| # taz.de -- EU-Kommission entwirft Notfallplan: Vorbereiten auf den Lieferstopp | |
| > Die EU-Kommission will die Mitgliedsstaaten zum Energiesparen anhalten. | |
| > Doch die Empfehlungen bleiben vage. | |
| Bild: Alternativen zum Gas aus Russland sucht man im Notfallplan vergebens | |
| Brüssel taz Die Europäische Kommission will die 27 EU-Staaten auffordern, | |
| ihren Gasverbrauch deutlich und schnell zu senken und die Heiztemperatur in | |
| öffentlichen Gebäuden und Büros auf 19 Grad herunterzuregeln. Dies geht aus | |
| einem Entwurf für den Notfallplan Gas hervor, den die Brüsseler Behörde am | |
| 20. Juli offiziell vorstellen will. | |
| Mit dem Plan („Save gas for a safe winter“) bereitet sich die EU auf eine | |
| mögliche dauerhafte Unterbrechung der russischen Gaslieferungen durch die | |
| Ostseepipeline Nord Stream 1 vor. [1][Das Leitungssystem wird derzeit | |
| gewartet, normalerweise soll die Pipeline am 21. Juli wieder ans Netz | |
| gehen.] Doch der Betreiber Gazprom hat die Wiederaufnahme infrage gestellt | |
| und auf eine fehlende Gasturbine verwiesen. | |
| Auch in Brüssel wachsen die Zweifel. Es gebe mittlerweile ein „erhebliches | |
| Risiko“, dass Russland in diesem Jahr seine Gaslieferungen nach Europa | |
| stoppe, heißt es in dem Entwurf des Notfallplans, der der taz vorliegt. | |
| Unternehmen, die nicht unbedingt auf Gas angewiesen sind, sollten ihren | |
| Verbrauch deshalb so schnell wie möglich reduzieren. | |
| Auch Haushalte werden dazu aufgerufen, freiwillig weniger zu verbrauchen. | |
| „Jeder kann Gas sparen, jetzt“, schreibt die Brüsseler Behörde. | |
| Vorgeschlagen wird unter anderem, dass öffentliche Gebäude nicht mehr so | |
| stark beheizt werden. Die Kommission empfiehlt eine Obergrenze von 19 Grad. | |
| Wie groß der Einspareffekt wäre, lässt sie offen. | |
| ## Der Entwurf erinnert an Vorschläge aus Berlin | |
| Die öffentliche Hand habe eine Vorbildfunktion, heißt es lediglich. Vage | |
| bleiben auch die Empfehlungen zu der Frage, wo das Gas zuerst abgestellt | |
| wird – in der Industrie oder bei privaten Verbrauchern. Zwar betont die | |
| Kommission, dass Haushalte nach EU-Recht „geschützte Kunden“ sind. Damit | |
| wären sie als Letzte von einer Sperre betroffen. | |
| Im Ernstfall könne man jedoch die Versorgung von Gaskraftwerken für die | |
| Stromversorgung priorisieren und über bestimmte geschützte Verbraucher | |
| stellen, heißt es in dem Entwurf. Ähnliche Überlegungen hatte zuvor schon | |
| Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angestellt. | |
| Auch in anderen Details erinnert der Entwurf aus Brüssel an die Debatte in | |
| Berlin. So folgt er den Vorstellungen der Bundesregierung, Unternehmen | |
| finanzielle Anreize zu bieten, damit diese auf Gasverbrauch verzichten – | |
| etwa über Auktionen. „Marktbasierte Maßnahmen“ und „smarte Priorisierung | |
| für die Industrie“ werden ausdrücklich empfohlen. | |
| Alternativen zum Gas aus Russland sucht man in dem Notfallplan dagegen | |
| vergebens. Zwar stellt die Kommission ihre eigenen Initiativen heraus – | |
| etwa den Versuch, mehr Flüssiggas aus den USA oder aus Katar zu beschaffen. | |
| Doch offenbar reichen diese alternativen Quellen nicht aus. Im Mittelpunkt | |
| steht deshalb die Senkung des Gasverbrauchs. | |
| Außenministerin Annalena Baerbock begrüßte die Pläne. Es sei „sehr, sehr | |
| wichtig und richtig, dass die EU-Kommission hier Vorschläge macht für | |
| unterschiedliche Szenarien“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in | |
| Rostock. „In Zeiten, wo die Unsicherheit größer ist als zu normalen | |
| friedlichen Zeiten, muss man vorbereitet sein.“ Gerade diejenigen Bürger, | |
| die nur sehr wenig haben, müssten unterstützt werden. | |
| Die Europäische Kommission will die 27 EU-Staaten auffordern, ihren | |
| Gasverbrauch deutlich und schnell zu senken und die Heiztemperatur in | |
| öffentlichen Gebäuden und Büros auf 19 Grad herunterzuregeln. | |
| 14 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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