# taz.de -- Berliner Humboldt Forum: Das Prinzip Augenhöhe | |
> Im Humboldt Forum arbeiten sie für die letzte Teileröffnung im Herbst an | |
> einem Boot und an einem Dach. Es geht um das Ende herrschaftlicher | |
> Attitüden. | |
Bild: Bekommt neue Dachschindeln aus Palmblättern: Das Versammlungshaus aus Pa… | |
Im Ausstellungssaal „Bauwerke aus Ozeanien“ duftet es süß nach einer | |
Mischung aus Korb und Heu. Direkt am traditionellen Versammlungshaus aus | |
Palau sitzen drei Männer und nähen mit routinierten Handgriffen Palmblätter | |
zu Dachschindeln zusammen. Anlässlich der letzten Teileröffnung des | |
Humboldt Forums Mitte September decken sie seit diesem Montag gemeinsam mit | |
anderen Kollegen vom Inselstaat im Pazifischen Ozean das Bai, wie es heißt. | |
1907 ließ es der Arzt und Ethnologe Augustin Krämer für das damalige | |
Völkerkundemuseum bauen. | |
Langjährige Fans des Museums werden das Bai vielleicht noch aus Dahlem | |
kennen, wo es bis zu seinem Umzug ins Humboldt Forum beheimatet war. „Die | |
Palmblätter der damaligen Deckung stammten nicht aus Palau. Wir hielten das | |
nicht mehr für zeitgemäß“, berichtet Dorothea Deters, die die | |
Südseeabteilung des Ethnologischen Museums kuratiert. „In Palau gibt es | |
noch vier dieser traditionellen Häuser“, fügt Patrick Tellei aus Palau an. | |
„Es ist uns eine Ehre, dass unser Wissen über den Bau dieser Häuser so | |
gefragt ist“, sagt er. Das Haus wird für die | |
Ausstellungsbesucher*innen begehbar sein. | |
Es ist das Prinzip Augenhöhe, auf das die Macher*innen des Humboldt | |
Forums bei einem Pressetermin am Donnerstagvormittag hinauswollen. Die | |
Dachdecker aus Palau sollen demonstrieren, dass die Museen im Humboldt | |
Forum keine Bühne mehr für koloniale Raubkunst sein möchten, sondern ein | |
Ort des Austauschs, wo Ausstellungen gemeinsam mit Partner*innen aus den | |
Herkunftsländern gedacht und gemacht werden. Dies zu betonen hat das Haus | |
nötig. | |
## Zu lang gehadert | |
Noch zur digitalen Eröffnung im Dezember 2020 hatte man sich auf | |
Ausstellungsstücke wie die Benin-Bronzen gefreut, die eigentlich ab diesem | |
Herbst zu sehen sein sollten. Nun sind [1][ein Großteil dieser berühmten | |
Artefakte, die eindeutig geplündert wurden, auf halbem Weg zurück nach | |
Nigeria]. Viel zu lang hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) mit | |
dem Bruch mit der herrschaftlichen Attitüde gehadert, der gerade in vielen | |
europäischen Museen vollzogen wird. | |
Inzwischen aber scheint man selbst hier erkannt zu haben, dass es nicht nur | |
klüger, sondern auch glücklicher macht, mit der ganzen Welt | |
zusammenzuarbeiten. Das wird am Donnerstagvormittag auch in einem anderen | |
Ausstellungsraum deutlich, in dem bislang nur das [2][Luf-Boot zu sehen | |
war, bei dem nicht geklärt ist, ob es gekauft oder angeeignet wurde.] | |
Direkt daneben haben nun die Bootsbauer Joji Marau Misaele und Rogovosa | |
Biuwale aus Fidschi ein wunderschönes Doppelrumpf-Segelboot gebaut, eine | |
Drua, die ab September von Kindern beklettert werden darf. Eigentlich ist | |
es viel, viel schöner als das Luf-Boot. | |
4 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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