# taz.de -- Wir fordern: Bewussteren Umgang mit Social Media | |
> … in der Kriegsberichterstattung, weil wir mit unserer | |
> Social-Media-Nutzung zu Kriegsdynamiken beitragen. | |
Bild: Unschuldiger Schlaf? Social Media Nutzung kann Teil des Bösen sein | |
BERLIN [1][taz Panter Stiftung |] Dass Propaganda ein wichtiges Mittel in | |
einem Krieg ist, ist nichts Neues. Dass wir alle live von unseren Handys am | |
Kriegsgeschehen teilnehmen, schon. Die Medien werden dadurch noch stärker | |
selbst zu Kriegsakteuren. Sie schaffen sich ihr eigenes Netzwerk, dadurch | |
verschieben sich die Dynamiken, Krieg findet jetzt auch online und in | |
Echtzeit statt. | |
Für die Zukunft bedeutet das, dass Informationsschlachten zunehmen werden. | |
Aber: Ob Infoposts, Storys oder Tweets – Kriegspropaganda ist als solche | |
nicht gekennzeichnet. | |
Wie Nutzer:innen beeinflusst werden, geschieht aber unbewusst. Mit dem | |
Konsum von propagandistischer Desinformation geht eine systematische | |
Manipulation und ideologische Indoktrination einher. | |
Instrumentalisierung von Desinformation ist Teil der Kriegsführung. Aber | |
werden diejenigen Nutzer:innen, die diese Inhalte weiterverbreiten, | |
selbst zu Kriegsakteuren? Das Teilen von Informationen im Netz ist | |
nachvollziehbar: Menschen wollen dem Ohnmachtsgefühl, das politische Gewalt | |
auslöst, entfliehen und durch das Teilen von Botschaften, die als Videos | |
und Kurztexte im eigenen Feed erscheinen, zur Selbstwirksamkeit | |
wiederfinden. | |
Missstände, die die Gesellschaft nicht im Blick hat, finden oft erst durch | |
Online-Aktivismus Aufmerksamkeit. Die Reichweite von Social-Media-Kanälen | |
wird aber auch zur Verbreitung von politischen Inhalten instrumentalisiert. | |
Auf den ersten Blick lässt sich „guter“ Aktivismus aber oft nicht von | |
gezielter Desinformation unterscheiden. Für Nutzer:innen ist oft nicht | |
erkennbar, was die Quellen der Informationen sind, die sie konsumieren oder | |
gar teilen. Darüber hinaus fehlt es auch am Bewusstsein darüber, dass das | |
ein Problem ist. Politische Gruppen, vom Verschwörungstheoretiker bis zum | |
Präsidenten, nutzen Falschmeldungen, Halbwahrheiten oder aus dem | |
Zusammenhang gerissene Informationen, um ihre Ideologien zu verbreiten und | |
ihre Entscheidungen zu legitimieren. | |
Durch die Flut an Informationen über Kriege und das von ihnen verursachte | |
Leid, haben viele das Bedürfnis, zu helfen und sich zu beteiligen. Am | |
häufigsten genutzt werden hierfür soziale Netzwerke wie Instagram oder | |
Twitter. Das kann problematisch sein, denn die Möglichkeiten des Austauschs | |
in den Netzwerken sind begrenzt. Algorithmen sind nicht dazu ausgelegt, | |
Nutzer:innen mit andersdenkenden Nutzer:innen zu verbinden, sondern | |
erstellen jeder Person ihre persönliche „Blase“. | |
Daraus entsteht ein Gefühl der Bestätigung und ein Meinungsbild, das eine | |
scheinbare Realität konstruiert, die es so aber nicht gibt. Gelangt eine | |
falsche Information oder eine bloße Behauptung in diese Blase, wird diese, | |
gerade weil sie kontrovers ist, meist schneller als anerkannte seriöse | |
Fakten gewertet. | |
Aktivismus im Netz stillt zwar unmittelbar das Verlangen nach | |
Partizipation, ist aber weniger wirkungsvoll. Viele beteiligen sich nicht | |
mehr an im realen Raum stattfindenden Diskussionen oder gehen zu | |
Demonstrationen. Menschen, die sich mit Netzaktivismus zufrieden geben, | |
streben dadurch keinen Ort für kritische Diskussionen an. | |
Aber: Dieser kritische Blick auf Aktivismus in den sozialen Medien ist eine | |
sehr privilegierte Sichtweise. In vielen Regionen der Welt ist das Internet | |
ein entscheidendes Medium, um frei, anonym und sicher die eigene Meinung | |
äußern zu können. | |
Wie lässt sich das Dilemma zwischen der Aufrechterhaltung der | |
Informationsfreiheit und dem Schutz vor Informationsmissbrauch lösen? | |
Brauchen wir mehr Regulierungen oder haben wir es individuell in der Hand, | |
wie wir mit Medien umgehen? | |
Aufklärende Artikel von der Bundeszentrale für politische Bildung | |
existieren bereits, selbst die „Sendung mit der Maus“ hat sich dem Thema | |
gewidmet. Doch das ist nicht genug. Medienkompetenz erlernt sich nicht über | |
Nacht. Wir brauchen breit gefächerte und medienübergreifende Investitionen | |
in Bildung und Aufklärung, die bereits im Kindesalter anfangen, wie zum | |
Beispiel, dass das Thema im Lehrplan integriert wird. | |
Letztendlich liegt es jedoch auch an uns, was wir konsumieren und wie wir | |
uns engagieren. Dass uns so viele Informationen zur Verfügung stehen, ist | |
auch eine Chance. Hinterfragt die Quellen. Nutzt die Möglichkeit der | |
sozialen Medien zum Netzwerken und macht auf Missstände aufmerksam, die | |
wenig Beachtung finden. Werdet nicht Teil der Kriegspropaganda. | |
SEDRA ALSHEHABI, RAZE BAZIANI, SAMI DJELLAB, BRENDA KUSI-APPIAH UND MELANIE | |
SWIONTEK BRZEZINSKI | |
19 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Panter-Stiftung/!p4258/ | |
## AUTOREN | |
Sedra Alshehabi Alshehabi | |
Raze Baziani | |
Sami Djellab | |
Brenda Kusi-Appiah | |
Melanie Swiontek Brzezinski | |
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