darin fordert es neben der Vergesellschaftung von Energiekonzernen die | |
Abschaffung von Gasumlage und Strombörse sowie ein Verbot von an [4][die | |
Inflation gekoppelten Indexmietverträgen]. Darüber hinaus fordert DW | |
Enteignen den sofortigen Stopp von Kündigungen und Zwangsräumungen und eine | |
„mietenneutrale“ ökologische Sanierung der Wohnungsbestände. | |
Kalle Kunkel, Sprecher von DW Enteignen, sagt, die derzeitige Situation der | |
Menschen habe sich seit dem [5][erfolgreichen Volksentscheid vor genau | |
einem Jahr] angesichts explodierende Energiepreise deutlich verschlimmert: | |
„Viele von uns wissen nicht, wie sie über den Winter kommen sollen. Und | |
währenddessen fahren die Konzerne weiterhin saftige Gewinne ein. Sie werden | |
immer reicher, weil wir immer ärmer werden – das muss jetzt aufhören!“ | |
Vergesellschaftung von Immobilien- und Energiekonzernen stelle eine | |
dauerhafte und sichere Entlastung für Mieter*innen dar. | |
Die Initiative kritisiert, „dass die Konzerne mit Gütern der | |
Daseinsvorsorge Profite erzielen“, so Kunkel, „und die Politik schaut dabei | |
zu.“ Laut Kunkel helfen Einmalzahlungen, Energiespartipps und | |
Subventionierung von Konzernen nicht auf lange Sicht: „Das einzige | |
zukunftsfähige Mittel gegen die Inflationskrise ist die Überführung der | |
Energie- und Immobilienkonzerne in Gemeineigentum.“ | |
## Verluste sozialisiert, Gewinne privatisiert | |
In der Energiekrise habe sich erneut gezeigt, dass der Markt es einfach | |
nicht richte, so Kunkel: „Existenzielle Güter gehören nicht in die Hände | |
des Marktes.“ Es sei gut, dass die Politik mit der Verstaatlichung von | |
Uniper reagiert habe – „aber warum wird eigentlich nur der Konzern | |
verstaatlicht, der am meisten Miese macht?“ Wie in der Bankenkrise würden | |
die Verluste sozialisiert und die Gewinne privatisiert. Deswegen sei es nun | |
wichtig, mit Vergesellschaftungen die Kontrolle über den Energiesektor zu | |
bekommen, so Kunkel. „Gleichzeitig stellen sich bei Stromkonzernen andere | |
Fragen als bei Wohnraum: Der Staat könnte mit Produktionsmitteln als Teil | |
der ökologischen Transformation vorangehen.“ | |
Wer fällige Entschädigungen für Vergesellschaftung von Stromkonzernen nach | |
Artikel 15 zahlen soll, will Kunkel auf Nachfrage der taz nicht | |
beantworten. „Dafür ist es zu früh. Wir finden es zunächst wichtig, die | |
gesellschaftliche Debatte darüber zu beginnen.“ Die Energieproduktion wäre | |
in Berlin dabei nicht der erste Versorgungssektor in öffentlicher Hand: | |
[6][Das Stromnetz] ist seit Juli 2021 wieder Eigentum des Landes Berlin, | |
die [7][Wasserversorgung] seit 2013 rekommunalisiert. | |
Zudem kritisiert Kunkel auch die Preisbildung beim Strom: Die Strombörse | |
zeige gegenwärtig, dass der Markt ein irrationales Instrument sei, wenn | |
nach [8][“Merit-Order“] derjenige mit den höchsten Kosten den Preis | |
insgesamt bestimme. Das gehe zu Lasten der Gesellschaft. Entsprechend | |
forderte die Initiative die Abschaffung der Strombörse. | |
Die Forderungen hat das mobilisierungsfähige Bündnis anlässlich des | |
Jahrestags des erfolgreichen Volksentscheids gestellt. Bei diesem hat eine | |
deutliche Mehrheit der Berliner Bevölkerung für die Vergesellschaftung | |
großer privater Immobilienkonzerne mit einem Enteignungsgesetz gemäß | |
[9][Artikel 15 Grundgesetz] gestimmt. | |
Mit diesem Artikel könnte man nun auch Energiekonzerne vergesellschaften, | |
fordert die Initiative. Tatsächlich lässt der Grundgesetzartikel die | |
Vergesellschaftung ganzer Wirtschaftszweige gegen Entschädigung zu, auch | |
wenn er noch nie Grundlage eines Gesetzes wurde. Bei Uniper hat sich der | |
Staat kurzum über den [10][Erwerb von Anteilen die Mehrheit verschafft], | |
beim Tage- oder Straßenbau enteignen Konzerne und Staat bislang auf | |
Grundlage von [11][Artikel 14 Grundgesetz]. Seit vergangenem Jahr spricht | |
sich in NRW auch bereits die [12][Kampagne RWE und Co.] enteignen für die | |
gemeinwohlorientierte Vergesellschaftung von Stromkonzernen aus. | |
26 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-der-Verstaatlichung-von-Uniper/!5879749 | |
[2] https://www.dwenteignen.de/2022/09/neue-forderung-von-dwe-energiekonzerne-v… | |
[3] https://www.dwenteignen.de/wp-content/uploads/2022/09/Neue-DWE-Forderungen.… | |
[4] /Indexmietvertraege-in-Deutschland/!5865814 | |
[5] /1-Jahr-Enteignungs-Volksentscheid/!5879890 | |
[6] /Der-Senat-kauft-das-Stromnetz-zurueck/!5763425 | |
[7] https://www.berlin.de/sen/finanzen/vermoegen/nachrichten/artikel.30112.php | |
[8] https://www.capital.de/wirtschaft-politik/preisschock-an-der-stromboerse--w… | |
[9] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_15.html | |
[10] /Energiekrise-in-Europa/!5883126 | |
[11] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html | |
[12] https://rwe-enteignen.de/ | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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