Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kunst der Woche: Hartnäckig gluckernd
> Freibadsaison heißt im Humboldthain Tropez-Saison: Das Kunstprojekt
> erzeugt auf seinem Gelände ein unterschwelliges Unbehagen. Dazu einen
> Frozen Rosé!
Bild: Installationsansicht Isa Melsheimer, Wardscher Kasten, bei Tropez
Sie kommen jetzt, die sehr heißen Tage, an denen man jede freie Zeit in der
Nähe eines kühlenden Gewässers verbringt. Auf der weitläufigen Grünanlage
des [1][Sommerbads Humoldthain] kann man dann etwa wunderbar unter einem
der vielen Bäume abhängend die Hitze überbrücken. Wassergeplantsche im
Hintergrund, dazu ein Frozen Rosé im Schatten – entspannend.
Würde nicht in hartnäckiger Wiederholung ein Gluckern die Geräuschkulisse
in Unordnung bringen. Abwasserrohre hinterm Gebüsch erzeugen diesen
ungemütlichen Sound. Ana Alenso hat dort die Elemente einer sonst unter
Erde und Asphalt verborgenen Infrastruktur hervorgeholt.
Häufig fragt die Künstlerin in ihren Installationen nach unserem
ambivalenten Verhältnis zur Natur und zu ihren Ressourcen, wie hier zum
Wasser: Einerseits sind wir von ihm abhängig, andererseits riskieren wir
seinen Verlust. [2][Noch sechs weitere Kunstinstallationen sind auf dem
Gelände verteilt], denn Freibadsaison heißt seit einigen Jahren im
Humboldthain auch Tropez-Saison.
Und in diesem Sommer bringt das Kunstprojekt Tropez ein unterschwelliges
Unbehagen, was wohl in diesen Tagen einem Grundgefühl entspricht. Die
Performance- und Installationskünstlerin Lungiswa Gqunta zeigt auf einem
Flachbildschirm die Nahaufnahme hin und her schwingender Unterschenkel. Die
Füße sind mit Scheuerbürsten bekleidet, anstelle von Borsten enden sie mit
Streichhölzern. In Zeitlupe gleiten sie über einen Kieselsteinboden,
könnten sich jeden Moment entzünden.
Kurz vor der Kioskausgabe, wo es manchmal besagten Frozen Rosé gibt, hängen
Nadim Vardags abstrakte Serpentinen in einer Vitrine. Das schlingt und
windet sich in feinsten Strichen geradezu unheimlich auf dieser
Kaltnadelradierung.
Und Isa Melsheimer lässt in einem Wardschen Kasten, mit dem man einst
Gewächse aus Überseegebieten auf Schiffen nach Europa transportierte,
Lebensmittel ihr Eigenleben entwickeln.
Ein morgendliches Croissant mit Beerengarnitur, die nachmittäglichen
Pommes mit Mayonaise, die selbstverständlichen Snacks unserer Sommertage
mutieren in den Glaskästen zu etwas nicht ganz Kontrollierbarem.
16 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.berlinerbaeder.de/baeder/sommerbad-humboldthain/
[2] https://tropeztropez.de/
## AUTOREN
Sophie Jung
## TAGS
taz Plan
Galerie
Freibad
zeitgenössische Kunst
Documenta
Architektur
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ukrainische Kunst vor dem Krieg schützen: Fluxus, Spiritus und Ballaballa
Ein Teil vom wilden Kosmos des 2007 verstorbenen ukrainischen Künstlers
Fedir Tetyanych ist nun im CCA zu sehen. Auch, um seinen Nachlass zu
schützen.
Antisemitismus bei der Documenta: Schweinerei auf Bildern
Ein Gemälde wird in Kassel wegen antisemitischer Motive abgebaut.
Kritiker sind entsetzt darüber, dass es das Werk überhaupt auf die Schau
schaffte.
Luft als Baustoff: Ein Hauch von Umsturz
Der Architekt Hans-Walter Müller erfindet aufblasbare Gebäude und rüttelt
damit an Gesetzen von Architektur und Besitz. Ein Buch stellt ihn nun vor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.