# taz.de -- Umgang mit Energiepreiskrise in Hamburg: Schonung für Gaskunden de… | |
> Der Hamburger Senat prüft, ob die stadteigenen Energiewerke auf ein | |
> Weiterreichen der Gasumlage verzichten können. Andere Versorger tun das | |
> nicht. | |
Bild: Freuen sich, dass die Stadt eigne Unternehmen hat: Senatoren Dressel (Fin… | |
HAMBURG taz | Die Alsterfontäne versiegt, das Rathaus wird nicht mehr | |
leuchten und in öffentlichen Gebäuden wird es nur noch kaltes Wasser geben. | |
Als Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und Finanzsenator Andreas | |
Dressel (SPD) [1][am Dienstag ihren 25-Punkte-Energiesparplan] vorstellten, | |
warteten sie am Ende neben all der Düsternis auch mit etwas Positivem auf. | |
Der Senat prüft, ob er die Kunden der Hamburger Energiewerke von [2][der | |
Gasumlage] verschonen kann. | |
Es geht um jene 2,4 Cent plus Mehrwertsteuer pro Kilowattstunde, die für | |
Firmen wie Haushalte ab dem 1. Oktober fällig sein sollen, um zu | |
verhindern, dass Gas-Importeure Pleite gehen. Die Umlage funktioniere ja | |
so, „dass die Energieversorger sie bezahlen müssen und von der EU das Recht | |
bekommen, sie an ihre Kunden weiterzugeben“, sagte Kerstan. | |
Der Senat prüfe nun, ob es möglich sei, diese an die Kunden der | |
[3][Hamburger Engergiewerke] nicht weiterzugeben. Das sind etwa 30.000. | |
Hamburg hat rund 160.000 Gaskunden. Für die anderen Versorger könne der | |
Senat das leider nicht beschließen. Deshalb werde es einen Härtefallfonds | |
[4][für Bürger in Not] geben. | |
„Die [5][Diskussion um die Übergewinnsteuer] wird ja nicht zu Unrecht | |
geführt“, ergänzte Finanzsenator Dressel in Anspielung auf die in der | |
Krise erworbenen Profite. [6][Lese er die Presse] richtig, spielten einige | |
private Versorger mit dem Gedanken, die Umlage nicht an die Kunden | |
weiterzugeben, weil die nicht wollten, dass die [7][Diskussion] über die | |
[8][Übergewinnsteuer überhand nimmt]. „Wenn man dann sagt: So groß sind | |
jetzt deine Gewinne, und dann musst du aber unbedingt die Umlage | |
weiterreichen? Guck vielleicht doch noch mal ein bisschen in deine Zahlen.“ | |
Hamburg sei gut durch Corona gekommen und stehe gerade aufgrund seiner | |
Einnahmen aus der Beteiligung an Hapag Lloyd gut da, sagte Dressel. Die | |
Stadt gehe hier als Versorger mit gutem Beispiel voran. „Private sind | |
herzlich eingeladen, sich das anzuschauen.“ | |
Nur profitiert davon zunächst eben nur ein kleiner Teil der Gaskunden. Auch | |
wird hier die Politik von Kerstans Parteikollegen Robert Habeck | |
hintertrieben. Der Bundeswirtschaftsminister nannte diese Umlage „die | |
gerechteste Form, die zusätzlich auflaufenden Kosten in der Bevölkerung zu | |
verteilen“. | |
Darauf angesprochen, erklärt Kerstans Sprecherin, es gehe hier auch darum, | |
„sozialen Härten zuvorzukommen“. Die Hamburger Energiewerke stünden | |
wirtschaftlich gut da, auch weil sie einen Gewinn durch klimaschädlich | |
produzierten Kohlestrom machten. „Den wollen wir an die Kunden weitergeben | |
und sie nicht zusätzlich belasten.“ | |
Beim Bundeswirtschaftsministerium war am Mittwoch kein anderer Fall eines | |
Versorgers, der so handeln möchte, bekannt. [9][Die Umlage] werde von der | |
„Trading Hub Europe“ ermittelt und dann auf die Energieversorger umgelegt, | |
sagte eine Sprecherin. Die Energieversorger, etwa Stadtwerke, seien dann | |
frei, diese an den Verbraucher weiterzugeben. | |
Das sieht im Prinzip auch der Bundesverband der Energie- und | |
Wasserwirtschaft so. Ein Energieversorger könne auf die Umlage verzichten, | |
„wenn das Unternehmen die finanziellen Folgen selbst tragen kann“, sagt | |
eine Sprecherin. Geschehe dies allerdings bei kommunalen Unternehmen durch | |
Kommunen, so löse dies einen beihilfe- und wettbewerbsrechtlichen | |
„Prüfbedarf des Einzelfalls“ aus. | |
Andere Stadtwerke im Norden wie etwa Lübeck und Flensburg planen das nicht. | |
Auch die SWB, die privatisierten Stadtwerke Bremen, wollen die Umlage zum | |
1. Oktober erheben. Der Grundversorger in Hamburg ist Eon. Man „prüfe | |
aktuell die Details zur Weitergabe an die betroffenen Kundinnen und | |
Kunden“, sagt ein Eon-Sprecher. | |
## Runder Tisch geplant | |
Auch der Versorger Green Planet Energy, vormals Greenpeace Energy, winkt | |
ab. Letztlich stehe die Möglichkeit der Nicht-Weitergabe vor allem | |
Unternehmen offen, die dafür ihre Rücklagen belasten wollten, sagt ein | |
Sprecher. Für Green Planet Energy als Genossenschaft komme das nicht | |
infrage. | |
Insgesamt hatten zwölf Gasimporteure geltend gemacht, dass sie Geld aus der | |
Umlage zum Ausgleich des Wegfalls günstigen russsischen Gases benötigen. | |
Der Energiekonzern RWE, der Industriekunden mit Gas beliefert, will indes | |
auf eine Kostenerstattung verzichten. Dennoch müssen nach Auskunft einer | |
Konzern-Sprecherin auch RWE-Gaskunden „wie alle anderen auch“ die Gasumlage | |
zahlen. | |
Der CDU-Oppositionspolitiker Stephan Gamm nennt Kerstans Ankündigung | |
„politischen Baldrian“. Es sei unrealistisch, dass die Prüfung positiv | |
ausfalle. | |
Stephan Jersch von der Linksfraktion sagt hingegen zu Kerstans Vorstoß: | |
„Die Richtung stimmt.“ Nur brauche man ein Vorgehen, [10][dass alle | |
Hamburger von der Umlage entlaste]. „Dafür sollten sich die | |
Energieversorger an einen runden Tisch setzen“, schlägt Jersch vor. Ein | |
solcher runder Tisch sei ja [11][auf Antrag von SPD und Grünen] ohnehin | |
geplant, um Härtefallregelungen zur Vermeidung von Ernergiesperren für | |
Menschen, die in Not geraten sind, zu besprechen. | |
Übrigens hält der Hamburger Senat an seinem Plan, seine Gaskunden zu | |
schonen, auch noch fest, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verkündet | |
hatte, dass zur Abfederung der Belastung die Mehrwertsteuer für Gas | |
temporär von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt wird. „Wir gehen weiter davon | |
aus, dass wir dieses Vorhaben umsetzen, soweit es rechtlich, wettbewerbs- | |
und beihilferechtlich möglich ist“, sagt Umweltbehörden-Sprecherin Renate | |
Pinzke am Freitag. „Und nach Befassung des Aufsichtsrats der Hamburger | |
Energiewerke“. | |
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde nach Erscheinen um die | |
Stellungnahme von RWE und um eine Stellungnahme der Umweltbehörde zur | |
angekündigten Mehrwertsteuer-Senkung aktualisiert. | |
18 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hamburg.de/landespressekonferenz/ | |
[2] /Staatliche-Gasumlage-kommt/!5874402 | |
[3] /Auf-dem-Weg-zur-Waermewende/!5865624 | |
[4] /Einfuehrung-der-Gasumlage/!5874420 | |
[5] /Studie-zu-Uebergewinnsteuer/!5871914 | |
[6] /Steigende-Gewinne-bei-RWE/!5870713 | |
[7] /Sondersteuer-auf-Uebergewinne/!5866498 | |
[8] /Debatte-ueber-Uebergewinnsteuer/!5871881 | |
[9] /Preiserhoehung-auf-dem-Gasmarkt/!5872039 | |
[10] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/80716/auswirkungen_der_in… | |
[11] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/79427/versorgungssperren_… | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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