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# taz.de -- Schäden durch Extremwetter in Australien: Versicherung? Unbezahlbar
> In Australien verursachen extreme Unwetter regelmäßig Schäden an privaten
> Wohnhäusern. Versicherer reagieren mit massiven Prämienerhöhungen.
Bild: Verwüstete Häuser in Lismore im Osten Australiens nach der Flut
Sydney taz | In der lieblichen australischen Kleinstadt Lismore
bewahrheiteten sich die Prognosen der Klimaexperten im Februar 2022. Mit
nicht zu bändigender Wucht donnerte nach tagelangen, [1][ungewöhnlich
starken Regenfällen] das Wasser durch das Zentrum. Wo vorher Autos fuhren,
wurden Schiffe, Boote und Surfbretter zu den einzigen Transportmitteln.
Bewohnerinnen und Bewohner waren schockiert. „Ich und meine Familie leben
nun schon seit 30 Jahren hier“, sagte eine Frau in das von Dauerregen
durchnässte Mikrofon eines Fernsehreporters. „Aber so etwas habe ich noch
nie gesehen.“ Andere konnten ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie das
Ausmaß der Zerstörung sahen. Von antiken Motorrädern, Fotoalben bis zu
Briefen des Großvaters aus dem Krieg – viele Familien verloren nicht nur
ihr Haus. Auch ihre Geschichte wurde ein Opfer der Fluten.
Fünf Monate später tönt die Behauptung des damaligen konservativen
Premierministers Scott Morrison, es handle sich um eine „einmal in 500
Jahren stattfindende Katastrophe“, wie Hohn in den Ohren von unzähligen
weiteren Betroffenen. Anfang Juli sind Teile der Großstadt Sydney
überschwemmt, Tausende von Menschen müssen evakuiert werden, die
Rettungsdienste sind einmal mehr überfordert.
Derweil dauern weiter nördlich in Lismore die Aufräumarbeiten an. Das
Ergebnis der Katastrophe ist beängstigend: Viele Häuser bleiben
unbewohnbar. Dicker Schlamm in der Küche, stinkende Wasserlöcher im Garten,
Ratten in der Vorratskammer. Zahlreiche Gebäude müssen abgerissen werden.
Ob sie jemals wieder aufgebaut werden, ist fraglich. Denn sie zu
versichern, dürfte schon bald nicht mehr möglich sein. Das sagt die
Versicherungsexpertin Amanda Chalmers im Gespräch mit der taz: „Eines von
25 Häusern in Australien wird ab 2030 nicht mehr versicherbar sein. Die
Prämien werden so hoch sein, dass eine Versicherung kaum noch zu bezahlen
ist.“
## Zu riskant für die Versicherer
Chalmers zitiert Zahlen der wissenschaftlichen Nichtregierungsorganisation
Climate Council of Australia, die sich auf die Folgen der Klimaveränderung
spezialisiert. Danach sind bereits rund 530.000 Immobilien von den
Versicherern in die Kategorie „hochriskant“ eingestuft. Laut den Fachleuten
würden die jährlichen durchschnittlichen Schadenskosten als Folge
klimabedingter extremer Wetterereignisse wie Überflutungen, Waldbrände oder
Wirbelstürme die Objekte bis 2030 praktisch unversicherbar machen.
Doch das sei erst der Anfang: Fast zehn Prozent der Immobilien in
Australien erreichten bereits die Einstufung „mittleres Risiko“. Ganze
Bezirke an den Küsten, in von Hochwasser gefährdeten Regionen und in
bewaldeten Gegenden werden von den Versicherungen als zukünftiges
Katastrophengebiet klassifiziert.
Die Expertin Amanda Chalmers warnt vor enormen Prämienerhöhungen: „Ich habe
jüngst einen Kostenvoranschlag für ein Haus machen müssen, in einer Gegend,
wo es zu Wirbelstürmen kommen könnte. Diese Familie bezahlte bereits 6.000
Euro pro Jahr für ihre Haus- und Hausratversicherung.“ Doch statt mit einer
besseren Prämie aufzuwarten, „verlangten die Versicherungen nun 13.000 Euro
pro Jahr“.
Das ist für die meisten australischen Haushalte unbezahlbar. Die Krise, die
damit auf viele Hauseigentümerinnen und -eigentümer zukommt, ist nur eine
von vielen im Zusammenhang mit der eskalierenden Klimakrise, die
Expertinnen und Experten zufolge in Australien bereits besonders schwere
Folgen hat. Auch die öffentliche Infrastruktur leidet: von Fluten
weggespülte Straßen, von Bränden und Wirbelstürmen beschädigte Brücken, zu
Kohle gewordene Wälder. Fachleute gehen von Schäden in Milliardenhöhe aus,
die in naher Zukunft durch die öffentliche Hand gedeckt werden müssten.
## Nichtstun beim Klimaschutz
Die im Mai abgewählte konservative Regierung von Scott Morrison hatte sich
jahrelang kaum um das Problem gekümmert. Dominiert von Klimaskeptikern,
suchte sie Ausreden fürs Nichtstun beim Klimaschutz. Experten sehen die
Behauptung Morrisons, bei den Katastrophen handele es sich um Ausnahmen,
als Affront gegen wissenschaftliche Forschung und Fakten. Überschwemmungen
und Brände würden bald zu einem jährlichen Anlass, wenn die Welt die
Temperaturen nicht stabilisiere, warnt der Climate Council.
[2][Die neue sozialdemokratische Regierung unter Premierminister Anthony
Albanese will Klimaschutz nun ernster nehmen]. Kaum im Amt, [3][erhöhte sie
das Emissionsreduktionsziel des Landes] für 2030 von bisher 26 bis 28
Prozent auf nun 43 Prozent gegenüber den Emissionen von 2005. Konkrete
Maßnahmen sollen folgen. Doch ob die Regierung auch bereit sein wird, die
Kosten für die Versicherung der gefährdeten Privathäuser zu übernehmen,
wird sich erst zeigen müssen. Expertinnen wie Amanda Chalmer glauben, dies
sei langfristig wohl der einzige Weg, um Bürgerinnen und Bürger im Fall
einer Katastrophe auch vor dem finanziellen Untergang zu schützen.
20 Jul 2022
## LINKS
[1] /Ueberschwemmungen-in-Australien/!5838874
[2] /Umweltzerstoerung-in-Australien/!5869176
[3] /Australien-will-CO2-Emissionen-reduzieren/!5861648
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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