| # taz.de -- Berliner SPD und Mietenpolitik: Bedrohte Selbstorganisation | |
| > Verwaltung lässt „Initiativenforum Stadtpolitik Berlin“ neu ausschreiben: | |
| > Soll ein zentrales Instrument der Mieterbewegung abgewickelt werden? | |
| Bild: Je höher die Mieten, desto stärker der Protest. Doch Kritik an ihrer MI… | |
| Berlin taz | Das „Initiativenforum Stadtpolitik Berlin“, eine der zentralen | |
| Mieter:inneninitiativen der Stadt, kurz Ini-Forum genannt, ist in | |
| seiner bestehenden Form bedroht. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung | |
| unter der Führung von Andreas Geisel (SPD) hat die Förderung des Projekts | |
| neu ausgeschrieben. Damit ist es möglich, dass das Projekt zukünftig von | |
| einem anderem Träger mit anderen Strukturen ausgeführt wird. Der Beirat des | |
| Ini-Forums kritisiert, durch die erneute Ausschreibung würden | |
| „funktionierende Strukturen ignoriert und die Zukunft des Initiativenforums | |
| in Frage gestellt“. | |
| Das Forum ist eine Art Meta-Initiative für die zahlreichen Zusammenschlüsse | |
| der Berliner Mieter:innen. Will sich beispielsweise eine Hausgemeinschaft | |
| gegen den Verkauf ihres Wohnhauses wehren, liefert das Ini-Forum das nötige | |
| Know-How, unterstützt bei der Vernetzung und kann politischen Druck | |
| aufbauen. Vierteljährig veranstaltet das Forum Hearings im | |
| Abgeordnetenhaus, in denen die Anliegen der Bewegung an die Politik | |
| getragen werden. Aufmerksamkeit generierte auch die Veröffentlichung des | |
| [1][„mietenpolitischen Dossiers“] im vergangenen Jahr, in dem teils | |
| kontroverse Vorschläge für den Wohnungsmarkt aus der Bewegung aufbereitet | |
| wurden. Als Institution ist das Forum bundesweit einzigartig. | |
| Auf taz-Nachfrage betont Martin Pallgen, Sprecher der Verwaltung für | |
| Stadtentwicklung, dass es sich bei der Ausschreibung um einen regulären | |
| Vorgang handle. Die Förderung sei Ende 2021 ausgelaufen. Der aktuelle | |
| Haushalt sehe zwar eine „Weiterführung“ vor, grundsätzlich könnten aber … | |
| Projekte und keine bestimmten Trägervereine gefördert werden. Eine | |
| schlichte „Weiterförderung“ sei also gar nicht möglich. Der derzeitige | |
| Träger – die Stadtprojekte e.V. – könne sich erneut bewerben. | |
| Pallgen betont auch, der Projektaufruf stehe „sachlich nicht im Widerspruch | |
| zur bisherigen Förderung“. In der Ausschreibung heißt es allerdings, | |
| gefördert werden solle der „Austausch zwischen Initiativen und Vereinen zu | |
| wohnungs- und mietenpolitischen Fragen“. Von einer Schnittstelle zwischen | |
| Parlament und Bewegung ist keine Rede mehr. Die Ausschreibung habe deshalb | |
| „mit dem Initiativenforum in seiner aktuellen Form nichts mehr zu tun“, | |
| heißt es vom Beirat. Magnus Hengge von Bizim Kiez, der sich im dort | |
| engagiert, sagte der taz, wenn nun ein nun ein neuer Träger die Gelder | |
| erhalte, müsse dieser das Ini-Forum neu aufziehen. Er kritisiert, dass die | |
| Ausschreibung nicht festlegt, dass das Team und der Beirat übernommen | |
| werden muss. | |
| ## SPD hält nichts von kooperativen Ideen | |
| Für Hengge steht der Verdacht im Raum, dass Stadtentwicklungsenator Geisel | |
| (SPD) mit der Ausschreibung versuchen könnte, „einen zentralen Erfolg der | |
| Mietenbewegung abzuwickeln“. [2][Die Idee für das Ini-Forum stammt aus der | |
| Mieter:innenbewegung], wurde aber von Geisels Vorgängerin Katrin | |
| Lompscher (Linke) umgesetzt. „Aus der SPD hat man während der | |
| Koalitionsverhandlungen ja immer wieder gehört, dass man dort nichts von | |
| kooperativen Ideen hält“, sagt Hengge. Gut möglich scheint ihm, dass Geisel | |
| über die Ausschreibung einen Ansatz aus der Lompscher-Zeit abwickeln will. | |
| „Wir wissen, dass wir die Ausschreibung nicht mehr verhindern können“, sagt | |
| Hengge. „Aber wir fordern, dass wir als Beirat in die Projektvergabe | |
| miteinbezogen werden“. Das besondere am Ini-Forum sei seine | |
| selbstorganisierte Arbeitsweise, die dürfe nicht gefährdet werden. „Wenn | |
| das Forum von der Verwaltung gesteuert wird, verliert es den Rückhalt aus | |
| der Bewegung“, warnt er. | |
| 18 Aug 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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