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# taz.de -- Energiekrise in Deutschland: Wiedergänger namens Atomdebatte
> Es scheint paradox, in einer Energiekrise die letzten Atommeiler
> abzuschalten. Doch die Debatte bestimmen Regionalegoisten und
> Zukunftsignoranten.
Bild: Isar 2 im Bayerischen Essenbach
Die Atomkraft spielt hierzulande keine große Rolle mehr – auch nicht für
die Energieversorgung im kommenden Winter. Wenn die drei letzten noch
produzierenden Atomkraftwerke über den geplanten Abschalttermin am 31.
Dezember hinaus am Netz blieben, wäre dies vor allem ein Akt innen- wie
außenpolitischer Kompromissfähigkeit.
Die alten Brennelemente in den Anlagen Emsland in Niedersachsen,
Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und [1][Isar 2 in Bayern] werden dann
teilweise verbraucht sein. Bei einer Neubestellung wäre Ersatz erst im
Laufe des nächsten Jahres zu erwarten. Damit die Kraftwerke noch über den
Winter laufen können, müsste man deshalb ihre Elektrizitätsherstellung
verringern und strecken. Dann ersetzen sie allerdings nur rund ein Prozent
der Strommenge, die mit Gas erzeugt wird. Ein Prozent ist nicht nichts –
aber daran hängt nicht das Schicksal der deutschen Energieversorgung.
Wichtiger ist die politische Bedeutung des Weiterbetriebs. Trotz aller
Sachargumente erscheint es auf den ersten Blick absurd, funktionierende
Kraftwerke abzuschalten, während sich gerade eine massive Energiekrise
entwickelt. Gerade in den süddeutschen Industriezentren machen sich manche
Unternehmen Sorgen, weil sie weit weg von den großen Windkraftanlagen sind.
Und auch den Bürger:innen der europäischen Nachbarländer könnte das
AKW-Ende paradox vorkommen, wenn sie selbst Gas sparen sollen, damit in
Deutschland die Herde und Heizungen nicht ausgehen.
Diese Erwägungen mögen es manchen Grünen [2][wie Bundestagsvizepräsidentin
Katrin Göring-Eckardt] und Umweltministerin Steffi Lemke nun ratsam
erscheinen lassen, über ihren Schatten zu springen und dem zeitlich
begrenzten Weiterbetrieb vor allem von Isar 2 zuzustimmen.
Trotzdem ist die deutsche Atomdebatte auch ein Wiedergänger. Vor allem für
Kernkraftwerke stark machen sich jetzt wieder [3][Regionalegoisten und
Zukunftsignoranten wie CSU-Chef Markus Söder], die eher einen Atomunfall
riskieren, als Windräder zu genehmigen. Von einer kurzen Wiederaufnahme in
diesem Winter abgesehen sollte die Rolle der AKW – bitte, bitte –
ausgespielt sein.
27 Jul 2022
## LINKS
[1] /Laufzeitverlaengerung-der-Isar-2/!5867017
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anne-will-gruene-goering-eckardt…
[3] /Laufzeitverlaengerung-von-Atomkraftwerken/!5859775
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
AKW
Atomenergie
Strommarkt
Friedrich Merz
Anti-Atom-Bewegung
IG
Schwerpunkt Atomkraft
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