# taz.de -- Wiederaufbauplan für die Ukraine: Die Rechnung zahlt der Westen | |
> Putin zerstört die Ukraine, doch am Wiederaufbau wird sich Russland nicht | |
> beteiligen. Das ist zwar ungerecht, aber aus mehreren Gründen nicht zu | |
> ändern. | |
Bild: Zerstörter Kiewer Vorort Irpin: Russland wird sich am Wiederaufbau kaum … | |
Es mag verfrüht wirken, dass die Weltgemeinschaft bereits überlegt, wie | |
sich die [1][Ukraine wieder aufbauen] lässt. Denn noch tobt [2][Putins | |
Angriff: Luhansk] ist fast völlig zerstört, und als Nächstes soll auch die | |
Region Donezk in Schutt und Asche geschossen werden | |
Aber ein Krieg wird nicht nur militärisch, sondern auch politisch geführt. | |
Auf der Konferenz im schweizerischen Lugano haben rund 40 Länder | |
signalisiert, dass sie der Ukraine ökonomisch geradezu grenzenlos beistehen | |
werden. Wörtlich lautet das Versprechen, das Land „bis zur vollständigen | |
Erholung“ zu unterstützen. | |
In diesem Satz steckt nicht nur eine finanzielle Botschaft. Implizit | |
garantieren die Geberländer auch, dass die Ukraine den Krieg militärisch | |
übersteht – und nicht komplett in die Hände Russlands fällt. Sonst wäre e… | |
Wiederaufbau ja gar nicht möglich. | |
Lugano war keine Geberkonferenz, die schon endgültige Finanzzusagen | |
eingesammelt hätte. Erst einmal einigte man sich auf sieben | |
Grundprinzipien. Der Wiederaufbau soll zugleich den Rechtsstaat stärken, | |
die Korruption bekämpfen, maximale Transparenz garantieren, private | |
Unternehmen beteiligen sowie Digitalisierung, Klimaschutz und | |
Gleichberechtigung voranbringen. | |
Dies sind keine leeren Versprechungen. Die Ukraine war früher sehr korrupt, | |
wandelt sich aber bereits. Das ukrainische Militär ist nur so | |
schlagkräftig, weil die Korruption in der Armee entschieden bekämpft wurde. | |
Die russische [3][Annexion der Krim 2014] hatte den Ukrainern klar gemacht, | |
dass ihr Land nur überleben kann, wenn der Staat funktioniert und nicht | |
bestohlen wird. | |
Bleibt als zentrale Frage: Wer soll den Wiederaufbau zahlen? Russland? | |
[4][Die Oligarchen]? Der Westen? Deutlich ist bisher nur, dass die Schäden | |
in der Ukraine immens sind. Sie werden bereits auf 750 Milliarden Dollar | |
geschätzt, und der Krieg ist ja noch längst nicht vorbei, sodass es am Ende | |
auch doppelt so viel sein könnte. | |
## Das Vermögen der Oligarchen reicht nicht | |
Naheliegend wäre, dass vor allem Russland die Schäden begleichen muss. | |
Schließlich hat Putin den Krieg zu verantworten. Geld wäre theoretisch auch | |
vorhanden: Bekanntlich wurden die [5][Guthaben der russischen Zentralbank | |
eingefroren], die im Westen lagern. Das sind etwa 300 Milliarden Dollar. | |
Hinzu kommt das Vermögen der russischen Oligarchen, das im Westen ebenfalls | |
blockiert wurde. | |
Leider dürfte es sich jedoch als Illusion erweisen, dass Russland | |
nennenswert zum ukrainischen Wiederaufbau beiträgt. Um bei den Oligarchen | |
anzufangen: Sie sind zwar Milliardäre, dennoch ist ihr Vermögen | |
übersichtlich. Selbst der reichste unter ihnen, Roman Abramowitsch, besitzt | |
„nur“ 14,5 Milliarden Dollar. Das ist zwar viel Geld, reicht aber bei | |
weitem nicht, um die Ukraine zu sanieren. | |
Zudem wäre die Rechtslage prekär: Die Oligarchen haben den Angriff auf die | |
Ukraine nicht beschlossen. Zwar profitieren sie vom System Putin – sie sind | |
aber nicht Putin. Nun zu Russland selbst: Die Ukraine lässt sich erst | |
wiederaufbauen, wenn Frieden herrscht. Denn Putin verfügt über | |
Langstreckenraketen, die jeden Landesteil treffen können. Er muss das Land | |
also gar nicht mit seiner Armee besetzen, um große Schäden zu hinterlassen. | |
Putin dürfte aber keinem Frieden zustimmen, der Russland viele Milliarden | |
Dollar kostet. Oder anders formuliert: Reparationen wären nur durchsetzbar, | |
wenn die Ukraine Russland vernichtend schlagen würde. Das ist militärisch | |
völlig ausgeschlossen und auch gar nicht das Ziel in Kiew. Es wäre schon | |
ein enormer Erfolg, wenn die Ukraine einen Teil der besetzten Gebiete | |
zurückerobern könnte. In jedem Fall aber wird Russland eine starke | |
Militärmacht bleiben, die entscheidenden Einfluss darauf hat, wie der | |
Frieden aussieht. | |
Da aus Moskau keine Milliarden für die Ukraine zu erwarten sind, bleibt nur | |
der Westen, um das Land wieder aufzubauen. Das ist ungerecht, aber leider | |
die Realität. Die gute Nachricht ist jedoch: Der Westen kann sich diese | |
Hilfe leisten. Nicht umsonst wurde in Lugano der Marshallplan nach dem | |
Zweiten Weltkrieg zitiert. Damals hat die gezielte Hilfe der USA ein | |
„Wirtschaftswunder“ in ganz Westeuropa ermöglicht. Dieses „Wunder“ lä… | |
sich in der Ukraine wiederholen. | |
8 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Plan-fuer-Ukraine-nach-dem-Krieg/!5865344 | |
[2] /Schwere-Kaempfe-in-Luhansk-und-Donezk/!5866103 | |
[3] /Fuenf-Jahre-nach-der-Krim-Annexion/!5580865 | |
[4] /Sanktionen-gegen-Russland/!5862755 | |
[5] /Westliche-Sanktionen-gegen-Russland/!5837816 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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