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# taz.de -- Am Breitscheidplatz Berlin: Fahrer steuert Auto in Schulklasse
> Eine Lehrerin stirbt, acht Personen sind schwerverletzt, davon fünf
> lebensgefährlich. Der Hintergrund blieb zunächst unklar.
Bild: Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey am Unfallort in der Nähe des B…
Gegen Mittag sind die Straßen rund um den Breitscheidplatz weiträumig
abgesperrt, mit rot-weißem Flatterband, für das der eine oder andere
E-Roller als Halter dient. Dutzende teils schwer bewaffnete
Polizist:innen passen auf, dass sich niemand von den vielen
Passant:innen an diesem warmen Tag an ihnen vorbei in Richtung
Gedächtniskirche mogelt.
Dort, unweit der Betonquader und Stahlpoller, die die Märkte auf dem
Breitscheidplatz vor Anschlägen mit Autos schützen sollen, hat kurz zuvor
ein Mann in einem silbernen Renault Clio eine Person überfahren und
getötet, mehrere andere zum Teil lebensgefährlich verletzt. Jetzt steht der
Wagen im geborstenen Schaufenster einer Douglas-Parfümerie an der Marburger
Straße.
Laut Polizeiangaben war der Autofahrer ein 29-jähriger Deutsch-Armenier,
zuletzt wohnhaft in Berlin. Gegen 10.26 Uhr soll er den Renault auf der
Tauentzienstraße plötzlich auf den Gehweg und in eine Personengruppe
gefahren haben. Dann fuhr er zurück auf die Straße und nach 200 Metern
anschließend erneut auf den Bürgersteig und in das Schaufenster der
Parfümfiliale. Laut Augenzeugen soll der Fahrer zunächst weggelaufen sein,
bevor er von Passant:innen festgehalten und von der Polizei festgenommen
wurde.
## Lehrerin stirbt
Bei dem Vorfall verstarb noch vor Ort eine Frau. Laut Berlins
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) war es eine Lehrerin einer hessischen
Schülergruppe. Nach Angaben von Berlins Regierender Bürgermeisterin
Franziska Giffey befanden sich am Donnerstagmorgen von den 24 Schülerinnen
und Schülern aus Bad Arolsen sieben im Krankenhaus. Insgesamt gebe es sechs
lebensbedrohlich Verletzte und drei Schwerverletzte. Die Polizei war mit
130 Einsatzkräften vor Ort, sperrte den Tatort großräumig ab. In der
Gedächtniskirche richtete die Feuerwehr eine psychosoziale
Notfallversorgung für Zeug:innen ein.
Was Auslöser des Vorfalls war, blieb zunächst unklar. Die Polizei
ermittelte, ob es sich um einen Unfall oder eine vorsätzliche Tat handelte.
Der 29-Jährige wurde nach seiner Festnahme ins Krankenhaus gebracht, auch
um seine Vernehmungsfähigkeit zu prüfen. Meldungen zu einem
Bekennerschreiben in seinem Auto bestritt Spranger. Es seien vielmehr
Plakate mit Botschaften zu der Türkei gewesen. Welche, blieb offen.
Nach taz-Informationen war der Mann bei der Polizei bisher nur mit
Raubdelikten bekannt, nicht aber mit politischen Straftaten. Auch soll er
sich in der Vergangenheit psychisch auffällig gezeigt haben. Auch
Polizeipräsidentin Barbara Slowik (SPD) betonte, bisher gebe es „keine
einschlägigen Erkenntnisse zu politischen Motiven“.
Der Vorfall bekam aber auch deshalb große Aufmerksamkeit, weil er an den
Anschlag auf den Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016 erinnerte. Damals
war ein Islamist mit einem Lkw auf den dortigen Weihnachtsmarkt gefahren
und hatte dort 12 Menschen getötet.
## Politik zeigt sich „erschüttert“
Am Nachmittag verschafften sich auch Berlins Regierende Bürgermeisterin
Franziska Giffey (SPD), Spranger und Slowik vor Ort einen Eindruck der
Lage. Mit betretenen Gesichtern traten sie vor Mikrofone. Giffey sagte, sie
sei „schwer erschüttert“ über den Vorfall, der „schlimme Erinnerungen“
wecke. Noch wisse man nicht genau, was passiert sei. Aber: „Wir werden
alles dafür tun, den Betroffenen zu helfen.“ Auch Innensenatorin Spranger
zeigte sich „erschüttert“ und dankte den Einsatzkräften. Es werde in alle
Richtungen ermittelt. Am Mittwochabend sprach Iris Spranger von einer
„Amoktat eines psychisch beeinträchtigten Menschen“.
Auch die Bundespolitik reagierte betroffen. Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier äußerte sich „mit großer Bestürzung“. Seine Gedanken seien b…
dem Todesopfer, den Verletzten und Angehörigen, teilte er mit.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach den Betroffenen ebenso ihr
„tiefes Mitgefühl“ aus. Die Sozialdemokratin appellierte, bis zu näheren
Erkenntnissen über die Hintergründe „sollte niemand spekulieren“.
8 Jun 2022
## AUTOREN
Konrad Litschko
Claudius Prößer
## TAGS
PKW
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Berlin
Amokläufer
Autoverkehr
Polizei Berlin
Berlin-Charlottenburg
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
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