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# taz.de -- Coronapandemie in Australien: Premier ermächtigte sich selbst
> Als Scott Morrison in der Coranapandemie Regierungschef war, sicherte er
> sich heimlich die Kontrolle über Ministerien. Er gibt das zu und erklärt
> sich.
Bild: Scott Morrison in Sydney
Canberra ap | Der konservative australische Ex-Premierminister Scott
Morrison hat im ersten Jahr der Coronapandemie heimlich politische
Befugnisse an sich gezogen. Sein sozialdemokratischer Nachfolger
[1][Anthony Albanese] sagte am Dienstag, Morrison habe zwischen März 2020
und Mai 2021 unter anderem die Kontrolle über die Kabinettsposten für
Gesundheit, Finanzen, Inneres und Industrie übernommen, ohne die meisten
Volksvertreter oder die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis zu setzen.
Über die Vorgänge hatte am vergangenen Wochenende zuerst das
US-Medienunternehmen News Corp. des ursprünglich australischen
Medientycoons Rupert Muroch berichtet.
Albanese sagte, es sei völlig ungewöhnlich, dass Morrison sein Vorgehen
nicht öffentlich bekannt gemacht habe. „Das war Regierungsführung durch
Täuschung“, sagte Albanese. Damit habe Morrison die „Demokratie in die
Tonne getreten“. Nicht nur sein Vorgänger, auch alle anderen Beteiligten
müssten zur Verantwortung gezogen werden. Er lasse die Rechtmäßigkeit
einiger Schritte Morrisons von der Generalstaatsanwaltschaft prüfen,
darunter zu einem umstrittenen Gasprojekt.
Morrison verteidigte sich in einem Interview des in Sydney ansässigen
Radiosenders 2GB. Die zusätzlichen Befugnisse habe er damals als
[2][Sicherheitsmaßnahme gegen die Coronapandemie] übernommen, sagte er. Er
hätte dies öffentlich gemacht, wenn er von den Vollmachten hätte Gebrauch
machen müssen.
## Morrison: „Es war eine ungewöhnliche Zeit“
„Manchmal vergessen wir, was vor zwei Jahren passierte und die Situation,
mit der wir es zu tun hatten. Es war eine ungewöhnliche Zeit und eine
beispiellose Zeit.“
Auf Facebook räumte er ein, seine zusätzlichen Vollmachten einmal genutzt
zu haben, als er eine Genehmigung seines Ministers Keith Pitt für ein
Gasprojekt vor der Küste von New South Wales kippte. „Ich glaube, ich habe
im nationalen Interesse die richtige Entscheidung getroffen“, erklärte
Morrison.
Pitt sagte, er habe nicht gewusst, dass Morrison die Aufsicht über sein
Ministerium an sich gezogen habe, und stehe weiter zu seiner Genehmigung.
Morrisons frühere Innenministerin Karen Andrews forderte den Rücktritt
Morrisons, der immer noch im Parlament sitzt. Er habe ihr als Premier nie
mitgeteilt, dass er eine Kontrolle über ihr Ressort habe.
## Ex-Ministerin spricht von „Verrat am Volk“
„Das australische Volk wurde im Stich gelassen, es wurde verraten“, sagte
sie. „Es ist absolut inakzeptabel, dass sich ein ehemaliger Premierminister
so verhalten hat, dass er heimlich auf andere Ressorts vereidigt wurde.“
Damit habe er das System der parlamentarischen Kontrolle der Regierung
untergraben.
Morrisons Vorgehen brachte auch Verfassungsjuristen ins Grübeln. Es sei
zwar vernünftig, dass Morrison möglicherweise eine zweite Person zur
Übernahme der Amtsgeschäfte bereit haben wollte, falls der verantwortliche
Minister ausgefallen wäre, sagte die Verfassungsrechtlerin Anne Twomey.
Doch hätte sein Schritt im Amtsblatt veröffentlicht werden sollen. „So
etwas im Geheimen zu tun ist sehr, sehr merkwürdig“, sagte sie dem Sender
ABC.
16 Aug 2022
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