Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- AfD-Podcast „Die Jagd“ von WDR und NDR: Schritte der Jäger*inn…
> Der Podcast „Die Jagd“ liefert eine niedrigschwellige Binnensicht der AfD
> seit sie im Bundestag sitzt. Doch etwas fehlt.
Bild: Einig in der Ideologie: AfD bei konstituierender Sitzung des Bundestags a…
Hunderte Demonstrierende stehen am 24. September 2017 vor einem Hochhaus am
Rande des Alexanderplatzes in Berlin. Sie rufen „Ganz Berlin hasst die AfD“
und „Deutschland ist scheiße, ihr seid die Beweise“. Drinnen feiert die AfD
ihre Wahlparty. Mit 12,6 Prozent zieht sie an diesem Abend in den Bundestag
ein. Und während die Demonstrierenden ihre Parolen rufen, [1][sagt der
damalige Spitzenkandidat Alexander Gauland einen Satz], den bis heute kaum
eine*r in diesem Land vergessen hat: „Wir werden sie jagen, wir werden
Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und
unser Volk zurückholen.“
Was damals als Skandal gelesen wurde, ist heute, knapp fünf Jahre später,
nur ein Schritt auf einem Weg voller Tabubrüche. Die Grenzen des Sag- und
Machbaren wurden von der AfD Schritt für Schritt weiter nach rechts
verschoben. Doch nicht alle haben das mitgemacht: Während die Partei sich
immer weiter radikalisierte, hat sie auch prominente Gesichter verloren.
Was zwischen „Wir werden sie jagen“ bis heute im Innersten der Partei
passiert ist, damit beschäftigt sich der Podcast „Die Jagd – Die geheimen
Chats der AfD-Bundesfraktion“.
Die Investigativ-Reporter*innen von WDR und NDR, Katja Riedel und Sebastian
Pittelkow, berichten schon seit Jahren über die AfD. Nun wurde den beiden
das Archiv der Whats-App-Gruppe „Quasselgruppe“ zugespielt, ein Datensatz
aus 40.000 Nachrichten von über siebzig Abgeordneten der ersten
AfD-Bundestagsfraktion. Gemeinsam mit dem Datenjournalisten Christian Basl
haben sie die Nachrichten ausgewertet und erzählen nun die Dreh- und
Wendepunkte der Partei nach, sprechen mit AfD-Abgeordneten, die in der
Gruppe aktiv waren oder konfrontieren [2][die Vorsitzende Alice Weidel] –
die nicht in der Gruppe war – mit den Chatnachrichten.
Die Nachrichten selbst werden von Schauspieler*innen eingesprochen.
Daraus entsteht eine auditive Collage – unterlegt mit höchst dramatischer
Musik. „Fällt es so schwer, einmal nicht über das dritte Reich zu reden?“
oder „Die Ratte Merkel an der Spitze, die Volksverräterin, gehört
lebenslang in den Knast“: Diese Nachrichten geben einen kurzen Einblick,
wie innerhalb der „Quasselgruppe“ kommuniziert wird. Der Ton ist rau, es
wird gehetzt und beleidigt. Es werden Pläne ausheckt, um die
parlamentarische Arbeit der anderen Parteien zu stören, und es wird über
die Ausrichtung der Partei gestritten. Immer wieder fragt sich die Gruppe:
Wie radikal darf die AfD sein?
## Von der Ideologie
Auch anhand der Gruppe ordnet der Podcast die ersten vier Jahre der Partei
im Bundestag ein, erschafft eine Binnensicht. Von den gescheiterten Wahlen
zum Bundestagsvizepräsidenten über [3][die thüringische Regierungskrise um
Thomas Kemmerich], die [4][Coronapandemie und die Querdenken-Bewegung] bis
zur [5][Einstufung als „Verdachtsfall“ durch den Verfassungsschutz].
Doch obwohl Tabubrüche und Grenzüberschreitungen wie rassistische oder
anders diskriminierende Aussagen in dem Podcast stets klar benannt werden,
droht stellenweise eine Verharmlosung. Der Podcast konzentriert sich auf
interne Machtkämpfe – dadurch gerät die gemeinsame Ideologie aus dem Blick.
Egal ob „gemäßigt“ oder „Flügel“: Die Partei wird durch eine
nationalistische und rassistische Ideologie zusammengehalten. Das muss in
der journalistischen Arbeit über diese Partei immer wieder klar
herausgearbeitet werden. Gerade auch, weil der Podcast ansonsten sehr
niedrigschwellig arbeitet. Er erklärt beispielsweise, was eine „Fraktion“
ist oder wie eine „Kleine Anfrage“ funktioniert. Auch Prinzipien des
journalistischen Arbeitens werden immer wieder ausführlich erläutert.
Expert*innenstimmen zur die Demokratie gefährdenden Ideologie der AfD
hätten dem Podcast jedoch gutgetan. Aber auf sie wird im Podcast
verzichtet, stattdessen gibt es neben den Chatnachrichten und den
Einordnungen durch die Journalist*innnen Dutzende O-Töne von
AfDler*innen. Und das Schlusswort des Podcasts bekommt dann auch noch Alice
Weidel – als wäre sie eine ganz normale Vorsitzende einer ganz normalen
Partei.
1 Jun 2022
## LINKS
[1] /Wahlabend-im-Fernsehen/!5449992
[2] /Alice-Weidel/!t5403258
[3] /FAQ-zur-Regierungskrise-in-Thueringen/!5662307
[4] /Szene-der-Querdenker/!5847034
[5] /AfD-als-Verdachtsfall-bestaetigt/!5836673
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Podcast-Guide
Rechte
Schwerpunkt AfD
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
GNS
Schwerpunkt AfD
Sexarbeit
Podcast-Guide
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pläne der AfD in Meißen: Kaderschmiede in der Wiege Sachsens
Das historische Kornhaus auf dem Meißner Burgberg soll versteigert werden.
Die AfD will es kaufen – und ein Schulungszentrum einrichten.
Podcast zu Sexarbeit: Keine Beton-Ideologie
Der Podcast „Hype&Hustle“ betrachtet Sexarbeit auf der Plattform Only Fans.
Influencerin Pati Valpati führt durchs Thema, ohne zu moralisieren.
Dating-Podcast „Hörtsblatt“: Endlich Schluss mit Tinder
Der Podcast „Hörtsblatt“ versucht Dating-Apps zu ersetzen. Dabei liefert er
Unterhaltung und Selbstironie. Aber manchmal wird es auch etwas zu ernst.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.