# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Die Reise ins Ich | |
> Die Klangflächen der Experimental-Musikerin Hüma Utku muten düster und | |
> sphärisch an. Auf ihrem neuen Album erkundet sie die menschliche Psyche. | |
Eine Reise durch die Psyche kann eine unheimliche Angelegenheit sein. Das | |
zeigt die experimentelle Musikerin Hüma Utku eindrucksvoll auf ihrem neuen | |
Album „The Psychologist“. Es besteht fast nur aus Soundscapes, komponiert | |
und arrangiert hat sie die neun Stücke mit verschiedenen Synthesizern, | |
Piano, Cello (Florina Speth) und Geige (Marta Forsberg). | |
Der Albumtitel ist Programm: Hüma Utku hat selbst Psychologie studiert und | |
widmet sich hier thematisch unterschiedlichen psychologischen und | |
psychoanalytischen Konzepten, zum Beispiel der Sublimierung („Sublimation“) | |
oder dem Phänomen der Dissoziation („Dissolution of I“). | |
Die meist instrumentale Musik kann man natürlich auch gut hören, ohne das | |
Albumkonzept zu kennen. Allerdings korrespondieren Ton und Inhalt gut, zum | |
Beispiel in „Islands of Consciousness“. Das Stück geht zurück auf C. G. | |
Jungs Annahme, das Bewusste könne mit einer Insel im Ozean verglichen | |
werden. | |
Im Track hört man zunächst ein repetitives Summen, dann dissonante, | |
geisterhafte, nachhallende Stimmen und ein Klackern, als würde eine Uhr | |
ticken. Irgendwann setzt ein Bass ein, Synthesizer ertönen, der Klang wird | |
harmonischer, ehe wieder das furchterregende Summen und Fiepen und | |
Frequenzengewirr einsetzt. Und am Ende findet man sich eben auf der Insel | |
wieder: man hört Meeresrauschen und Wellenbrechen. | |
Hüma Utkus Reise ins Ich (und Über-Ich und Es) endet schließlich mit dem | |
erhabenen 11-minütigen Stück „Chironian Wound“. Alle Höhen und Tiefen, | |
sowohl klanglich als auch psychisch, hat Hüma Utku bis dahin | |
durchschritten. | |
2 Jul 2022 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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