# taz.de -- Podcast zu Sexarbeit: Keine Beton-Ideologie | |
> Der Podcast „Hype&Hustle“ betrachtet Sexarbeit auf der Plattform Only | |
> Fans. Influencerin Pati Valpati führt durchs Thema, ohne zu moralisieren. | |
Bild: Pati Valpati will Sexarbeit betrachten, ohne zu moralisieren | |
Der neue Podcast „Hype & Hustle“ in drei Worten? Selbstbestimmung, | |
Selbstbestimmung und Selbstbestimmung, dieser Begriff fällt immer wieder. | |
Der Anspruch von Podcasterin Pati Valpati ist damit klar. Gegenstand der | |
Betrachtung ist die Plattform OnlyFans, ein soziales Netzwerk ähnlich wie | |
Instagram, nur dass die Follower_innen für Content bezahlen. | |
Influencer_innen und Content-Creator_innen können so scheinbar einfach Geld | |
verdienen. | |
Und noch etwas unterscheidet OnlyFans von anderen sozialen Netzwerken: | |
Sexuell explizite Inhalte werden nicht zensiert. Das erleichtert es | |
Sex-Arbeiter_innen, sich mit pornografischen Inhalten selbstständig zu | |
machen. Als während der Corona-Pandemie „körpernahe Dienstleistungen“ | |
zeitweise verboten waren, war OnlyFans für viele auch eine Chance, ihre | |
Existenzen zu sichern. | |
Als OnlyFans im Oktober 2021 mitteilte, dass die Verbreitung „sexuell | |
eindeutiger“ Inhalte künftig verboten werde, ging eine Empörungswelle | |
durchs Internet. Die Ankündigung, die wohl eine Reaktion auf neue Vorgaben | |
durch die Auszahlungsanbieter Visa und Mastercard war, [1][wurde wieder | |
zurück genommen]. Die massive Kritik an dem Vorstoß zeigt aber, wie gefragt | |
diese Möglichkeit des Anbietens virtueller Sexarbeit ist. | |
Ob OnlyFans nun das „perfekte Match zwischen social media und Porno“ ist | |
oder gar eine „Revolution, die die ungeschriebenen Gesetze der Sex-Arbeit | |
neu definiert“? Diesen und weiteren Fragen geht Pati Valpati in sechs | |
Folgen nach. | |
## „Professionelles schlechtes Vorbild“ | |
„Hype and Hustle“ ist der erste Podcast der 26-Jährigen, auf Instagram hat | |
die in Berlin lebende Influencerin und Youtuberin eine große Reichweite. | |
Ihre Posts kreisen um die Themen Fashion, Lifestyle und Beauty. Als | |
„professionelles schlechtes Vorbild“, wie sie sich in ihrer Insta Bio | |
selbstironisch nennt, habe sie sich nie etwas daraus gemacht, „so zu tun | |
als, wäre alles perfekt“, erzählt die Instagrammerin im Gespräch mit der | |
taz. Ob sie ihren Follower_innen etwas mitgeben möchte? Ihr Ziel sei nicht, | |
den Leuten zu zeigen, „was für eine geile Person“ sie sei, sondern zu | |
entertainen. Bei OnlyFans sei Pati Valpati „bisher nicht aktiv“, sondern | |
habe die Seite nur im Rahmen ihrer Recherche besucht. Die Absolventin des | |
Studiengangs “Journalism and Media“ hofft, dass ihr erster Podcast ein | |
weiterer „Baby Step“ in Richtung Moderations-Karriere ist. | |
Und ja, es macht Spaß ihr zuzuhören, die Sprache der angehenden Moderatorin | |
und Journalistin ist klar, man kann ihr gut folgen. Anschaulich erklärt sie | |
den Hörer_innen, wo die Vorteile von OnlyFans liegen (divers, | |
selbstbestimmt, feministisch), teasert aber vielsagend, es gehe auch „um | |
einen großen Betrug an all denen, die OnlyFans erst groß gemacht haben.“ Da | |
gebe es „Männer in zu teuren Anzügen“ hinter der Plattform, Follower, die | |
immer mehr forderten und Operationen wegen des hohen Schönheitsdrucks. | |
## Abwechslungsreiche O-Töne | |
Die vielen O-Töne machen den Podcast abwechslungsreich, darunter sind auch | |
einige bekannte Stimmen: Das deutsche It-Girl Laura Müller verkündet, dass | |
sie „und der Micha(el Wendler) ab sofort bei OnlyFans zu finden“ sind, man | |
hört die US-amerikanische Rapperin Cardi B. und Beyoncé. Michael Overdick | |
vom schwulen Podcast „schwanz & ehrlich“ erzählt, wie er auf OnlyFans | |
seinen Freund Tim kennengelernt hat. | |
Es tut dem Podcast gut, dass Pati Valpati OnlyFans weder hypt noch schlecht | |
redet. Mit ihrem wertschätzenden Blick führt sie unaufgeregt durch den | |
Podcast und betrachtet [2][Sexarbeit], ohne zu moralisieren. Diese | |
emanzipatorische Haltung ist Ausdruck eines modernen Feminismus, frei von | |
[3][beton-ideologischen Werteschablonen à la Alice Schwarzer und PorNO]. | |
Diese Einstellung sei ihr wichtig gewesen, denn in der Debatte um OnlyFans | |
werde zu oft nicht die Plattform hinterfragt, sondern nur, „ob die | |
Motivation der Creator_innen“ feministisch sei. Es sei aber grundsätzlich | |
falsch, die Legitimation in Frage zu stellen, „mit dem eigenen Körper zu | |
machen, was man möchte und damit Geld zu verdienen“, findet Pati Valpati. | |
Deshalb fokussiere sie sich lieber darauf, wie es den Creator_innen mit der | |
Plattform geht. | |
Die Worte Empowerment und Selbstbestimmung fallen dabei deshalb die ganze | |
Zeit, weil sie der Maßstab sind, woran sich OnlyFans als Gegenstand dieser | |
dokumentarischen Betrachtung messen lassen muss. Wie gut die Plattform | |
dabei weg kommt, ist ab 19. Mai auf Spotify zu hören. | |
25 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Pornografie-bei-Onlineplattform-OnlyFans/!5796378 | |
[2] /Sexarbeit/!t5016492 | |
[3] /Feministische-Positionen-zu-Sexarbeit/!5644563 | |
## AUTOREN | |
Bo Wehrheim | |
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