# taz.de -- Wieder Rücktritt beim alten PEN: Es herrscht Krieg in den Köpfen | |
> Maxi Obexer, Übergangspräsidentin der Schriftstellervereinigung, ist kurz | |
> nach Antritt zurückgetreten. Ist PEN reformierbar? | |
Bild: Hatte genug von den Feindseligkeiten: Maxi Obexer | |
So, noch eine Wendung beim PEN. Die Autorin Maxi Obexer, die nach dem | |
[1][Desaster von Gotha] zusammen mit Josef Haslinger angetreten war, in | |
einem Übergangspräsidium den alten PEN zu reformieren, ist jetzt gleich | |
wieder zurückgetreten. | |
In einer Erklärung schreibt sie: „Von Anfang an waren wir im Vorstand unter | |
Beschuss. Immer wieder wird uns von außen buchstäblich zu diktieren | |
versucht, wie wir es zu machen hätten. […] Die Feindseligkeiten, die | |
Verhärtungen, die Verunglimpfungen. Das Denken in Lagern. Es herrscht noch | |
immer Krieg in den Köpfen vieler.“ | |
Das ist deutlich. Offenbar läuft die Kultur des Intrigenspiels innerhalb | |
des alten PEN weiter. „Viele haben Schaden genommen. Sie alle verdienen | |
etwas anderes, als weiter in fremde Kämpfe verstrickt zu werden“, schreibt | |
Maxi Obexer noch. | |
Was sind das für fremde Kämpfe? Einen Einblick in diese kann man in der FAZ | |
und den sozialen Medien bekommen. In der FAZ hat Andreas Platthaus den | |
neugegründeten PEN Berlin gleich mal als „PEN Yücel“ denunziert, als ginge | |
es nur darum, das in Gotha vermeintlich gekränkte Ego von Deniz Yücel zu | |
kurieren und als würden solche gestandenen Figuren des Literaturbetriebs | |
wie Eva Menasse, Elke Schmitter, Hinrich Schmidt-Henkel, Helge Malchow, | |
Simone Buchholz, Herbert Wiesner und viele andere im neuen PEN nur als | |
Randfiguren auftreten – tatsächlich aber ist ihr Engagement groß. | |
## Ideologische Grabenkämpfe | |
Und in den sozialen Medien stößt man auf Versuche, den Bruch von Gotha in | |
einem strikten Links-rechts-Schema zu lesen und die Austretenden aus dem | |
alten PEN sozusagen nachträglich zu exkommunizieren. Weil beim neuen PEN | |
auch einige konservative Autor*innen mitmachen, wird versucht, den | |
gesamten PEN Berlin in eine rechte Ecke zu rücken: „neoliberale Tapeten“, | |
„nationalkonservative Bestuhlung“, solche Wendungen sind zu lesen. Was | |
wenig Sinn für die Breite des Bündnisses zeigt, das sich im PEN Berlin mit | |
dem Willen zur praktischen Solidarität für verfolgte | |
Schriftsteller*innen zusammenfindet. | |
Das alles sind deutliche Anzeichen dafür, dass sie beim alten PEN mit der | |
Analyse dessen, was in Gotha eigentlich passiert ist, noch nicht weit | |
gekommen sind. Wie viel [2][Wille zum Engagement] unter | |
Schriftsteller*innen derzeit abrufbar ist, zeigt sich gerade beim | |
neugegründeten PEN Berlin. Da wäre es beim alten PEN doch angebracht, | |
darüber nachzudenken, warum es nicht gelang, dieses Engagement in die | |
eigene Organisation zu integrieren. Statt dessen pflegen sie ihre | |
ideologischen Grabenkämpfe. | |
Längst ist das alles auch institutionentheoretisch interessant. Ist eine | |
Institution mit so einer offensichtlich unzeitgemäßen Organisationskultur | |
überhaupt reformierbar? Maxi Obexer glaubt trotz alledem daran. Jede | |
Organisation sei reformierbar, sagt sie. Manche Autor*innen wie etwa | |
Bernhard Schlink in der FAZ sprechen bereits von Zusammenführen der beiden | |
PEN-Organisationen. | |
Bevor das aber überhaupt denkmöglich sein kann, muss der alte PEN sich erst | |
einmal von Grund auf ändern. Viele Hinweise darauf, dass er diese Chance | |
ergreifen könnte, gibt es, Stand jetzt, noch nicht. | |
17 Jun 2022 | |
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[1] /Deniz-Yuecels-Ruecktritt-als-PEN-Praesident/!5852364 | |
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## AUTOREN | |
Dirk Knipphals | |
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