# taz.de -- „Women in Exile“ wird 20 Jahre alt.: Geflüchtete Frauen und ih… | |
> Ihr 20-jähriges Bestehen feiern Women in Exile mit einer Konferenz. | |
> Einige Ziele seien erreicht, neue Probleme kamen dazu. | |
Bild: Seit 20 Jahren gegen Rassismus, Patriarchat und Abschiebungen: Die Gruppe… | |
Berlin taz | Am Anfang waren sie nur zu zweit oder zu dritt. So erinnert | |
sich Florence Sissako von Women in Exile & Friends. „Ich bin damals selbst | |
als Asylsuchende nach Deutschland gekommen und habe mich schnell politisch | |
engagiert“, sagt sie. „Das Leben im Heim, bei gleichzeitigem Arbeitsverbot | |
und vor dem Hintergrund drohender Abschiebungen, hat Anfang der 2000er bei | |
uns zu einer Selbstorganisation geführt.“ Denn während sich die entstehende | |
Bewegung der Geflüchteten auf große Themen wie die Abschaffung der | |
Residenzpflicht konzentrierte, seien die spezifischen Belange weiblicher | |
Geflüchteter teils auf der Strecke geblieben. Als Antwort darauf entstand | |
die Gruppe Women in Exile, die dieses Wochenende ihr zwanzigjähriges | |
Bestehen feiert. | |
Anfangs habe man sich gegenseitig erst einmal helfen müssen, um überhaupt | |
die materiellen Möglichkeiten für politischen Aktivismus zu schaffen. „Wir | |
wurden von unseren Problemen erdrückt,“ erklärt Sissako, die inzwischen in | |
den USA lebt. Doch seitdem hat Women in Exile viel erreicht. [1][Die | |
Aktivist:innen organisieren seit vielen Jahren Bustouren auch zu | |
abgelegenen Flüchtlingsunterkünften und durch Städte in ganz Deutschland.] | |
Dabei machen sie einerseits auf die Missstände in den Unterkünften für | |
Geflüchtete aufmerksam und wollen sich andererseits untereinander | |
vernetzen. Bei diesen Veranstaltungen spart die Gruppe nicht mit Kritik an | |
den teils abgelegenen Heimen und den dortigen Zuständen. Um auf ihre | |
Situation aufmerksam zu machen, haben sich die Frauen auch international | |
vernetzt. | |
So treffen sich an diesem Wochenende Frauen aus aller Welt zur | |
Jubiläumskonferenz in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung direkt am | |
Ostbahnhof. [2][In den nächsten Tagen wird es dort Workshops, Talks und | |
gemeinsames Essen geben, bei denen internationale Gäste über ihre Projekte | |
berichten.] Karolina Lopez von der Organisation Mariposas Sin Fronteras, zu | |
Deutsch Schmetterlinge ohne Grenzen, kümmert sich etwa um queere und trans* | |
Geflüchtete, die aus Mexiko in den US-Bundesstaat Arizona geflüchtet sind | |
und dort auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten. | |
## Teilnehmer konnten nicht einreisen | |
Doch auch bei der Konferenz legte die deutsche Bürokratie der Gruppe Steine | |
in den Weg. So konnte mindestens eine Teilnehmerin nicht einreisen, weil | |
ihr von deutscher Seite kein Visum ausgestellt worden ist, beklagt die | |
Moderatorin Llanquiray Painemal bei der Vorstellung des Programms am | |
Donnerstag. | |
„Ich bin sehr beeindruckt, was aus Women in Exile geworden ist“, sagt | |
Sissako stolz, „doch die globale Situation verschlechtert sich.“ Jeder | |
Fortschritt erscheint den Anwesenden hart erkämpft und trotzdem weiterhin | |
gefährdet. Obwohl die Residenzpflicht abgeschafft wurde, würde man an jedem | |
Bahnhof in Deutschland kontrolliert. Die Forderung der Gruppe nach dem | |
Recht, „zu kommen, zu gehen und zu bleiben“, sei noch lange nicht erfüllt. | |
[3][Währenddessen werden – auch durch die Klimakrise – neue Fluchtursachen | |
geschaffen.] Deren Anerkennung ist das zentrale Anliegen vieler der | |
Anwesenden. Doch wenn es Women in Exile nicht gegeben hätte, sähe die Lage | |
noch schlimmer aus, ist sich Painemal sicher. Der gemeinsame Kampf gegen | |
Abschiebungen, Rassismus und Patriarchat hat die Frauen zueinander | |
gebracht. Das wollen sie an diesem Wochenende trotz aller Widerstände auch | |
feiern. | |
5 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Initiative-gefluechteter-Frauen/!5781872 | |
[2] https://www.women-in-exile.net/category/conference/ | |
[3] /UN-Experte-ueber-Klima-als-Fluchtgrund/!5661107 | |
## AUTOREN | |
Friedemann Melcher | |
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