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# taz.de -- Verkehrswende in Österreich: Wie man es auch machen kann
> Mit dem KlimaTicket können Menschen in Österreich seit Oktober 2021
> landesweit jedes öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Wie läuft das?
Bild: Mit einem Ticket landesweit unterwegs: Ein Railjet der ÖBB fährt über …
Die Rentnerin Angelika Vesely fährt morgens mit der U-Bahn zum Wiener
Hauptbahnhof, besteigt dort einen RailJet nach Graz, wo sie 2 Stunden 35
Minuten später ankommt. Dort fährt sie mit der Straßenbahn in den Vorort
Eggenberg, wo sie ihren kleinen Enkel Paul bei dessen Tante abholt. Mit ihm
nimmt sie später am Hauptbahnhof einen Bus nach Selzthal, wo sie einen
Intercity nach Innsbruck besteigt. In der Tiroler Landeshauptstadt geht es
mit dem Zug ins Ötztal, wo ein Bus nach Sölden im Ötztal wartet. Dort kommt
Frau Vesely um 21.35 Uhr an und übergibt ihren Enkel dessen dort
urlaubenden Eltern. Für all diese Fahrten musste sie keine einzige
Fahrkarte kaufen. Überall reichte es, das [1][KlimaTicket] vorzuweisen.
Seit vergangenem Oktober kann man in Österreich das KlimaTicket erwerben,
das sowohl landesweit als auch für alle städtischen Bahn- und Buslinien
gilt – wenn man von wenigen touristisch genutzten Privatbahnen absieht.
Kostenpunkt: 1.095 Euro jährlich. In der Schweiz reicht diese Summe gerade
für drei Monate NetzPass nur für den Kanton Zürich.
Das KlimaTicket ist das Prestigeprojekt der [2][grünen Klimaministerin
Leonore Gewessler], die für Umwelt und Verkehr zuständig ist. Sie hat es
gegen anfängliche Widerstände einiger Bundesländer durchgesetzt. Als
Rentnerin zahlt Frau Vesely den ermäßigten Preis von 821 Euro. Ihre Wiener
Jahresnetzkarte, die sie 235 Euro gekostet hat, wurde ihr aliquot
angerechnet. 18,2 Milliarden Euro lässt sich das Österreich bis 2026
kosten, wie Klimaschutzministerin Leonore Gewessler verlauten lässt, Ausbau
des Schienennetzes und zusätzliche Züge inklusive.
## Überfüllung blieb nicht aus
Diese Investitionen werden auch notwendig sein, denn der Erfolg des
günstigen Tickets schafft Fakten. Bis Ende Juni wurden über 170.000
KlimaTickets verkauft. Anders als beim deutschen 9-Euro-Ticket dürfen auch
die schnellen Städteverbindungen benutzt werden. Das führt dazu, dass die
RailJets gelegentlich aus den Nähten platzen. Im vergangenen Frühjahr gab
es erstmals zahlreiche Beschwerden, dass Passagiere aus dem Zug
komplimentiert wurden, wenn sie keine Platzkarte vorweisen konnten. Sie
mussten dann einen späteren Zug nehmen.
„Wir haben ausreichend Kapazität über den gesamten Tag verteilt.“ Das
versicherte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder damals. Obwohl zu Ostern 12.000
zusätzliche Sitzplätze auf die Schiene gebracht wurden, blieb Überfüllung
nicht aus. Durch die Medienberichte erschien das Problem aber größer, als
es tatsächlich war. Laut ÖBB mussten nur in 0,3 Prozent der Züge Passagiere
ohne Reservierung per Durchsage aufgefordert werden, den Zug zu verlassen.
Die Platzkarten zum wohlfeilen Preis von 3 Euro sind vor allem für längere
Strecken eine lohnende Investition.
Wer von Wien nach Innsbruck oder von Salzburg nach Klagenfurt reisen will,
braucht nicht erst groß überzeugt zu werden, um die Bahn als
Transportmittel zu wählen. Schneller ist man auch über die Autobahn nicht.
Man erspart sich die lästige Parkplatzsuche oder saftige Garagengebühren.
Von den Umweltaspekten ganz zu schweigen. Aber es gibt immer noch
infrastrukturelle Entwicklungsgebiete, wie das Südburgenland oder das
Waldviertel, von wo Tausende Pendler täglich den Arbeitsplatz in Wien
ansteuern müssen. Sie sind mit dem Auto zwei- bis dreimal schneller. Dort
liegt die Herausforderung für eine nachhaltige Transportzukunft.
27 Aug 2022
## LINKS
[1] /Bahninitiativen-fordern-Klimaticket/!5841753
[2] /Oesterreichs-gruene-Superministerin/!5650055
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Österreich
Verkehrswende
9-Euro-Ticket
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Deutsche Bahn
Schwerpunkt Klimawandel
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