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# taz.de -- Überschwemmungen in Australien: Wenn Regenbomben normal werden
> Die größte Stadt Australiens steht vor einer Flutkatastrophe. Experten
> warnen, dass derartige Extreme zu einer konstanten Gefahr werden könnten.
Bild: Im australischen Bundesstaat New South Wales bringen sich Menschen vor de…
Sydney taz | Die Überschwemmungskatastrophe, die seit vergangener Woche
weite Teile der australischen Bundesstaaten Queensland und New South Wales
heimsucht, breitet sich weiter aus. Jetzt droht auch der mit 5,3 Millionen
Einwohnern größten Stadt Australiens buchstäblich der Untergang: Sydney
dürfte in den kommenden Tagen von einer „Wand aus Wasser“ überrollt werde…
wie ein Meteorologe es ausdrückte.
Die Stadt und das Gebiet südlich der Metropole müssten sich auf
Überschwemmungen gefasst machen, wie sie in den vergangenen Tagen nördlich
liegenden Städte wie Ipswich, Lismore und Ballina durchgemacht hatten. Dort
sind weiterhin Hunderte von Häusern bis zum Dach überflutet. Straßen können
nur in Booten befahren werden. Die Landwirtin und Grünen-Kandidatin Sue
Higginson berichtete auf Twitter aus Lismore: „Leute stehen auf ihren
Dächern oder haben im Dachboden Zuflucht gesucht. Einige schreien um ihr
Leben, während das Wasser weiter steigt.“ Der stellvertretende
Ministerpräsident von New South Wales, Paul Toole, sprach am Mittwoch von
einem „katastrophalen Ereignis“. Die Regierungschefin von Queensland,
Annastacia Palaszcuk, nannte die Situation „unbeschreiblich“. Viele
Menschen seien obdachlos, weinten und wüssten nicht, wie es weitergehen
solle.
Eine sogenannte Regenbombe – tagelang anhaltender, intensiver Regenfall –
sei die Folge einer Kombination mehrerer klimatischer Faktoren, erklärt der
Meteorologe Ben Domensino. Ein Tiefdruckgebiet liefere die Feuchtigkeit,
während gleichzeitig höher in der Atmosphäre kältere Luft zu Instabilität
führe. Das habe zur Folge, dass Feuchtigkeit in die Atmosphäre
hochgetrieben werde, um danach als Starkregen auf die Erde zu fallen. Am
Mittwoch warnte der Wetterdienst in Queensland zudem vor „gigantischem
Hagel“ und möglicherweise zerstörerischen Windböen.
Während Rettungskräfte versuchen, Menschenleben und Tiere in Sicherheit zu
bringen, streiten Politiker und ExpertInnen über die Ursachen des
Extremregens. Wie Dominic Perottet, der konservative Premier des
Bundesstaates New South Wales, erklärte, handle es sich bei den
Überflutungen um ein Ereignis, das „einmal in 1.000 Jahren“ stattfinde.
Professorin Lesley Hughes von der unabhängigen Expertengruppe Climate
Council dagegen warnte, solche Katastrophen würden bald zur Norm, wenn es
nicht gelinge, die globale Klimaerhitzung unter Kontrolle zu bringen.
## Klimaforscher warnen seit Langem
Weitere Akademiker bestätigten diese Woche, dass die Veränderung des
globalen Klimas mit für die eskalierende Wettersituation verantwortlich
sei. Mitglieder der konservativen Regierung von Premierminister Scott
Morrison verurteilten solche Äußerungen postwendend als „unangebracht“, zu
einem Zeitpunkt, an dem „noch immer Menschen aus den Fluten gerettet werden
müssen“. Die für Katastrophenhilfe zuständige Ministerin Bridget McKenzie
sagte, „niemand hätte die Situation voraussehen können“. Dabei warnen
Klimaforscher schon seit Jahren vor einer Intensivierung von Wetterextremen
wie Überschwemmungen, Dürre und Waldbränden.
Genau dieses Szenarium wurde diese Woche im [1][neusten Bericht des
Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaveränderungen (IPCC)] bestätigt.
In einem Kapitel über die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels auf
die australisch-asiatische Region warnt der IPCC vor „kaskadenartigen, sich
verstärkenden und kumulativen Auswirkungen auf Städte, Siedlungen,
Infrastruktur, Versorgungsketten und Dienstleistungen aufgrund von
Waldbränden, Überschwemmungen, Dürren, Hitzewellen, Stürmen und dem Anstieg
des Meeresspiegels“. Sowohl in Australien als auch in Neuseeland werde mit
einer Zunahme von Wetterextremen gerechnet, die zu intensiveren
Buschbränden, Dürren und Überschwemmungen führen und „eine konstante Gefa…
für Menschen und Ökosysteme“ würden.
Im Süden und Osten Australiens sowie im Norden und Osten Neuseelands werde
„mit extremerem Feuerwetter gerechnet. Die Intensität der Niederschläge
wird voraussichtlich zunehmen, und im Süden und Osten Australiens sowie im
Norden Neuseelands wird es häufiger zu Dürreperioden kommen“, heißt es in
dem Bericht. Die Forscher warnen, der Anstieg des Meeresspiegels könne die
Ökologie und menschliche Behausung in niedrig gelegenen Küstengebieten
zerstören. Aufgrund von Hitzewellen werde die Sterblichkeitsrate von
Menschen und Wildtieren in ganz Australien zunehmen.
## Neun spezifische Risiken für Australien
Vor zwei Jahren tobten entlang der australischen Ostküste [2][die
schwersten Waldbrände der Geschichte]. Hunderttausende von Hek-tar Wald
standen zeitweise in Flammen. 34 Menschen kamen in den Feuern um. Hunderte
weitere starben an den Folgen von Rauchvergiftung. Mindestens drei
Milliarden Säugetiere, Vögel und Reptilien kamen um. Trotz solch deutlicher
Anzeichen von Klimaveränderung weigert sich die australische Regierung,
ernsthafte Anstrengungen zum Klimaschutz zu unternehmen, wie Kritiker
sagen. So plant Canberra eine im internationalen Vergleich minimale
Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 von zwischen 26 und 28 Prozent im
Vergleich zu 2005 und strebt Klimaneutralität erst bis 2050 an.
Gleichzeitig hält die Regierung Morrison strikt am Gebrauch und der
Förderung fossiler Brennstoffe fest. Australien ist einer der führenden
Exporteure klimaschädigender Kohle.
Der IPCC-Bericht nennt neun spezifische Risiken für die
australisch-pazifische Region, darunter der Verlust und [3][die Zerstörung
der australischen Korallenriffe], der Verlust der biologischen Vielfalt und
der Baumbestände in alpinen Gebieten sowie der Verlust der ökologisch
wichtigen Unterwasser-Kelpwälder in Südaustralien. Grosse Riffsysteme wie
das Great Barrier Reef stehen als Folge höherer Wassertemperaturen bereits
unter starkem ökologischem Stress. „Auf vielen kleinen Inseln, insbesondere
im Pazifik und im Indischen Ozean, wurden schwere Korallenbleiche und ein
Rückgang des Korallenbestands beobachtet“, heißt es in dem Bericht. „Bei
einer Erwärmung um mehr als 1,5 Grad wird weltweit mit einem weiteren
Verlust von 70-90 Prozent der riffbildenden Korallen gerechnet, wobei 99
Prozent der Korallen bei einer Erwärmung um 2 Grad oder mehr gegenüber dem
vorindustriellen Zeitraum verloren gehen“, so die Forscher.
2 Mar 2022
## LINKS
[1] /Neuer-Klimabericht/!5837958
[2] /Feuerkatastrophe-in-Australien/!5666744
[3] /Eine-Milliarde-fuer-Great-Barrier-Reef/!5832355
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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