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# taz.de -- Bürger und Rat im Clinch: Eine Gemeinde streitet um ihr Erbe
> In Suderburg bei Uelzen kämpfen Bürger um ihre alte Schule. Einen
> Bürgerentscheid haben sie verloren. Jetzt ist die Kommunalaufsicht
> eingeschaltet.
Bild: Ein Stück Dorfgeschichte: die alte Schule in Suderburg
Hamburg taz | In der [1][Gemeinde Suderburg bei Uelzen] soll ein Stück
Geschichte und Eigenart verschwinden. Am Montagabend wollte der Rat 40.000
Euro freigeben, um den Abriss der alten Schule zu ermöglichen. Um das nach
Ansicht seiner Freunde „ortsbildprägenden“ Klinkergebäude aus dem Jahr 19…
gibt es seit Jahren Streit. Die Versuche, den Abriss abzuwenden, sind nach
zwei Jahren in einem Bürgerentscheid gescheitert. Doch damit ist die
Geschichte noch lange nicht zu Ende.
Weil der [2][Bürgerentscheid] nicht korrekt abgelaufen sei, gab es eine
Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Jetzt überprüft ihn die
Kommunalaufsicht. Die Widerborstigkeit der Abrissgegner brachte manche
Verwaltungsmitarbeiter so auf die Palme, dass sie ihre bürokratischen
Muskeln spielen ließen. Ein kritischer Ratsherr fühlt sich gemobbt.
Die Anzeige hat Andreas Koch gestellt, ein [3][ehemaliger Polizist, der
gerade ein Buch mit dem Titel „Das kommt von oben] – da können wir nichts
machen“ veröffentlicht hat – ein Plädoyer, dass nicht alles hingenommen
werden muss, was von „oben“ entschieden werde. Er wisse von Leuten, die
keine Abstimmungsbenachrichtigungen erhalten hätten.
Ein Ratsmitglied sei in einem Abstimmungsvorstand tätig gewesen und habe
dort auch noch Empfehlungen für die Abstimmung ausgesprochen. In einem
anderen Wahlbezirk habe der Abstimmungsvorstand einen Musterstimmzettel mit
einem Kreuz gegen die Bürgerinitiative in die Kabine gehängt. Als er dies
dem Abstimmungsleiter habe mitteilen wollen, sei er abgeblitzt, sagt Koch.
## Etwas feuriger reagiert
Von Fällen, in denen Abstimmungsberechtigte keine Benachrichtigungen
erhielten, hat auch der parteilose Ratsherr Götz Schimmack mehrfach gehört.
Schimmack fertigte einen Vermerk an und berichtete im Bau- und
Wegeausschuss. Gemeindedirektor Wolf-Dietrich Marwede (parteilos) habe dazu
nur einen Satz gesagt: „Ich werde dem nachgehen.“
Der taz bestätigt Marwede, dass die Kommunalaufsicht Uelzen Unterlagen
angefordert habe. „Alles, was wir beantworten konnten, haben wir zur
Verfügung gestellt“, sagt Marwede.
Etwas feuriger reagierte Rüdiger Lilje, der Leiter des Fachamtes Bau. In
einer Mail vom 10. Juli teilte er dem Rat mit: „Ich habe heute Morgen bei
der persönlichen Postzustellung auf dem Grundstück Schimmack aus meiner
Sicht rechtliche Probleme vorgefunden.“
Er habe dazu den niedersächsischen Gemeindebund um rechtliche Prüfung
ersucht und auch die Kommunalaufsicht hinzugeschaltet. Er sehe einen sehr
engen Zusammenhang mit der Eingabe Kochs und vor allen mit den Aussagen des
Ratsmitgliedes Schimmack zum Bürgerentscheid.
## Merkwürdiges Vorgehen
In einer Mail an Schimmack schildert Lilje, wie er auf dessen Grundstück
„einen aktiven Briefkasten“ gesucht habe. Schließlich habe er eine nicht
verschließbare Holzbox gefunden und sein Schreiben dort nicht eingeworfen,
weil es nicht öffentliche Teile enthalten habe. „Ich habe im Hause
veranlasst, zukünftige nicht öffentliche Post per Einschreiben und
Rückschein an Sie zu versenden“, teilt er Schimmack mit.
Dieser hatte sich schon über die merkwürdige Durchstreifung seines Anwesens
gewundert. Seit 2011 sitze er im Rat. Nie habe es Probleme mit der Post
gegeben, die die gemeindlichen Schreiben ja gemeinhin zustellt. Liljes
Anzeigen nennt Schimmack Mobbing. „Wir fragen uns: Was motiviert die andere
Seite, in der Sache dermaßen streng und unerbittlich vorzugehen.“
[4][Grund, sich das zu fragen, hätte auch Andreas Paschko, Mitinitiator]
der Bürgerinitiative. Als er vor einem Jahr vom teilweisen Einsturz des
Anbaus der alten Schule hörte, sah er sich den Schaden an und betrat das
Gebäude. Die Tür sei aufgebrochen gewesen. „Wir wollten uns überzeugen,
dass hier keine Menschen zu Schaden gekommen waren“, sagt Paschko. Er rief
die Polizei – und erhielt ein paar Tage später eine Anzeige der Gemeinde
wegen Hausfriedensbruchs.
Gemeindedirektor Marwede will sich zu diesen Vorfällen nicht äußern. Lilje
sei im Urlaub, der andere Vorfall liege vor seiner Amtszeit. Die
Wahlbenachrichtigungen sind für ihn nur eine Ergänzung. „Wir haben
öffentlich bekannt gemacht“, sagt Marwede. Jeder hätte nachschauen können,
ob er auf der Wählerliste steht.
[5][Dass die alte Schule abgerissen werden soll], erklärt er damit, dass
der Abriss nun mal beschlossen sei und eine Sanierung des alten Gebäudes zu
aufwendig.
26 Jul 2022
## LINKS
[1] /Arbeitsgerichtsklage-nach-Jobabsage/!5857960
[2] /Kommunale-Buergerentscheide/!5725222
[3] http://www.suderburg-online.de/
[4] http://www.suderburg-online.de/hausfriedensbruch/
[5] https://ris-sud.itv-ue.de/bi/to020.asp?TOLFDNR=1004377
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Kommunalpolitik
Bürger-Initiativen
Bürgerentscheid
Abstimmung
Gleichstellung
Krankenhäuser
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