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# taz.de -- Diversität in Australien: Frischer Wind in Canberra
> Mehr Frauen, mehr Migrantinnen, mehr Geflüchtete: Wie divers die
> australische Gesellschaft ist, zeigt sich endlich auch im Parlament.
Bild: Eine der frisch gewählten Abgeordneten: Fatima Payman im Parlament in Ca…
Canberra taz | Wenn das neu gewählte australische Parlament am Dienstag
erstmals zusammentritt, zeigt sich ein ungewohnt diverses Bild. Das liegt
an Menschen wie Dai Le. Ihren Sieg bei den [1][Parlamentswahlen] feierte
die 54-Jährige noch vor ein paar Wochen im Vorort Cabramatta in Sydney –
ein Stadtteil, der mehr an Saigon erinnert als an die für das Opernhaus und
Hafenbrücke bekannte australische Großstadt. Begleitet vom Duft
vietnamesischer Nudelsuppen und einem Team des australischen Fernsehens,
schritt die Neu-Parlamentarierin durch Gruppen entzückter Wählerinnen und
Wähler. Die Freude der Bevölkerung war spürbar: Eine von ihnen hatte es in
eines der höchsten Ämter des Landes geschafft.
Dai Le hat einen langen Weg hinter sich: 1975 trieb sie als Mädchen in
einem kaum seetüchtigen Fischerboot in Richtung Philippinen. Gemeinsam mit
ihrer Mutter und den beiden Schwestern floh sie aus der von Krieg
zerstörten Heimat Vietnam. 47 Jahre später wird sie für den Bezirk
Cabramatta ins australische Parlament in Canberra gewählt.
Sie habe es kaum glauben können, als sie den Wahlausgang am Bildschirm
mitverfolgte. Dann habe sie sich an damals erinnert, an die Zeit im Boot.
„Wir hatten dauernd Angst zu sterben“, erzählte sie jüngst im
Fernsehinterview. Vier Jahre verbrachte die Familie in einem
Flüchtlingslager, bevor sie nach Australien kam. In ihrer neuen Heimat
wurde Dai Le Journalistin, später ging sie in die Politik. Im Mai besiegte
die Frau schließlich eine der bekanntesten Politikerinnen des Landes.
Dai Le ist nicht die einzige Neu-Parlamentarierin mit Fluchterfahrung.
Fatima Payman ist die erst 27-jährige Tochter eines afghanischen
Asylsuchenden. Sie wird im Parlament den Hidschab tragen, das muslimische
Kopftuch. Ins Parlament geschafft hat es auch Sam Lim: Er kam nicht als
Flüchtling ins Land, sondern ist aus Malaysia eingewandert. Dort war er
Delfintrainer, in Australien wurde er Polizist.
## Trendwende in australischer Politik
Die drei Politiker asiatischer Abstammung seien Beispiele für einen Trend
in Australien, sagt die Politologin Sonia Palmieri von der
Nationaluniversität ANU. „Diese Vielfalt der neuen Abgeordneten ist
vorwiegend das Resultat der Bemühungen der Parteien, ethnisch diverse
Kandidatinnen und Kandidaten zu präsentieren, die repräsentativ sind für
die Gemeinden, aus denen sie stammen“.
Zwar gab es im australischen Parlament immer wieder Abgeordnete mit einem
anderen ethnischen Hintergrund und auch Asiatinnen wurden ab und zu
gewählt. Penny Wong ist das prominenteste Beispiel: Die gebürtige
Malaysierin ist seit Mai australische Außenministerin.
Trotzdem waren die beiden Häuser des australischen Parlaments bisher
dominiert von weißen Abgeordneten mit angelsächsischem oder europäischem
Hintergrund. Die meisten waren relativ wohlhabend und in der Regel
männlich. Und das, obwohl sich die australische Gesellschaft seit 1966
deutlich verändert hat.
Damals schaffte Australien offiziell die rassistische Politik des „White
Australia“ ab, nach der praktisch nur Europäer einwandern konnten. Heute
sind 30 Prozent der Bevölkerung in einem anderen Land geboren als
Australien. Zehn Prozent sind Asiaten. Viele von ihnen kamen als
Flüchtlinge, die meisten als Einwanderer.
## Mehr Frauen in der Politik
Auch Frauen seien bisher im Parlament unterrepräsentiert gewesen, erklärt
Politologin Palmieri: „Nach vielen Jahren des Rückgangs ist die Zahl der
Frauen in der Politik steigend.“ In dieser Legislaturperiode werden 38
Prozent der Abgeordneten im Unterhaus weiblich sein. Im Senat, dem
Oberhaus, sind sogar 57 Prozent der Abgeordneten Frauen.
Auch die ethnische und politische Herkunft der Politikerinnen ist
vielseitiger. Gleich drei junge Aborigine-Frauen schafften es nach
Canberra. Auch mehrere parteiunabhängige Frauen sitzen künftig im
Parlament. Sie haben ein Ziel: Nach Jahren des Nichtstuns durch die im Mai
[2][abgewählte konservative Koalitionsregierung] müsse Australien endlich
[3][seinen Beitrag zum globalen Klimaschutz] leisten.
Diese Frauen – unter ihnen die vietnamesischstämmige Dai Le – wurden dank
der Unterstützung in ihren Wohnbezirken gewählt. Sie repräsentieren somit
nicht wie sonst primär eine Partei, sondern vor allem die Bevölkerung.
26 Jul 2022
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Australien/!5856131
[2] /Nach-den-Wahlen-in-Australien/!5856158
[3] /Australien-will-CO2-Emissionen-reduzieren/!5861648
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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Australien
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Schwerpunkt Klimawandel
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