# taz.de -- Australien ohne die Queen: „Ich kann es kaum glauben“ | |
> Australien trauert um sein Staatsoberhaupt Elizabeth II. Durch ihren Tod | |
> könnten die Befürworter einer Abkehr von der Krone neuen Auftrieb | |
> bekommen. | |
Bild: Sydney am Freitag: Gedenken an Queen Elizabeth II | |
CANBERRA taz | Die Frau in einem Heimwerkerladen südlich von Sydney hat | |
Tränen in den Augen. Leicht zitternd bedient sie die Kasse. „Ich kann es | |
kaum glauben“, sagt sie zum Kunden. „Die Queen ist nicht mehr da. Einfach | |
weg.“ | |
[1][Die Nachricht vom Tod von Königin Elizabeth II.] erreichte die meisten | |
Australier*innen wegen der Zeitverschiebung beim Frühstück. | |
Schwarzgekleidete Fernsehmoderator*innen, ununterbrochene | |
Direktübertragungen aus London und australische Politiker teilten | |
Erlebnisse mit ihrer Majestät: „Sie war sehr amüsant“, erinnerte sich | |
Ex-Premier Kevin Rudd. Vor öffentlichen Gebäuden, aber auch vor | |
Privathäusern hängen down under Flaggen auf Halbmast. | |
Freitagabend wurden in der Hauptstadt Canberra 96 Salutschüsse abgefeuert, | |
einer pro Lebensjahr der Queen. Die nächsten zwei Wochen sind offiziell | |
Trauerzeit. Das Parlament sagte seine Sitzungen ab. Premier Anthony | |
Albanese fliegt in den nächsten Tagen nach London und will erste Gespräche | |
mit Australiens neuem Staatsoberhaupt König Charles III. führen. | |
Der konservative Ex-Premier John Howard erklärte, eines der größten | |
Anliegen der Queen sei „das Wohlergehen und den Fortbestand des | |
Commonwealth zu garantieren“ gewesen. Die Monarchin hatte viele der heute | |
noch 56 Länder besucht, die zum Commonwealth of Nations gehören. In 14 | |
Ländern war sie jenseits von Großbritannien das nominelle Staatsoberhaupt. | |
## Queen war angesehener als typische Politiker | |
Beobachter hatten in den letzten Jahren erklärt, ihr Tod würde auch das | |
Ende des Commonwealths sein, falls sich noch mehr Länder von der Krone | |
abwenden und zur Republik werden. In Australien, einem der wichtigsten | |
Commonwealth-Staaten, war es 1999 fast so weit. Doch in einem Referendum | |
scheiterte die Republik. | |
Der Grund war weniger, dass die Menschen die Monarchie unbedingt | |
beibehalten wollten. Viele fürchteten vielmehr künftig typische Politiker | |
als Präsidenten zu bekommen. Die Königin dagegen galt als Garantin für | |
Stabilität, Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit. | |
„Weshalb etwas ändern, wenn es funktioniert?“, so die rhetorische Frage der | |
Monarchisten. Seit dem Nein hatte unter Republikanern das ungeschriebene | |
Gesetz gegolten, bis zum Tod der Königin keinen neuen Anlauf zu starten. | |
Das könnte sich nun unter [2][Charles III. ändern]. Kaum war der Tod der | |
Monarchin bekannt, forderte Australiens Grünen-Chef Adam Bandt per Twitter: | |
„Wir müssen eine Republik werden.“ | |
## Australischen Klimaleugnern ist Charles ein Dorn im Auge | |
Diese Forderung so schnell nach dem Tod der Queen nannten Kommentatoren | |
zwar „respektlos“. Doch lässt seine Aussage vermuten, dass Australiens | |
Republikdebatte eher früher als später aufleben wird. | |
Ein zweites Referendum zur Republikfrage könnte dann mit einem Ja enden. | |
Doch nicht etwa, weil sich das Land seit 1999 von der Monarchie abgewendet | |
hätte. Im Gegenteil: Australien wurde seither jahrelang von monarchietreuen | |
konservativen Regierungen geführt. | |
Vielmehr könnte die Republikbewegung davon profitieren, dass König Charles | |
III. als Prinz nicht dieselbe Beliebtheit genoss wie seine Mutter. Es gab | |
sogar Forderungen, die Krone solle ihn überspringen und direkt an seinen | |
Sohn William gehen. | |
Die Kritik an Charles kommt dabei aus unerwarteter Richtung. Nur Stunden | |
nach dem Tod der Queen warnte Ex-Außenminister Alexander Downer den neuen | |
König, er solle als Monarch „nicht mehr so politisch sein“ wie während | |
seiner Zeit als Thronfolger. Die australische Kohlelobby lehnt Charles’ | |
bisheriges Engagement in Umweltfragen ab. | |
## Auch Neuseeland trauert | |
Auch in Neuseeland reagierten die Menschen mit Bestürzung auf den Tod von | |
Königin Elizabeth II. [3][Premierministerin Jacinda Ardern] meinte, sie | |
habe die Nachricht mit großer Trauer aufgenommen, verspüre aber eine tiefe | |
Dankbarkeit der Monarchin gegenüber. „Hier ist eine Frau, die ihr Leben | |
ganz und gar für den Dienst an andere hingab“. | |
Ardern ordnete an, Flaggen auf Halbmast zu setzen. In Neuseeland hatte es | |
im Verlauf der Jahre immer wieder Proteste gegen die Monarchie gegeben – | |
allem voran von Seite der ersten Bewohner, der Maori. 1981 wurde die | |
Königin auf der Südinsel sogar Ziel eines versuchten Mordanschlags. 1986 | |
wurde ihr Auto mit Eiern beworfen. | |
Während Stimmen immer wieder fordern, Neuseeland solle eine Republik | |
werden, gab es unter der Regentschaft von Königin Elizabeth II. keine | |
ernsthaften Bemühungen für eine Trennung von der Krone. | |
9 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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