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# taz.de -- Arbeitsgerichtsklage nach Jobabsage: Ein Mensch möchte gleichstell…
> Die Ostfalia-Hochschule hat einen* nicht-binären Bewerber für das Amt der
> Gleichstellungsbeauftragten abgelehnt, weil nur eine Frau in Frage komme.
Bild: Die Gleichstellungsbeauftragte soll viele Gruppen schützen und in Nieder…
Hamburg taz | Mathias Weidner hat den weitaus größten Teil seines*
Berufslebens Genderfragen und der Gleichstellung gewidmet. Umso mehr wurmt
es Weidner, dass auf seine* Bewerbung um das Amt der
Gleichstellungsbeauftragten der Ostfalia-Hochschule eine Absage kam. Die
Begründung: Die Stelle sei zwingend mit einer Frau zu besetzen. Weidner
hält die Begründung für [1][nicht mit dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar] und klagt nun vor dem
Arbeitsgericht Braunschweig.
Weidner kann einen Master-Abschluss in Soziologie und Gender Studies
vorweisen und sieht sich selbst als non-binär. In seiner* Bewerbung weist
Weidner darauf hin, „dass ich meinen Gender-Eintrag aus sämtlichen
Registern streichen lasse, aber nicht zu ‚Frau‘ ändere“.
Ein Vergleichsangebot der Ostfalia-Hochschule für angewandte Wissenschaften
lehnte Weidner bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht ab. „Ich möchte
das grundsätzlich geklärt haben, wenigstens in Niedersachsen, aber am
liebsten in ganz Deutschland“, sagt Weidner. Die Länder Hamburg, Bayern,
Sachsen und Sachsen-Anhalt lassen bereits alle Geschlechter für dieses Amt
zu. „So eine Ablehnung wird mir immer wieder begegnen, es sei denn, ich
ändere etwas daran – mangels Alternativen eben über eine AGG-Klage.“
Letztlich geht es bei dem Streit um die Frage, ob das [2][Amt der
Gleichstellungsbeauftragten], das aus der Frauenbewegung hervorgegangen
ist, weiterhin nur Frauen vorbehalten sein soll – oder ob sich das überlebt
hat.
Auf die Bewerbung hatte Weidner nach einigen Wochen zunächst eine
Standard-Absage bekommen und daraufhin nach eigenen Angaben eine
Ungleichbehandlung nach dem AGG geltend gemacht. Tags darauf sei eine
Absage unter Verweis auf das [3][niedersächsische Hochschulgesetz]
gekommen. Darin heißt es: „Der Senat wählt auf Vorschlag der Kommission für
Gleichstellung eine Gleichstellungsbeauftragte.“ Auch gegenüber der taz
verweist die Hochschule auf dieses Gesetz, möchte sich aber wegen des
laufenden Verfahrens nicht zu dem Fall äußern.
Für Niedersachsen außerdem maßgebend ist das Gleichberechtigungsgesetz des
Landes. Darin wurde der Begriff „Frauenbeauftragte“ bei der jüngsten
Novelle 2010 durch [4][„Gleichstellungsbeauftragte“ ersetzt. In der
Handreichung dazu] heißt es: „Die Umbenennung der bisherigen
‚Frauenbeauftragten‘ in ‚Gleichstellungsbeauftragte‘ ergibt sich aus ih…
erweiterten Befugnis zur Vertretung auch von Männerinteressen.“
Auch das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur hält die
Beschränkung auf Frauen für rechtlich zulässig. „Diese Ansicht wird von der
einschlägigen Kommentarliteratur geteilt“, erklärt eine Sprecherin. Das
[5][AGG erlaube eine ungleiche Behandlung] aufgrund des Geschlechts, „wenn
dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen
ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung
darstellt“.
Angesichts der faktischen [6][gesellschaftlichen Ungleichheit von Männern
und Frauen] könne „nur durch gleichgeschlechtliche
Gleichstellungsbeauftragte tatsächlich etwas zur Gleichstellung der
Geschlechter beigetragen werden, da die weiblichen Beschäftigten der
Hochschule sich diesen eher anvertrauen dürften“. Außerdem gehe es bei der
Tätigkeit auch darum, „Interessen von Frauen entgegen den Vorstellungen der
Männer wahrzunehmen“. Erst Recht gelte das für Fälle sexueller Belästigun…
so die Sprecherin.
Weidner hält es für ein „Geschlechterstereotyp, es sei nur für Frauen
typisch, sexuell belästigt zu werden“. Eben dieses Stereotyp habe Weidner
davon abgehalten, mit 19 jemanden um Unterstützung zu bitten. Weidner
selbst wiederum sei in vielen Fällen von weiblichen Betroffenen
angesprochen worden – auch als Erstkontakt. Zudem sei es eher unüblich,
dass sich Betroffene an das zentrale Gleichstellungsbüro der Hochschule
wandten.
## Erfolgreiche Netzwerkarbeit
Weidner will auch das Argument nicht gelten lassen, der Beauftragte müsse
eine Frau sein, weil er sich mit Frauen-Netzwerken verbinden müsse. Seine*
eigene erfolgreiche Netzwerkarbeit spreche dagegen. Weidner war von 2016
bis 2020 Gender- und Diversity-Manager am Campus Suderburg der
Ostfalia-Hochschule.
Im Übrigen ließen Erkenntnisse zum Thema Diskriminierung sich nicht nur aus
eigener Erfahrung, sondern auch durch die kritische wissenschaftliche
Betrachtung der Geschlechterverhältnisse in den Gender Studies gewinnen.
„Deren Erkenntnisse sind erlernbar von Personen jeden Geschlechts“, sagt
Weidner.
In der Frage, ob die Stellen von Gleichstellungsbeauftragen nur mit Frauen
besetzt werden dürfen, sieht Weidner „Parallelen zu anderen über
Geschlechterstereotype geführten Machtkämpfen“. Ob man Frauen
Führungspositionen zutraue und Männern die Kinderbetreuung, sage nichts
über die Qualifikation einer einzelnen Person.
Mit der Klage vor dem Arbeitsgericht geht es Weidner um den Charakter der
Gleichstellungsbeauftragten: „Ist das eine politische Repräsentanz oder ein
Job wie jeder andere?“ Im zweiten Fall dürfe das Amt nicht für Frauen
reserviert werden. Sollte das Gericht einen Schadensersatz festsetzen,
würde Weidner diesen an zwei Alumni-Vereine der Hochschule spenden.
14 Jun 2022
## LINKS
[1] /Antidiskriminierungsstelle-des-Bundes/!5714432
[2] /Streit-um-Gleichstellungsbeauftragte/!5113415
[3] https://www.voris.niedersachsen.de/jportal/;jsessionid=77369364BE96D12DA5F2…
[4] https://www.ms.niedersachsen.de/themen/gleichberechtigung_frauen/gleichbere…
[5] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/diskrimi…
[6] /Aerztin-ueber-geschlechtersensible-Medizin/!5806041
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Gleichstellung
Diskriminierung
Hochschule
Feminismus
Niedersachsen
Gleichstellung
Kommunalpolitik
Wohnen
Gleichberechtigung
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