# taz.de -- Verfassungsschutz zum „Heißen Herbst“: Rechte mobilisieren mehr | |
> Der Berliner Verfassungsschutz erwartet im Herbst keine Unruhen „über die | |
> Schärfe der Coronaproteste hinaus“. Linke würden kaum mobilisieren. | |
Bild: Neue Krise, neuer Sturm der Reichstagstreppen? | |
BERLIN taz | Der Berliner Verfassungsschutz rechnet im Herbst nicht mit | |
großen Unruhen gegen die steigenden Energiepreise. Das sagte | |
Innenstaatssekretär Torsten Akmann am Montag im Verfassungsschutzausschuss | |
des Abgeordnetenhauses. Insbesondere rechtsextreme Gruppierungen und die | |
sogenannten „Staatsdelegitimierer“ – der Behördenbegriff für die | |
Querdenken-Szene – würden die Energiekrise nutzen, um gegen demokratische | |
Institutionen zu agitieren, betonte er. | |
Wie erfolgreich sie damit werden, sei „noch nicht prognostizierbar“. Mit | |
Protesten „über die Schärfe der Coronaproteste hinaus“ rechnet Akmann aber | |
nicht – das wäre allerdings bereits beachtlich. In ihrer Spitze lag das | |
Mobilisierungspotenzial der Querdenker-Szene bei mehreren Zehntausend | |
Menschen. Auch der Sturm der Reichstagstreppen im August 2020 geschah aus | |
einer Demo der Szene heraus. | |
Laut Akmann nutzen die Rechten die Energiekrise, um die Erzählung eines | |
heiß laufenden Systems zu verbreiten, das durch einen Volksaufstand | |
beseitigt werden müsste. In rechten Medien würde dazu aufgerufen, „den | |
totalitären Parteienstaat ins Fadenkreuz zu nehmen“. Als Beispiel nannte er | |
einen von den Freien Sachsen inszenierten Schauprozess gegen | |
Wirtschaftsminister Habeck (Grüne). | |
## Das Hufeisen geht um | |
Der FDP-Abgeordnete Holger Krestel hatte den Verfassungsschutz auch zur | |
Mobilmachung linksradikaler Kräfte befragt – und sich dabei auf die | |
Besetzung eines geplanten LNG-Terminal bei Hamburg durch Ende Gelände | |
Anfang August bezogen. „Aus Sicht der Linken sollen die Reichen für die | |
Krise zahlen, aus Sicht der Rechten sind die Grünen schuld“, warf Krestel | |
linke und rechte Proteste in einen Topf. | |
Akmann sprach bezüglich der linksradikalen Szene nur von „vereinzelten und | |
allgemeinen Aufrufen“, den Rechten nicht das Feld zu überlassen. Am | |
wahrscheinlichsten sei, dass sich linksradikale Gruppierungen an den | |
Protesten gegen Reichsbürger:innen und Rechtsextremist:innen | |
beteiligen würden. | |
Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken, warnte davor, jeden | |
Aktivismus im Zusammenhang mit Klima- oder Energiekrise in die Nähe der | |
Verfassungsfeindlichkeit zu rücken. „Es ist wichtig, dass sich auch | |
demokratische Kräfte die soziale Frage stellen“, sagte Schrader. Auch | |
Akmann betonte, dass zwischen verfassungsfeindlichen und demokratischen | |
Protesten unterschieden werden müsste. | |
29 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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