# taz.de -- Klimaaktivist*in über Diversität: „Fridays for Future ist weiß… | |
> Es gibt zu wenig migrantische Perspektiven in der Klimabewegung, | |
> kritisiert Winta P. von „BIPoC for Future“. Das habe auch Auswirkungen | |
> auf Aktionen. | |
Bild: Kolonialismus – auch das ist ein Thema der Klimabewegung | |
taz: Winta, Wie bist du zur Klimabewegung gekommen? | |
Winta P.: Ich habe mit 16 Jahren bei Greenpeace angefangen. Das war mein | |
Zugang zur Klimabewegung, eine Sensibilität für die Situation war schon | |
früh da. Als Schwarze Person in Deutschland hatte ich schon früh ein | |
Verständnis für die Ungerechtigkeit in dieser Gesellschaft. | |
Mit welchen Herausforderungen sind vor allem BIPoC, also Black, Indigenous | |
and People of Colour, in der Klimabewegung konfrontiert? | |
Wir haben mit Rassismus in verschiedensten Formen zu kämpfen – und unsere | |
Perspektiven werden kaum einbezogen. [1][Fridays for Future (FFF)] ist | |
mehrheitlich weiß und akademisch – und das steht oft im Vordergrund. Die | |
Klimakrise betrifft alle, aber MAPA* sind seit 500 Jahren – seit Beginn | |
des Kolonialismus – von Ausbeutung betroffen und zahlen den höchsten Preis | |
für die Klimakrise. Ein wichtiger Faktor im Aktivismus ist auch | |
Polizeigewalt, weil wir als BIPoC davon besonders stark betroffen sind. | |
Stehen euch dadurch bestimmte Protestformen nicht offen? | |
Rassistische Erfahrungen und Polizeigewalt beginnen für BIPoC nicht bei | |
Demonstrationen, sondern schon im Alltag. Uns geht es nicht darum, Aktionen | |
nicht zu machen, sondern darum, wie wir sie sicher umsetzen. Das ist das, | |
woran auch weiße Aktivist*innen ansetzen müssen, damit jede*r | |
teilnehmen kann. | |
Was sollte die Bewegung machen, um inklusiver zu werden? | |
Sie sollten den nichtweißen Menschen zuhören und selbst organisierte | |
Proteste von ihnen unterstützen. Es macht etwa keinen Sinn, BIPoC als | |
Kontaktpersonen zur Polizei zu benennen. Und die | |
Klimagerechtigkeitsbewegung muss mehr von BIPoC- und MAPA-Aktivist*innen | |
angeleitet werden. Es geht darum, uns zuzuhören und sich global für | |
[2][intersektionale Kämpfe] einzusetzen. | |
Gibt es Themen, für die Ihr euch als BIPoC for Future besonders einsetzt? | |
Ja. Für eine soziale Antwort auf die Klimakrise, konkret die Einführung | |
des 0-Euro-Tickets und ein Entlastungspaket für Länder des Globalen | |
Südens, wie es etwa die Kampagne „Debt for Climate“ fordert. | |
Können sich alle eine Radikalisierung in der Klimabewegung leisten? | |
Natürlich kann nicht jeder das Gleiche machen, sondern jeder in seinem | |
Ermessen. Für BIPoC finde ich, ist es schon eine Form von Radikalität, in | |
diesem rassistischen System überhaupt zu existieren und zu protestieren. | |
Die Frage ist vielmehr, sollten wir es uns leisten, nur alle vier Jahre | |
wählen zu gehen – und dann werden uns diese ganzen Sachen auferlegt von | |
Politiker*innen, die mehrheitlich männlich, weiß und akademisch sind? | |
Wir sollten unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen. | |
Gab es in den vergangenen Jahren einen Wandel in der Klimabewegung – hin zu | |
mehr Inklusivität? | |
Allein das Zukunftsnarrativ von Fridays for Future ist schon nicht | |
inklusiv. Klar geht es auch um die Zukunft, aber auch um die Vergangenheit | |
und die Gegenwart. Es geht auch um die Menschen in Pakistan, die jetzt | |
gerade akut von der Klimakrise betroffen sind. Es hat sich aber etwas | |
verändert in der Hinsicht, dass es uns jetzt innerhalb von FFF gibt – und | |
ich glaube, das ist ein großer Schritt. | |
*Most affected People and Areas, also Menschen in den von der Klimakrise am | |
meisten betroffenen Regionen. | |
23 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jelena Malkowski | |
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