# taz.de -- Debatte um AKW-Abschaltungen: Fatales Signal an die Wirtschaft | |
> Wie weit AKWs eine Rolle für die Stromversorgung spielen, ist nicht | |
> entscheidend. Jetzt geht es darum, die allgemeine Verunsicherung zu | |
> begrenzen. | |
Bild: Isar 2: Wie kann Deutschland inmitten der Energiekrise drei moderne AKWs … | |
„Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie.“ Man kann von Ludwig Erhard | |
halten, was man will, doch die wenigsten würden wohl bezweifeln, dass | |
dieser Satz zutreffend ist. Wie optimistisch die Zukunft eingeschätzt wird, | |
entscheidet darüber, ob Unternehmen investieren und Verbraucher*innen | |
Geld ausgeben. Wegen der Energiekrise und der von ihr getriebenen Inflation | |
ist die Stimmung kurz gesagt: schlecht. Alle maßgeblichen Ökonom*innen | |
gehen von einer bevorstehenden Rezession aus. | |
Vor diesem Hintergrund die drei verbleibenden AKWs nicht wenigstens im | |
Streckbetrieb weiterlaufen zu lassen, ist ein fatales Signal an die | |
Wirtschaft. Selbst wenn die [1][Atomenergie] für die Stromversorgung keine | |
Rolle spielt, wie das Wirtschaftsministerium behauptet, geht es eben nicht | |
allein um Zahlen und Fakten, sondern auch um Befürchtungen und | |
Einschätzungen. Je pessimistischer die Lage gesehen wird, desto stärker | |
wird die Rezession. | |
Hinzu kommt nun auch noch, dass [2][die Betreiber der betroffenen AKWs] | |
klipp und klar sagen, dass sich ihre Anlagen rein technisch nicht einfach | |
innerhalb einer Woche hoch- und runterfahren lassen. Man fragt sich, welche | |
Ministeriumsmitarbeiter die Entscheidungsvorlage für den Minister | |
eigentlich so dilettantisch vorbereitet haben. Die Pförtner? | |
Auch viele EU-Partner halten es für, nun ja, sehr speziell, dass | |
Deutschland mitten in der schwersten Energiekrise der Nachkriegszeit drei | |
moderne Atomkraftwerke abschaltet. Ob sie unter diesen Umständen bereit | |
sind, Deutschland bei der Beschaffung von Flüssiggas entgegen zu kommen? | |
Der Enthusiasmus dürfte dadurch wohl kaum in den Himmel gewachsen sein. Die | |
Entscheidungen rund um Atomkraft und Laufzeitverlängerungen sind jedenfalls | |
politisch und technisch betrachtet ein einziger großer Murks. | |
Es liegt zum Teil daran, dass ein echter Kompromiss der Koalitionspartner | |
unerreichbar war. Für Grüne ist Atomkraft nicht nur als Technologie ein | |
Risiko. Würde Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck die Laufzeit in | |
irgendeiner Form verlängern, wäre er wahrscheinlich in seiner Partei und im | |
Rennen um die nächste Kanzlerkandidatur erledigt. Die [3][Grünen-Anhänger, | |
die mehrheitlich das Weiterlaufen der Nuklearanlagen befürworten], wären | |
kein Problem. | |
Doch die Parteimitglieder und -funktionäre von der Basis bis zum Bundestag | |
würden ihm das nie verzeihen. Diese innerparteilichen Probleme ändern | |
jedoch nichts daran, dass ein Streckbetrieb der drei bestehenden | |
Atomkraftwerke mindestens bis zum Frühjahr vernünftig wäre. Aber Politik | |
ist eben auch zu 50 Prozent Psychologie. | |
9 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Reserve-Atomkraftwerke/!5880812 | |
[2] /Habecks-Plan-fuer-Reserve-AKW/!5880916 | |
[3] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/umfragen/id_100033888/atomd… | |
## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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