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# taz.de -- Umstrittene Messe-Präsenz der ARD: Reizwort IFA
> Bei der am Freitag beginnenden Messe IFA ist auch die ARD wieder dabei.
> Nach dem RBB-Skandal ist das nicht unumstritten, denn der Auftritt
> kostet.
Bild: Geblieben, mit großem Aufwand: ARD-Präsentation auf der IFA in Berlin
Es gibt ein paar Reizwörter, die Führungskräfte in der ARD [1][nach dem
RBB-Skandal] gerade besonders in Rage bringen. „IFA“ ist so ein Wort. IFA,
das stand mal für „Internationale Funkausstellung“, für den Start des
Farbfernsehens und die Einführung des Videotexts. Mittlerweile heißt die
Messe nur noch IFA, mit dem Untertitel „Consumer Electronics Unlimited“,
und steht vor allem für Kühlschränke und Luftentfeuchter. Nicht nur in der
ARD fragen sich daher einige, was den Fernsehsendern die Messe eigentlich
noch bringt. Das ZDF stellt dort seit 12 Jahren nicht mehr aus, auch die
privaten Sender haben sich längst zurückgezogen.
Die ARD ist geblieben, mit großem Aufwand. [2][Wenn die IFA am Freitag nach
zweijähriger Pandemiepause wieder öffnet,] wird die ARD wieder die Halle
2.2 belegen. Dort soll die ARD-Prominenz auflaufen,
„Tagesschau“-Sprecherinnen und Investigativjournalisten. Podcasts sollen
entstehen, die Fernsehproduktion soll erklärt werden.
Fast alles wie immer also bei ARD und IFA – wäre da nicht der RBB-Skandal.
Denn es ist traditionsgemäß der Rundfunk Berlin-Brandenburg, der den
Auftritt der ARD auf der IFA koordiniert. Das liegt nah, schließlich ist
die Berliner Messe vor den Türen des RBB. Patricia Schlesinger, die
skandalträchtige Ex-Intendantin, bezeichnete die IFA im Jahr 2017 noch als
einen „Höhepunkt im Terminkalender des RBB und der ARD“.
Ein Höhepunkt der Katastrophen könnte die IFA in diesem Jahr vor allem für
die Mitarbeitenden werden, die die ARD und den RBB auf der Messe
repräsentieren sollen. Denn die ARD-Halle ist der Ort, wo die
Programmmacher*innen und das Publikum ins Gespräch kommen. Das könnte
nun unangenehm werden. Aus dem RBB hört man, dass sich gerade niemand darum
reißt, auf der Messe Präsenz zu zeigen, erst recht niemand aus der
Führungsriege.
## Lukrativer Beraterjob
Aber die Recherchen zu Schlesinger und dem RBB haben ja nicht nur einen
Massagesitz und italienisches Edelparkett zutage gefördert, sondern auch
das offenbar zu enge Verhältnis zwischen der Intendantin und ihrem
Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Wolf war nicht nur oberster
RBB-Kontrolleur, der seiner Kontrollaufgabe nicht nachkam, sondern
gleichzeitig Aufsichtsratschef der Berliner Messe. Wolf soll Schlesingers
Ehemann einen lukrativen Beraterjob bei der Messe besorgt haben,
[3][mittlerweile ermittelt die Berliner Generalstaatsanwaltschaft gegen die
drei.]
Könnte es also sein, dass Wolf auch die enge Bindung von RBB und IFA
eingefädelt oder mindestens befördert hat? Diese Vermutung weisen sowohl
die Berliner Messe als auch der RBB zurück. „Wolf-Dieter Wolf war nicht
involviert“, heißt es von einer Sprecherin der Messe. Auch eine
RBB-Sprecherin schreibt, Wolf-Dieter Wolf sei nicht in die Abschlüsse
involviert gewesen. Zu anderen Details, etwa wer wann die Verträge zwischen
RBB und IFA zu welchen Konditionen geschlossen hat, will der RBB aber keine
weitere Auskunft geben.
Nun ist die IFA für die ARD nicht irgendeine Messe. Die ARD gibt für ihren
Auftritt in diesem Jahr 493.000 Euro aus. Dazu kommen die Kosten für das
Hallendesign und für die drei Extrastände in der ARD-Halle. Die Stände
besetzen der RBB, Deutschlandradio und ARD Digital. Der RBB-Stand allein
wird 125.000 Euro kosten.
Der RBB sieht das Geld gut angelegt. Mehr als hunderttausend Menschen
hätten sich auf der letzten IFA in der Halle über die ARD informiert. „Wir
haben auf der IFA unmittelbaren Kontakt mit einem überwiegend jüngeren
Publikum, bis 50 Jahre“, schreibt eine RBB-Sprecherin. Dabei ist gerade die
Frage, welches Publikum die ARD wie und wo am besten erreicht, umstritten.
## Kosten-Nutzen-Auswertung
Vor Jahren schon habe es intern Diskussionen gegeben, die IFA aufzugeben
und den Sender dafür näher an die Digitalmesse republica zu binden, heißt
es aus Senderkreisen. Dort trifft sich einmal im Jahr das junge, digitale
Publikum. Dazu habe es keinen Beschluss der Intendantinnen und Intendanten
gegeben, antwortet der RBB auf taz-Nachfrage.
Zumindest zu der Frage, ob und in welchem Umfang sich die ARD zukünftig auf
der IFA präsentieren will, könnte es hingegen schon bald einen Beschluss
geben. Im September wollen die Intendant*innen das Thema IFA „auf Basis
einer Kosten-Nutzen-Auswertung“ besprechen. Gut möglich also, dass IFA bald
schon kein Reizwort mehr ist.
2 Sep 2022
## LINKS
[1] /Schlesinger-Affaere-beim-RBB/!5873272
[2] /Funkausstellung/!5113003
[3] /Skandal-beim-RBB/!5871890
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Medienpolitik
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