Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Konzert der Moving Targets in Bremen: Songs von damals
> Die Moving Targets haben eine Musikrichtung geprägt, zu deren Hochzeiten
> die Band selbst schon wieder vergessen war. Heute sind sie wieder
> unterwegs.
Bild: Lang her – aber was der 80er ist wirklich vorbei? Punks 1984 in Hannover
Bremen taz | Kurz vor dem Konzert steht ein Mann vor der „Lila Eule“ in
Bremen und raucht eine Zigarette. Ein bisschen verloren sieht er aus,
nachdenklich – vielleicht ist er aber auch nur ein bisschen verkatert. Ganz
sicher aber wirkt er nicht wie jemand, der in einer Band spielt, die hätte
Gott sein können. Ist er aber.
Der Mann heißt Kenny Chambers, und seine Band, die Moving Targets, war 1984
tatsächlich auf der legendären Compilation „Bands That Could Be God“ zu
hören, die den Bostoner Hardcore-Untergrund porträtierte. Später am Abend
wird Chambers mit dem Schlagzeuger Emilien Catalano und dem hyperaktiven
Bassisten Yves Thibault auf der Bühne jede Menge alte Gefühle bei den
Anwesenden antriggern.
Passend zum Ort, könnte man meinen: [1][Der kleine Keller-Club] im Bremer
Szeneviertel Ostertor ist eng mit verschiedensten gegenkulturellen
Bewegungen des vergangenen Jahrhunderts verknüpft: 1967 wiegelte Rudi
Dutschke dort 250 ZuhörerInnen zum Aufstand auf, im Jahr darauf nahm
Saxofonist Peter Brötzmann mit seinem Oktett am gleichen Ort das
wegweisende [2][Free-Jazz-Album „Machine Gun“] auf – brutale Musik für
brutale Zeiten, wie Brötzmann damals sinngemäß erklärte, Vietnam im Sinn.
Jazz, Punk und HipHop sind hier seit jeher zu Haus.
Die Rebellion der Moving Targets ist allerdings immer schon eine eher
persönliche gewesen. Chambers, Sänger, Gitarrist und mittlerweile einziges
überlebendes Gründungsmitglied der Band, erzählte einmal einer
Musikzeitschrift, seine Mutter mache sich Sorgen, weil seine Songs so
traurig klängen.
## Doch eher traurig als wütend
Das mag bei einer Punkband auf den ersten Blick verwundern. Aber es wehte
immer schon mehr als nur ein Hauch Melancholie durch die oft introspektiven
Texte der gleichwohl knappen, schnellen Songs des Trios.
Nach ihrer Gründung Anfang der 80er Jahre verbanden die Moving Targets im
Gefolge von Bands wie Hüsker Dü, Dinosaur Jr. und den Lemonheads lärmende
Gitarren und rasantes Schlagzeug mit zartbitterer Melodik. Als dann mit den
90ern zumindest kommerziell die große Zeit für derlei Musik anbrach
(Pixies, Nirvana …), verschwanden die Moving Targets bereits von der
Bildfläche.
Erst 2018 kehrten sie zurück und entfachten auf einer ausgedehnten
Europa-Tournee noch einmal den alten Zauber bei einem tendenziell ebenso
alten Publikum neu. Noch bis Mitte Juni sind sie dieses Jahr in Europa
unterwegs. Die Euphorie über das Wiederhören hat etwas nachgelassen, aber
es reicht noch für mehr als wohlige Erinnerungen.
Auf dem Programm stehen neben vielen alten und ein paar neuen Songs auch
Coverversionen von „Takin’ A Ride“ (The Replacements) und den Wipers, der…
[3][Außenseiterhymne „Youth of America“] auch in Bremen als beredte,
geradezu trotzig wirkende Zugabe zu hören ist: Der treibende Song erzählt
von verlorener Jugend in einem Land, in dem „die Reichen reicher werden und
die Armen ärmer“ und wo es keinen Platz gibt, um den Zuständen zu entkommen
… So viel Zeitgenossenschaft hat Punk dann eben doch noch.
3 Jun 2022
## LINKS
[1] /Doku-ueber-die-Lila-Eule/!5368392
[2] https://www.discogs.com/de/master/21897-Peter-Br%C3%B6tzmann-Octet-Machine-…
[3] https://www.youtube.com/watch?v=YaUzYISKKAI
## AUTOREN
Andreas Schnell
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Bremen
Konzert
Punk
Kolumne Großraumdisco
Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Musiker Chad Popple über das Schlagzeug: „Jazz, Jazz und noch mal Jazz!“
Eine Tour mit einer US-Mathcore-Band führte Chad Popple Ende der
1990er-Jahre nach Hamburg. Seitdem bereichert er als Schlagzeuger in
etlichen Bands das Musiktreiben.
Doku über die „Lila Eule“: Wo Rudi Dutschke Zeug redete
In der kleinen, dunklen „Lila Eule“ wurden Tausende Bremer musikalisch und
politisch sozialisiert. Jetzt erzählt eine Dokumentation die Geschichte des
Clubs
Ramones-Konzert in Bremen: "Die waren schmerzfrei"
Im September 1978 spielte die New Yorker Punkband "Ramones" bei Radio
Bremen. Die Bremer mussten zu den Ramones geprügelt werden, sagt der
damalige Regieassistent Jörg Sonntag.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.