| # taz.de -- Die Hamburger Grindelhochhäuser: Juwel auf den zweiten Blick | |
| > In bester Lage, mitten in der Stadt und komfortabel ausgestattet: | |
| > Deutschlands älteste Wohnhochhausanlage steht in Hamburg-Harvestehude. | |
| Bild: Schönen Ausblick bieten die Dächer der Grindelhochhäuser | |
| Hamburg taz | Windig ist es hier oben auf dem Haus in der Oberstraße 18c, | |
| und in der Ferne ist gut zu sehen, [1][wie sich etwas zusammenbraut]. Zwar | |
| ist die Dachterrasse umgeben von mehr als menschenhohem Gemäuer. In diese, | |
| üppiges Sicherheitsdenken signalisierende Umrandung aber sind, gen Osten | |
| und Westen, Fenster eingebaut – alles andere wäre auch wirklich schade. | |
| Im Westen steht ein gleichhohes Haus, auch weitere architektonisch | |
| erkennbar Verwandte; manche davon sind niedriger und auch sonst kleiner | |
| dimensioniert. Insgesamt zwölf Häuser, einander ähnlich und doch subtil | |
| unterschiedlich gestaltet, ragen da aus dem Grün und über die | |
| Gründerzeitvillen hinaus: Hier in Hamburg-Harvestehude konnte ab 1957 | |
| Deutschlands erste Wohnhochhaussiedlung bestaunt werden. | |
| Und das wurde sie: Architekt*innen reisten eigens an; hohen Besuch | |
| führte schon mal der jeweilige Bürgermeister selbst hierher; aber auch ganz | |
| normale Leute ließen sich etwa im Reisebus durch das Viertel fahren, | |
| genauer: außen herum, denn durch die parkartig gestaltete Siedlung führt | |
| bis heute keine Straße. | |
| ## Geplant für die Alliierten | |
| Den Grundstein für die „Grindelhochhäuser“ ließen 1946 die Briten legen, | |
| und zu tun hatte das mit Plänen, Hamburg zum zentralen Standort der | |
| alliierten Militärregierung zu machen. Das [2][„Hamburg Project“] sah bis | |
| zu 35.000 Militärbedienstete und zivile Verwaltungskräfte vor, die in die | |
| Stadt gekommen wären, dazu noch ihre Angehörigen. Zeitweise wollten die | |
| Besatzungsbehörden bis zu 50.000 Menschen aus den umliegenden Vierteln | |
| umsiedeln. | |
| Dazu kam es nicht: Die drei westlichen Alliierten entschieden sich für ihr | |
| Hauptquartier für Frankfurt am Main, in Hamburg zu bauen, wurde | |
| überflüssig. Wohnungen waren aber auch ohne die Nachfrage der Allierten | |
| knapp. So stemmten schließlich die Stadt und die stadteigene, 1922 ins | |
| Leben gerufene Siedlungs-Aktiengesellschaft Altona (Saga) das Projekt, | |
| durchaus unter Schmerzen – es entstanden gut 2.000 Wohnungen, in denen rund | |
| 5.400 Menschen unterkamen. | |
| Und das mit Lebensbedingungen, die um vieles besser und moderner waren als | |
| in den zuvor dort weggebombten Mietskasernen: viel Licht, zeitgemäße | |
| Hygiene- und Haushaltseinrichtung, automatische Fahrstühle, Geschäfte und | |
| Arztpraxen im Haus, aber etwa auch eine zentrale Wäscherei und | |
| Müllschlucker auf den Fluren – zur Entlastung der Hausfrau, wie es in einem | |
| [3][Saga-Unternehmensfilm von 1958] heißt. | |
| ## Penthouses mit Weitblick | |
| Ja, es ist eine Hochhaussiedlung, aber [4][nicht auf der berüchtigten | |
| grünen Wiese] errichtet, sondern in guter, zentraler Lage: Dass hier einmal | |
| Offiziere einziehen sollten, davon profitieren auch spätere | |
| Bewohner*innen. Das waren anfangs nicht durchweg die objektiv | |
| Bedürftigsten: Dafür waren die Wohnungen schlicht zu teuer, es zogen | |
| vorrangig Beamte, Angestellte und Freiberufler ein. In einigen Häusern | |
| hatten die Architekten gar Penthouses mit Weitblick eingebaut – für | |
| Künstler*innen. | |
| Nicht, dass die folgenden Jahrzehnte nicht auch Wechselhaftes gebracht | |
| hätten. Die Grindelhochhäuser erlebten Investitionsstaus oder teils als | |
| problematisch empfundene soziale Mischungen. Das einzige Haus in privatem | |
| Besitz trug in der Lokalpresse eine Zeitlang den Namen [5][„Horrorhaus“], | |
| und viele Menschen in der Stadt wussten einschlägige Anekdoten zu erzählen | |
| – wohl nicht alle in der Realität begründet. | |
| Dass die Stadt aber auch in schlechten Zeiten ihre Wohnungsunternehmen | |
| [6][nicht einfach kurzsichtig versilbert] hat: Für diese Politik ist diese | |
| seit dem Jahr 2000 denkmalgeschützte Siedlung ein Symbol. Als die | |
| Wohnungsgesellschaft Saga jetzt ihr 100-jähriges Bestehen [7][in Gestalt | |
| eines dicken Buchs] aufrollte, wurde das auf der einzigen Dachterrasse | |
| vorgestellt: ganz oben, Oberstraße 18c. | |
| 19 Jun 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Debatte-um-Hochhaus/!5531871 | |
| [2] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article155211239/Wie-das-Hamburg-pro… | |
| [3] https://vimeo.com/455420288 | |
| [4] /Grosswohnsiedlung-Muemmelmannsberg/!5717821 | |
| [5] /Wohnungsnot/!5079976 | |
| [6] /Verkauf-von-Immobilien-in-Hamburg/!5713029 | |
| [7] https://www.dugverlag.de/isbn-3-86218-155-3 | |
| ## AUTOREN | |
| Alexander Diehl | |
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