# taz.de -- Wir fordern: Destruktiven Lobbyismus verbieten | |
> … weil RWE & Co. unsere Energiepolitik diktieren. Ohne Verbot wird es | |
> nichts mit Kohleausstieg und 1,5-Grad-Ziel. | |
Bild: Braunkohletagebau in Garzweiler | |
BERLIN [1][taz Panter Stiftung |] Auf einem Foto, das in einer ländlichen | |
Region aufgenommen wurde, sieht man einige Häuser, die neben einem grünen | |
Feld stehen. Unmittelbar neben den Häusern steht eine Birke, an der sich | |
ein Buntspecht zu schaffen machen scheint. Die rurale Idylle wäre perfekt, | |
wären da nicht die monströsen Bagger, die wenige hundert Meter entfernt an | |
einem trostlosen Tagebau stehen. Es handelt sich um eine Aufnahme von | |
Lützerath, ein kleiner Weiler der den Kohleschaufelradbaggern trotzt. | |
So erklärt es Antje Pistel, als sie das Bild Lützeraths zeigt. Bei der | |
Initiative „Alle Dörfer bleiben“ engagiert sie sich für den Erhalt ihres | |
Dorfes im Rheinland, kämpft für einen beschleunigten Kohleausstieg. | |
Lützerath soll wegen der darunter liegenden Kohle zerstört werden, doch | |
Klimaaktivist*innen wie Pistel wollen das verhindern. Die Bauernhöfe, | |
die Häuser, die Wiese und die Birken sind nun ein Symbol des Widerstandes | |
geworden, vor allem gegen den Energiekonzern RWE. | |
Für die Klimaschützer*innen geht es darum, die Erderwärmung zu | |
stoppen. Die Folgen dieser Erwärmung haben für Deutschland und die gesamte | |
Welt fatale Folgen: Wetterextreme, Konflikte, Hunger und [2][Ströme von | |
Geflüchteten]. Obwohl sich Deutschland zum 1,5-Grad-Ziel bekannt hat, ist | |
sich Pistel sicher, dass „wir das verfehlen werden, wenn wir so | |
weitermachen“. | |
Mit dem Pariser Weltklimavertrag wurde beschlossen, dass die Erderwärmung | |
maximal 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter steigen sollte. | |
„Braunkohle ist eine der CO2-intensivsten Möglichkeiten, Energie zu | |
gewinnen“, so Pistel. Genauso wie die Aktivistin wollen andere | |
Klimaschützer*innen den Baggern des Energiekonzerns Widerstand | |
leisten. | |
Aus diesem Grund wollen sie ab dem ersten September verstärkt auf dem | |
Weiler patrouillieren. Dann nämlich soll das Gelände für die | |
Ausgrabungsarbeiten geräumt werden. Pistel sagt sichtlich verärgert: „RWE | |
darf diese Dörfer zerstören und bezahlt nichts dafür. Ich verstehe nicht, | |
wie man solche Verträge unterschreiben kann.“ Die Hauptverantwortung dafür | |
liegt bei der Politik, die den Tagebau in der Region genehmigt hat. Der | |
Braunkohletagebau Garzweiler erhielt seine Genehmigung bereits im Jahr | |
1995. | |
Gesetzliche Grundlage für die Räumung des Dorfes ist das seit der NS-Zeit | |
bestehende sogenannte Bergrecht, das die Gewinnung von Braunkohle im | |
Tagebau erlaubt. Und so steht zu befürchten, dass RWE als dortiger | |
Betreiber des Tagebaus das Dorf tatsächlich räumen lässt, um seine | |
Interessen durchzusetzen. Aber: „Warum geht hier Bergrecht vor | |
Menschenrecht?“, fragt Antje Pistel und ergänzt: „Die Zusammenarbeit | |
zwischen RWE und Politik ist intensiv.“ Tatsächlich scheint die | |
Braunkohlelobby einen großen Einfluss auf die Politik auszuüben, | |
beispielsweise berichtete die Welt, dass die Braunkohlelobby am | |
Koalitionsvertrag des Jahres 2013 mitgeschrieben haben soll. | |
Damit so etwas nicht mehr passiert, hat sich die damalige Bundesregierung | |
im März 2021 auf ein „Lobbyregister“ verständigt. Bis Ende März diesen | |
Jahres mussten sich alle Lobbyakteur*innen in einem Register eintragen | |
– Treffen mit Bundestagsabgeordneten müssen jedoch bis heute nicht | |
offiziell angegeben werden. Die Ampelregierung hat zwar versprochen, dass | |
der Einfluss Dritter auf die Gesetzentwürfe der Bundesregierung oder aus | |
dem Bundestag künftig offengelegt werden muss. Dieses Versprechen, auch | |
Legislativer Fußabdruck genannt, wurde aber bislang noch nicht umgesetzt. | |
Die Verquickung politischer Akteur*innen und Lobbyist*innen ist | |
nicht transparent. Die Bundesregierung kann sich also nicht wundern, wenn | |
Aktivist*innen wie Pistel RWE und politischen Akteur*innen ein | |
„Verbandeln“ unterstellen. Wir fordern das Verbot von klimaschädlichen | |
Lobbyismus – auch damit Dörfer wie Lützerath bleiben. | |
ATAHAN DEMIREL, KLAUS KREUTZER UND ALFRED HEINRICH | |
23 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Kreutzer | |
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