# taz.de -- Cum-Ex-Skandal um Steuerbetrug: Scholz und die Affäre ohne Ende | |
> Wird es brenzlig für den Kanzler? Der Cum-Ex-Ausschuss hört ihn am | |
> Freitagnachmittag an. Es wird vermutlich nicht sein letzter Auftritt dort | |
> sein. | |
Bild: Der Hauptsitz der in die Cum-Ex-Affäre verwickelten Privatbank M.M.Warbu… | |
BERLIN taz | Die entscheidende Frage lautet noch immer genauso wie am | |
Anfang der Affäre: Hat Olaf Scholz 2016 Einfluss auf die Entscheidung der | |
Finanzverwaltung genommen, von der Warburg-Bank Millionen Euro wegen | |
[1][des Cum-Ex-Raubes] nicht zurückzufordern? Falls dies beweisbar ist, | |
wird Scholz als Kanzler zurücktreten. Aber: Es existiert bis heute [2][kein | |
eindeutiger Beleg]. | |
Scholz’ Position lautet: Seit zweieinhalb Jahren werde der Fall akribisch | |
untersucht. Der Ausschuss habe 50 Zeugen und Zeuginnen befragt, es gebe | |
Tausende Seiten von Akten, ohne dass ihm eine Einflussnahme – die laut | |
Scholz „eine politische Dummheit“ gewesen wäre – nachgewiesen werden | |
konnte. | |
Es gibt aber eine Reihe von Merkwürdigkeiten. Verdächtig wirkt vor allem | |
die zeitliche Nähe des Treffens von Scholz und des Warburg-Bankers | |
Christian Olearius und der Entscheidung der Finanzbehörde, das Cum-Ex-Geld | |
nicht zurückzufordern. Beides geschah im November 2016. Zwischen dem | |
Treffen bei Scholz, damals Erster Bürgermeister in Hamburg, und dem Banker | |
und der Entscheidung lagen nur ein paar Tage. Laut Olearius’ Tagebuch, | |
allgemein als glaubwürdige Quelle anerkannt, hat Scholz sich die Sorgen der | |
Bank angehört, ohne dazu Stellung zu beziehen. | |
Der damalige Finanzsenator Peter Tschentscher gab die Stellungnahme der | |
Bank via Scholz an die Finanzbehörde weiter – mit dem Vermerk „Bitte um | |
Information zu Sachstand“. Das werten manche als politische Einflussnahme | |
des Senators. | |
## Fragen ans engste Umfeld von Scholz | |
Eine Schlüsselfigur der Affäre ist [3][die Steuerbeamtin Daniela P.], die | |
für die Warburg-Cum-Ex-Entscheidung der Hamburger Finanzbehörde 2016 | |
wesentlich verantwortlich war. Im August 2021 hat sie im | |
Untersuchungsausschuss kategorisch bestritten, dass es eine politische | |
Einflussnahme gegeben habe. Sie habe auch von den Treffen von Scholz und | |
Olearius nichts gewusst. Die Cum-Ex-Entscheidung sei fachlich begründet | |
gewesen. Die Unsicherheit, ob es sich wirklich um Cum-Ex-Geschäfte | |
gehandelt habe, sei damals zu groß gewesen. | |
Daniela P. ist nun erneut in den Fokus geraten, weil sie nach der | |
Entscheidung im November 2016 einer Freundin eine Nachricht schickte, „ihr | |
teuflischer Plan“ sei aufgegangen. Damit könnte gemeint sein, dass sie die | |
Entscheidung der Finanzbehörde zugunsten der Bank manipuliert hat. | |
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Daniela P. ebenso wie gegen die | |
SPD-Politiker Alfons Pawelczyk und Johannes Kahrs. Der Grund: mögliche | |
Begünstigung der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften. | |
Kahrs und Pawelczyk hatten sich laut Olearius’ Tagebuch dafür eingesetzt, | |
dass der Bank-Mitinhaber Scholz treffen kann. Die Hamburger | |
Staatsanwaltschaft sieht keinen Ermittlungsbedarf gegen Scholz. Auch die | |
Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen ihn, hält sich diese | |
Möglichkeit aber für die Zukunft offen. | |
Die Affäre hat nun wegen zweier Neuigkeiten an Aktualität gewonnen. Die | |
Frage lautet: Gab es Verschleierungen im Nachhinein? Im Zuge der | |
Ermittlungen gegen Kahrs, Pawelczyk und Daniela P. tauchte der Verdacht | |
auf, dass es in der Finanzbehörde eine „gezielte Löschung von E-Mails“ ga… | |
so die Kölner Ermittler. | |
Die zweite Frage richtet sich an das engste Umfeld von Scholz – seine | |
Büroleiterin Jeanette Schwamberger. Die schrieb laut Medienberichten in | |
einer Mail, es sei „mit Olaf zu diskutieren, wie wir die Termine | |
(Treffen/Telefonate) mit Kahrs, Pawelczyk und Tschentscher einsortieren“. | |
Einsortieren in Anführungszeichen. Sollten damit bisher nicht bekannte | |
Treffen von Scholz mit Kahrs und Pawelczyk verborgen werden, bei denen es | |
um Warburg ging? Oder war damit anderes gemeint? | |
Am Freitag wird der Kanzler ab 14 Uhr zum zweiten Mal in Hamburg dem | |
Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Ein Ende der Affäre ist | |
damit nicht in Sicht. Norbert Hackbusch, Vertreter der Linkspartei in dem | |
Untersuchungsausschuss, geht davon aus, dass dies nicht der letzte Auftritt | |
des Kanzlers vor dem Cum-Ex-Ausschuss gewesen sein wird. | |
19 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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