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# taz.de -- Treuenbrietzen verkauft den Stadtwald: Das Ende des Waldumbaus
> In Treuenbrietzen könnte aus einem Musterbeispiel für naturnahe
> Forstwirtschaft das Gegenteil werden. Stadtverordnete wurden hinters
> Licht geführt.
Bild: Waldbrand in Treuenbrietzen. Es brennen vor allem Kiefern
Grunow taz | Noch immer steht die [1][Seite des Forstbetriebs
Treuenbrietzen] im Netz. Im 2.000 Hektar großen Stadtwald der
brandenburgischen Kleinstadt südwestlich von Berlin, so ist zu lesen, wird
„naturgemäße Waldwirtschaft“ großgeschrieben. Verzicht auf Kahlschläge
gehöre dazu, eine Neuanpflanzung mit Baumarten der potenziell natürlichen
Waldgesellschaft, aber auch die Jagd, damit die jungen Bäume hochkommen.
Sogar einen Stadtförster leistet sich die 8.000 Einwohner zählende Stadt.
„Forstingenieur Dietrich Henke leitet das Forstamt“, ist auf der Seite zu
lesen.
Doch die Seite im Netz ist veraltet. Treuenbrietzen hat seinen Stadtwald im
Mai für 20 Millionen Euro verkauft. Auch Förster Dietrich Henke musste
gehen. So wollte es der neue Besitzer, die [2][Muhr’sche Forstverwaltung
GBR]. Geschäftsführer Thomas Muhr leitet ein Unternehmen aus der
Autozulieferbranche mit 14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Als
wesentliche Bedingung für die Veräußerung des Stadtwalds wurde vertraglich
vereinbart, dass das in der Vergangenheit erfolgreich eingeführte
Waldbewirtschaftungskonzept mit dem Ziel eines naturnahen Waldumbaus
unverändert fortgeführt wird“, heißt es in der entsprechenden
[3][Pressemitteilung der Stadt vom 4. Mai 2022.]
## Ernüchterung im Ortsbeirat
Andreas Fetz hat da seine Zweifel. „Im Ortsbeirat wurde uns erklärt, dass
die Schutz- und Erholungsfunktion eines Walds für private Eigentümer nicht
gilt“, sagt Fetz, der für die [4][Bürgerinteressensvereinigung BIV] in der
Stadtverordnetenversammlung sitzt. „Es gelte nur noch das allgemeine
Betretungsrecht.“ Fetz befürchtet nun, dass der neue Förster die
Wirtschaftlichkeit des Walds vor das Ziel einer „naturgemäßen
Waldwirtschaft“ stellt.
Es wäre eine Drehung um 180 Grad. Denn bis zu seinem Verkauf galt der
Stadtwald tatsächlich als Paradebeispiel für den Waldumbau. Auch das
Projekt [5][„Pyrophob“], mit dem unter anderem die Hochschule für
Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde die klimaresistenten Wälder der
Zukunft erforschen will, liegt zu einem Teil auf dem Gelände des ehemaligen
Stadtwalds.
Doch Fetz verweist nicht nur auf den neuen Förster, sondern auch das
Zustandekommen des Eigentümerwechsels. „Der Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung für den Verkauf des Stadtwalds ist nur zustande
gekommen, weil der Bürgermeister versichert hat, dass das Land den Wald
kaufen wolle.“
Stadtwald zu Landeswald, das gab eine knappe Mehrheit. Auch deshalb, weil
Treuenbrietzen klamm war. „Wir standen damals vor der Frage, ob wir den
Wald behalten oder eine Schule schließen müssen“, sagt Fetz.
## Land wollte nicht kaufen
Doch das Land dachte gar nicht daran zu kaufen, und nun sind die
Befürchtungen groß in Treuenbrietzen. Aus dem ehemaligen Vorzeigeprojekt
des Waldumbaus könnte bald das genaue Gegenteil werden. Schon ist zu hören,
dass der neue Förster die Wildbestände erhöhen und Totholz aus dem Wald
entfernen wolle. Angeblich, um die Waldbrandgefahr zu senken, denn in
Treuenbrietzen hat es 2018 und 2022 gebrannt. „Doch Totholz hält den
Waldboden feucht“, sagt Fetz.
Und zu viele Rehe knabbern die Triebe von jungen Eichen und Buchen weg.
14 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.treuenbrietzen.de/seite/371550/forstamt.html
[2] https://www.muhr-forst.de/
[3] https://www.treuenbrietzen.de/news/1/729998/nachrichten/pressemitteilung-zu…
[4] https://www.maz-online.de/lokales/potsdam-mittelmark/treuenbrietzen/biv-gew…
[5] https://www.pyrophob.de/
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Brandenburg
Mischwald
Forstwirtschaft
Waldbrände
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Schwerpunkt Klimawandel
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