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# taz.de -- Provokationen aus Moskau: Gedankenspiele eines Ex-Kremlchefs
> Russlands früherer Präsident Medwedew spricht sich für eine Annexion von
> Georgien aus. Seine Drohgebärden richten sich auch an andere Länder.
Bild: Von allen guten Geistern verlassen: Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwed…
Berlin taz | [1][Dmitri Medwedew], Russlands ehemaliger Präsident und
Regierungschef, ist schon länger von allen guten Geistern verlassen. Seit
Beginn des Ukrainekrieges ergeht sich der Vize-Chef des Nationalen
Sicherheitsrates in Vernichtungsfantasien und Hasstiraden, die selbst die
härtesten Kriegstreiber in Russland in den Schatten stellen.
Vor wenigen Tagen veröffentlichte Medwedew eine Karte einer komplett
dezimierten Ukraine, die nur noch aus der Hauptstadt Kiew sowie etwas
Umland besteht. Das restliche Staatsgebiet ist auf Russland, Polen und
Rumänien aufgeteilt. Am vergangenen Montag folgte dann ein Post auf
VKontakte (das russische Pendant zu Facebook), in dem der 57-Jährige
Leser*innen an seinen Zukunftsvisionen teilhaben lässt. Die Völker der
Sowjetunion würden wieder in Freundschaft und gegenseitigem Einverständnis
zusammen leben. Dafür werde man keine Anstrengungen scheuen und die Fehler
aus den 90er Jahren korrigieren, heißt es da.
Die Südkaukasusrepublik [2][Georgien] habe es seinerzeit zu Russland
gezogen, weil sie verstanden habe, dass der große Nachbar der einzige
Verbündete in einer „feindlichen muslimischen Umgebung“ sei. Jetzt
wiederhole sich die Situation. Nord- und Südossetien, Abchasien und
Georgien könnten sich nur als ein Staat mit Russland vereinigen, propagiert
Medwedew, was eine vornehme Umschreibung für eine Annexion Georgiens ist.
Von der Realität sind solche Gedankenspiele jedoch meilenweit entfernt.
Georgien, durch den Krieg gegen Russland um die Region Südossetien 2008
nachhaltig traumatisiert, ist trotz einiger Rückschläge auf Westkurs. Erst
vor einigen Wochen waren Tausende in Tiflis für Europa auf die Straße
gegangen, nachdem Brüssel Georgien nicht den erhofften EU-Kandidatenstatus
zuerkannt hatte.
Faktische Besatzung
Auch in Abchasien, der zweiten von Georgien abtrünnigen und international
nicht anerkannten Region, regt sich Widerstand gegen die faktische
Besetzung Russlands. Es geht um ein 301 Hektar großes Gebiet, das kürzlich
an Russland übertragen wurde.
Über Kasachstan hat Medwedew ebenfalls Bedeutendes zu sagen. Die
zentralasiatische Republik sei ein „künstlicher Staat“. Solange die Russen
dort nicht hingingen, werde es keine Ordnung geben. Dabei waren sie erst am
vergangenen Januar da und zwar auf Bitten des kasachischen Präsidenten
Kassim-Schomart Tokajew. Der hatte um Entsendung von Truppen des von Moskau
angeführten Militärbündnisses „Organisation des Vertrags über kollektive
Sicherheit“ (OVKS) gebeten, um Massendemonstrationen niederschlagen zu
lassen.
Dennoch hält sich Tokajews Dankbarkeit in Grenzen. Mitte Juni bezeichnete
er im Beisein von Russlands Präsidenten Wladimir Putin die sogenannten
Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine als „Quasistaaten“,
die Kasachstan nicht anerkennen werde.
Man sollte Medwedew nicht als Spinner abtun, der nicht weiß, wovon er
redet. Bei vielen Georgier*innen – 20 Prozent des Landes sind de facto
von Russland besetzt – geht seit Beginn des Krieges die Angst vor einer
russischen Invasion um. Übrigens: Besagten Post vom Montag hat Medwedew
mittlerweile gelöscht.
2 Aug 2022
## LINKS
[1] /Krieg-in-der-Ukraine/!5865084
[2] /Russische-Putin-Gegner-in-Georgien/!5865008
## AUTOREN
Barbara Oertel
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