# taz.de -- Das Neun-Euro-Ticket im Pfingst-Test: In vollen Zügen genießen | |
> Alle reden vom Neun-Euro-Ticket. Und nun, nach dem ersten Wochenende: Hat | |
> es seinen Praxistest bestanden? Eindrücke vom Bodensee bis Sylt. | |
Bild: Viel los am Berliner Hauptbahnhof: Gedränge beim Einstieg in den Zug nac… | |
DIVERSE REGIONALZÜGE taz | Hamburg, Samstagmorgen, acht Uhr. Bis auf ein | |
paar fleißige Singvögel ist es noch ruhig in den Straßen der Hansestadt. | |
Aber zehn Minuten später, im Bahnhof Hamburg-Altona, zeigt sich ein anderes | |
Bild. Menschen wuseln eilig durcheinander, viele ziehen kleine Koffer | |
hinter sich her, einige tragen großes Reisegepäck – alle eint ein | |
gemeinsames Ziel: der Zug nach Westerland auf [1][Sylt]. Auf die Insel. | |
Am ersten Wochenende nach der Einführung des [2][9-Euro-Tickets] steht das | |
Netz des Regionalverkehrs in ganz Deutschland vor einem Stresstest. Denn | |
während sich unter der Woche die zusätzliche Nutzung des öffentlichen | |
Personennahverkehrs auf diverse Pendelstrecken verteilt, konzentrieren sich | |
Reisen am Wochenende auf touristisch besonders attraktiven Strecken. An | |
Warnungen hat es nicht gefehlt: Der Fahrgastverband Pro Bahn erwartete | |
überfüllte Züge, Zugräumungen und Chaos an den Bahnhöfen. Denn das neue | |
Ticket ermöglicht vielen Menschen, die sich das vorher nicht ohne Weiteres | |
hätten leisten können, mal wieder rauszukommen, einen Tagesausflug oder | |
eine Wochenendreise zu unternehmen. | |
Wie strapazierend ist solch eine Odyssee am Wochenende mit dem | |
9-Euro-Ticket wirklich? Drei taz-Reporter sind mitgefahren – von Hamburg | |
nach Sylt, von Freiburg in den Schwarzwald und an den Bodensee und von | |
Berlin ins Umland. | |
Aufgrund der zu erwartenden hohen Nachfrage stehen am Samstag gleich zwei | |
Regionalzüge mit Fahrtziel Westerland im Bahnhof Altona bereit, beide sind | |
voll ausgelastet. Nur wer alleine reist, hat noch eine Chance, zehn Minuten | |
vor Abfahrt einen Sitzplatz zu ergattern. Pünktlich setzt sich die | |
Regionalbahn in Bewegung, die Stimmung im Waggon ist entspannt, auf vielen | |
Klapptischen stehen Pappbecher mit Kaffee nebst Brötchentüten von der | |
Bahnhofsbäckerei. | |
Viele wären auch ohne das Neun-Euro-Ticket nach Sylt gefahren, reisen nicht | |
zum ersten Mal auf die Insel. Für einige Gruppen hingegen, teils | |
ausgestattet mit Filzhüten mit der Aufschrift „Sylt 2022“, gelben | |
Warnwesten und Schlafsäcken, ist die Insel erst in den letzten Wochen | |
interessant geworden. | |
Als einige Insulaner:innen Bedenken anmeldeten, die Züge könnten ihre | |
Kapazitätsgrenze überschreiten, verselbstständigte sich auf Twitter, | |
Telegram und Reddit das Bild einer Insel der Reichen und Schönen, die ein | |
wenig ungelenk versuchen, ihr Habitat vor unerwünschten Eindringlingen zu | |
schützen. Von „Chaostagen“, zu denen im Internet aufgerufen wurde, ist | |
jedoch im Zug nichts zu sehen. | |
Es dauert nicht lange, bis sich bei Stammgästen wie Party-Tourist:innen | |
gleichermaßen die ersten alkoholhaltigen Getränke zu den Kaffeebechern | |
gesellen. Ein Mitreisender erzählt, er sei eigentlich gar nicht so der | |
Sylt-Typ, Föhr gefalle ihm ein bisschen besser, da sei es ruhiger. Ein | |
wenig kennt er sich auf der Insel aber doch aus, gibt Tipps, was bei einem | |
Tagesausflug unbedingt alles gemacht werden muss. Auf längeren Zugreisen, | |
das war schon immer so, kommen Menschen ins Gespräch miteinander, reden | |
über persönliche Beweggründe der Reise, spielen Karten mit vormals Fremden | |
– flüchtige Begegnungen, bis sich die Wege ein paar Augenblicke später am | |
Bahnsteig in alle Himmelsrichtungen zerstreuen. | |
Die Zugfahrt nach Sylt dauert normalerweise etwas unter drei Stunden. Weil | |
heute zwei Regionalbahnen kurz nacheinander fahren, hält der frühere Zug | |
nicht an jeder Station, das spart gut 20 Minuten Fahrtzeit. Verspätungen | |
sind auf der Strecke zwischen Hamburg-Altona und Westerland ansonsten keine | |
Seltenheit. Abschnittsweise liegt hier nur ein Gleis, sobald ein Zug zu | |
spät dran ist, verursacht das einen Stau in beide Richtungen. | |
Heute aber ist der Zug pünktlich, und als die Bahn auf dem Hindenburgdamm | |
über die Nordsee nach Sylt einfährt, sich das Wattenmeer zu beiden Seiten | |
in die Ferne erstreckt und der Zugbegleiter durch die knisternden | |
Lautsprecher einen Blick bis nach Föhr zur einen und nach Dänemark zur | |
anderen Seite ankündigt, da weicht jedwede Nörgelei an der Bahn der | |
unvergleichlichen Romantik, die das Fahren mit dem Zug so besonders macht, | |
machen kann. | |
## Die Kurtaxe nicht vergessen | |
Keine zwanzig Minuten später fährt der RE60 in den Bahnhof Westerland ein. | |
Unzählige Menschen strömen aus dem Zug auf den Bahnsteig. Sylt empfängt die | |
Gäste mit grauem Himmel, einer steifen Brise und zwölf Grad Celsius – es | |
ist kühler und schattiger als noch zwei Stunden zuvor in Hamburg. Der | |
Anblick der Nordsee und der Duft salziger Meeresluft entkräften diesen | |
Vergleich jedoch kurze Zeit später. Der Eintritt zum Sandstrand, vier Euro | |
Kurtaxe, ist dagegen noch gesalzener als die Meeresluft. Für den Zugang zum | |
Meer zahlt man also weitaus mehr, als die Bahnfahrt kostet, rechnet man das | |
Neun-Euro-Ticket in Tagesbeträge um. | |
Immerhin können mit dem Billigticket nicht nur die Regionalbahnen, sondern | |
auch Busse in ganz Deutschland genutzt werden. Das gilt auch auf Sylt, wo | |
in vorbildlicher Regelmäßigkeit alle wichtigen Punkte der Insel angefahren | |
werden. Unweit der Bushaltestelle „Friedrichstraße-Ost“, im Zentrum | |
Westerlands, haben sich Punks niedergelassen, viele von ihnen sind nach | |
eigener Aussage bereits seit Donnerstag auf der Insel. Angereist seien sie | |
aus fast allen Bundesländern, alle mit der Regionalbahn. Bislang, erzählt | |
ein Punker aus Sachsen-Anhalt, sei alles entspannt, man schlafe am Strand | |
und sei friedlich unterwegs. | |
Die Bewohner:innen geben sich ebenfalls gelassen. „Endlich mal was los | |
hier“, sagt ein älterer Mann mit einem Augenzwinkern im Vorbeigehen. Wenige | |
Minuten später fährt der Bus vor, und im Gegensatz zur Bahn ist der | |
wirklich randvoll. | |
Nach wenigen Minuten Fahrt kann man an einem beliebigen Punkt aussteigen, | |
in die Dünenlandschaft eintreten und sich alsbald am Strand wiederfinden. | |
Auch an den Pfaden durch die bewachsenen Dünen steht früher oder später | |
eines der kleinen, weiß angestrichenen Häuschen der Kurverwaltung. Auch | |
hier werden die vier Euro fällig, der Versuch, für lau am Strand zu | |
spazieren, endet erfolglos. | |
In den vergangenen Tagen seien auf Sylt schon deutlich mehr Menschen | |
unterwegs gewesen, erzählt die Frau hinter der Glasscheibe des kleinen | |
weißen Häuschens. Sie habe bereits 1995 die [3][Chaostage] der Hamburger | |
Punks miterlebt, heute sei alles anders, viel friedlicher und auch die | |
Insulaner:innen hätten diesmal kein Problem mit den zusätzlichen | |
Gästen – solange es so ruhig bleibe. | |
Vier Euro ärmer führt der Weg noch über eine Düne, dann endlich breitet | |
sich weißer Sandstrand aus. Dahinter die Nordsee, soweit das Auge reicht. | |
Je größer die Distanz zum Zentrum der Insel, desto mehr Strand hat man für | |
sich allein. Hier, nur ein paar Kilometer von Westerland entfernt, sind | |
auch an einem Samstagnachmittag nur wenige Menschen unterwegs. Bei einer | |
ausgedehnten Wanderung zurück nach Westerland bleibt genug Zeit, um die | |
Füße im weißen Sand zu vergraben und den sanften Wellen der Nordsee zu | |
lauschen, während die Silbermöwen kreischend ihre Kreise ziehen. | |
Wenn die Schatten länger und die Beine müde werden, fährt von Westerland | |
jede Stunde eine Regionalbahn zurück nach Hamburg-Altona, die letzte um | |
19.16 Uhr. Auf dem Heimweg ist die Bahn am Samstagabend nicht einmal zur | |
Hälfte belegt, so bleibt der Schaffnerin sogar Zeit, die Fahrkarten zu | |
kontrollieren. Morgen, meint sie, wollen die Punks zurückfahren, das werde | |
bestimmt lustig. | |
## Entspannt von Freiburg an den Bodensee | |
Samstag, 9.20 Uhr, am Freiburger Hauptbahnhof. Warten auf den | |
Regionalexpress in Richtung Offenburg – das Tor für alle Menschen im | |
äußersten Südwesten der Republik in den Norden, in Städte wie Karlsruhe, | |
Mannheim oder Stuttgart. Es ist einiges los am Gleis. Aber mehr als sonst? | |
Viele Menschen ziehen schwere Rollkoffer hinter sich her – eher keine | |
Ausflügler, die mit dem Neun-Euro-Ticket unterwegs sind. Der Zug fährt ein, | |
tatsächlich bleiben die Menschen mit dem schweren Gepäck stehen, warten auf | |
den nachfolgenden ICE. Es ist Ferienbeginn, viele zieht es zum Flughafen in | |
Frankfurt am Main. | |
Der Regionalexpress – was für eine Überraschung – ist fast leer. Maximal … | |
Prozent der Plätze sind belegt, quer durch alle Waggons. Der Zug fährt los, | |
hält in Kleinstädten wie Denzlingen und Emmendingen. Rechts ziehen die | |
Hügel des Schwarzwalds vorbei, links öffnet sich die Rheinebene. Am | |
Bahnhof Ringsheim steigen zwei Frauen mittleren Alters ein, elegant und | |
farbenfroh gekleidet. Martina Gerber und Anja Keppner wollten eigentlich | |
mit dem Neun-Euro-Ticket nach Karlsruhe fahren, wegen des unbeständigen | |
Wetters – schwere Gewitterwolken liegen in der Luft – bleiben sie aber in | |
Offenburg. Das neue Ticket macht flexibel, lässt Platz für kurzfristige | |
Planänderungen. | |
In Offenburg angekommen, wird es voller am Bahnsteig. Auf Gleis 5 fährt der | |
Regionalexpress nach Konstanz am Bodensee ein. Hunderte Menschen drücken | |
sich ins Freie, sie kommen aus Karlsruhe. Der Zug war voll. Sehr voll. „In | |
Rastatt haben die schon niemandem mehr in den Zug gelassen“, sagt Andreas | |
Ritter, der mit seiner Freundin Maike Roller aus Schorndorf bei Stuttgart | |
in den Schwarzwald fährt. Die Fahrgäste hätten in den Gängen gestanden, ein | |
Durchkommen, etwa für den Schaffner, wäre unmöglich gewesen, sagt Ritter. | |
Am Bahnhof von Gengenbach schultern die beiden jungen Passagiere ihre | |
großen Rucksäcke und steigen aus. Vor ihnen liegt eine dreitägige Wanderung | |
quer durch den Schwarzwald. Das Neun-Euro-Ticket sei genau richtig | |
gekommen, sagt Maike Roller. | |
Der Zug nach Konstanz ist derweil gut gefüllt, aber nicht übervoll. | |
Vereinzelt gibt es noch Sitzplätze. Wird sich das bald ändern? Der Bodensee | |
zählt zu den wichtigsten Ausflugszielen der Republik. Auch die Strecke | |
dorthin bietet allerlei Höhepunkte. Die Schwarzwaldbahn gehört zu den | |
schönsten Bahnstrecken Deutschlands, der doppelstöckige Zug fährt durch | |
unzählige Tunnel, entlang reißender Bäche und über tiefe Schluchten. | |
Bauernhöfe schimmern in entlegenen Seitentälern durch den Wald, Kuhherden | |
stehen grasend auf den Weiden. Die Bahnfahrt hat etwas Entschleunigendes, | |
die Stimmung im Zug ist entspannt. | |
Entgegen den Erwartungen leert sich der Zug hinter Villingen, statt voller | |
zu werden. Der Schwarzwald liegt nun hinter uns und bald tauchen die | |
Vulkane des Hegaus und dann schließlich der Bodensee bei Radolfzell auf. In | |
der Ferne sieht man Segelboote entlanggleiten, dahinter zeichnen sich die | |
Alpen ab. Es gibt immer noch viele freie Sitzplätze im Zug. Vier junge | |
Frauen sitzen zusammen, schauen durch das Fenster auf das Strandbad von | |
Radolfzell, das direkt neben dem Bahnhof liegt. „Oder sollen wir hier | |
raus?“, fragt die eine. Die anderen sind dagegen. „Ach nein, lasst uns nach | |
Konstanz durchfahren“, meint eine andere. Auch hier lässt das Ticket | |
Freiheiten. | |
Die Innenstadt von Konstanz ist derweil voll, durch die Fußgängerzone | |
wälzen sich Massen an Touristen und Ausflüglern – normal an einem Samstag, | |
zumal das Wetter sich mittlerweile von seiner besten Seite zeigt. Blauer | |
Himmel, die Sonne brennt, vereinzelt einige Schäfchenwolken, die sich im | |
glasklaren Bodensee spiegeln. 45 Minuten Aufenthalt in Konstanz, dann geht | |
es zurück, zunächst auf derselben Strecke. | |
Pünktlich um 14.39 Uhr fährt der Regionalexpress nach Karlsruhe los. Von | |
Überfüllung wieder keine Spur. Es gibt viele freie Sitzplätze. Ein | |
Eindruck, der sich auch beim letzten Umsteigebahnhof, Donaueschingen, noch | |
einmal bestätigt. Die S10 nach Freiburg, auch Höllentalbahn wegen ihres | |
malerischen Verlaufs durch die felsige Schwarzwaldlandschaft des Höllentals | |
genannt, weist ebenfalls viele freie Plätze auf. Langsam schaukelt sich der | |
gelb-schwarze Zug durch die Landschaft, über die Ravennaschlucht, am | |
Hirschsprung – der Metallskulptur eines kapitalen Zwölfenders – vorbei und | |
erreicht langsam das Dreisamtal und später den Bahnhof Freiburg. | |
Am Bahnsteig noch einmal ein wenig Gedränge, doch beim Service-Punkt in der | |
Bahnhofshalle winkt die Mitarbeiterin ab. „Alles normal an einem Samstag | |
und Ferienbeginn“, meint sie. Sie hätten zusätzliche Kräfte an diesem Tag | |
im Einsatz – aber letztendlich sei es kein größerer Ansturm an diesem | |
Samstag gewesen als an vergleichbaren Tagen. | |
## Zum Fußballspielen nach Bad Belzig | |
Berlin, zehn Uhr am Morgen im Ostbahnhof. Heute geht es nach Bad Belzig: | |
Bier, Ballspiel und Baden mit der Fußballmannschaft. Spontan für einen Tag | |
mit dem Regionalzug ins Umland fahren – das Neun-Euro-Ticket macht’s | |
möglich! | |
Die Lage ist entspannt. Aber ab der nächsten Station, Alexanderplatz, | |
ändert sich das rasch. Während der Fahrt in den Berliner Westen muss ein | |
gutes Drittel der Fahrgäste auf den Gängen stehen. Trotzdem bleibt die | |
Stimmung positiv und die Temperatur angenehm. | |
Florian und Steffen machen einen Tagesausflug nach Potsdam. Florian | |
studiert, Steffen arbeitet. Florian macht den Trip wegen des günstigen | |
Preises: „Sonst wäre das zu teuer.“ Das Pärchen, das sich auf ihren Platz | |
setzt, nachdem die beiden ausgestiegen sind, hat das Neun-Euro-Ticket über | |
die Monatskarte bekommen, fährt jetzt über Pfingsten fort. „Wir werden | |
wahrscheinlich auch ein, zwei Ausflüge machen, die wir ohne Ticket nicht | |
gemacht hätten.“ Grischa und Carolin kommen aus Hamburg und verbringen das | |
Pfingstwochenende in der Hauptstadt. Sie sind angetan vom Neun-Euro-Ticket: | |
Es habe ihren Aufenthalt flexibler und günstiger gemacht: „Die ganzen | |
Bahnfahrten nach Potsdam und so können wir jetzt mit dem Ticket machen.“ | |
Angereist sind sie aber per ICE. | |
In Wannsee entspannt sich die Situation, jetzt steht nur noch, wer das auch | |
will. Als der Zug an seiner Endstation in Bad Belzig ankommt, ist er fast | |
leer. Eine junge Mutter, die hier aussteigt, ist begeistert: Sie wohne in | |
Michendorf, sei vorher nur hin und wieder mit der Bahn gefahren und nutze | |
das Ticket jetzt ausgiebig. „It’s very nice!“ | |
## Auf der Rückfahrt wird es voll | |
Die Rückfahrt um halb zehn Uhr abends gestaltet sich dann doch | |
komplizierter. Rad anschließen, Sitzplatz suchen, sich chauffieren lassen? | |
Denkste. Der Zug ist proppenvoll. Die Fahrräder passen gerade noch ins | |
Abteil. Aber sitzen? Keine Chance. Die Hälfte der Fahrgäste muss sich müde | |
und schwitzend auf den Gängen drängeln oder auf den Treppen zwischen den | |
Abteilen kauern. | |
Daran ändert sich auch nichts, bis der Zug wieder in der Berliner | |
Innenstadt ankommt. Erst am Hauptbahnhof sind die Stehenden erstmals wieder | |
in der Unterzahl. Immerhin, der Zug ist pünktlich, kommt reibungslos durch | |
und wer mitfahren will, schafft es auch hinein. Am Tag zuvor am frühen | |
Nachmittag war der Regionalexpress aus Magdeburg 35 Minuten zu spät dran. | |
„Durch hohes Fahrgastaufkommen bedingte erhöhte Ein- und Aussteigezeiten“ | |
seien laut Durchsage die Ursache dafür. Eine Gruppe, die aus Dessau kommt, | |
erzählt Ähnliches: Voller Zug, eine Stunde Verspätung. „Hätten wir das | |
vorher gewusst, wären wir nicht gefahren.“ Der Besuch in Berlin sei | |
allerdings nur durch das Neun-Euro-Ticket überhaupt eine Option geworden. | |
Besonders voll aber waren die von Berlin abgehenden Züge in Richtung | |
Ostsee, etwa nach Rostock oder Stralsund. „Fahrräder mussten oft draußen | |
bleiben“, berichtete eine Bahnsprecherin. Mehrfach kam die Bundespolizei | |
zum Einsatz, um Fahrgäste aus überfüllten Zügen herauszukomplimentieren. | |
Beate und Peter, ein Ehepaar, haben beide eine Jahreskarte für die inneren | |
Berliner Tarifzonen. Sie fahren heute nach Potsdam und freuen sich, dafür | |
nun keinen Anschlussfahrschein kaufen zu müssen. So geht es den meisten | |
Menschen: Sie haben bereits ein Aboticket, können damit jetzt aber viel | |
weiter fahren und freuen sich über das erstattete Geld. Ob sie mehr fahren | |
werden, wissen sie aber noch nicht. | |
Das bundesweite Großexperiment Neun-Euro-Ticket hat schließlich gerade erst | |
begonnen. | |
7 Jun 2022 | |
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