| # taz.de -- Streit um den Tempelberg in Jerusalem: Wer darf wann beten? | |
| > Ein Gericht erlaubt drei jüdischen Männern, auf dem Tempelberg zu beten. | |
| > Das heizt den Konflikt zwischen Palästinenser:innen und Israelis | |
| > an. | |
| Bild: Gebetsort mit Konfliktpotenzial: Touristen vor der Al-Aqsa Moschee auf de… | |
| Tel Aviv taz | Man könnte das Urteil eines Jerusalemer Amtsgericht über | |
| drei betende jüdisch-israelische Jugendliche als Lappalie betrachten. Doch | |
| stattdessen heizt es den Konflikt zwischen Palästinenser:innen und | |
| Israelis weiter an. | |
| Am Sonntag hob das Gericht eine polizeiliche Anordnung auf, die drei | |
| jüdischen Teenagern den Zutritt zum [1][Tempelberg] verwehrt hatte, weil | |
| diese dort gebetet hatten. | |
| Auf dem Tempelberg in der Altstadt Jerusalems stehen heute die [2][Al Aqsa | |
| Moschee] und der Felsendom – der Tempelberg gilt als drittheiligste Stätte | |
| des Islam und als heiligste des Judentums. Laut sogenanntem Status Quo, | |
| einer Abmachung zwischen Israel und der jordanischen Waqf-Behörde, die den | |
| Tempelberg verwaltet, dürfen Jüdinnen und Juden den Tempelberg zu | |
| bestimmten Zeiten betreten, jedoch nicht dort beten. | |
| Das jordanische Außenministerium bezeichnete die Gerichtsentscheidung als | |
| einen „groben Verstoß gegen internationale Beschlüsse in Bezug auf | |
| Jerusalem.“ | |
| ## Treiber ist die messianisch motivierte „Tempelbewegung“ | |
| Die militante Organisation Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, | |
| bezeichnete die Entscheidung als „gefährliche Eskalation“, und ließ | |
| verlauten, dass die Entscheidung sämtliche rote Linien überschreite und mit | |
| Feuer spiele. | |
| Viele Palästinenser:innen fürchten, dass Israel am Status Quo auf dem | |
| Tempelberg rütteln will. Von israelischer Polizei eskortierte Jüdinnen und | |
| Juden, die den Tempelberg besuchen und auch immer wieder dort beten, rufen | |
| zunehmend den Unmut der Palästinenser:innen hervor. | |
| Vorangetrieben werden die Besuche von Jüdinnen und Juden auf dem Tempelberg | |
| vor allem von der messianisch motivierten [3][Tempelbewegung], die in den | |
| letzten Jahren an Einfluss gewonnen hat und für einen Wiederaufbau des 70 | |
| n. Chr. zerstörten Tempels auf dem Gelände des Tempelbergs wirbt. | |
| Jüdische Israelis, die für ungehinderten Zugang zum Tempelberg kämpfen, | |
| argumentieren mit der Freiheit zur Religionsausübung. Das Argument bringe | |
| viele Organisationen, die für die Einhaltung des Status Quo kämpfen, in | |
| Bedrängnis, erklärt Hagit Ofran von der NGO Peace Now. Es sei schwer, | |
| dagegen zu argumentieren. „Doch solange die Palästinenser:innen unter | |
| Besatzung leben“, betont Ofran: „ist die Forderung von jüdischer Seite, | |
| auch auf dem Tempelberg beten zu dürfen, keine unschuldige. Ihnen geht es | |
| nicht um die Freiheit zur Religionsausübung, sondern um Souveränität.“ | |
| ## Regierung Bennett will keine Änderung des Status Quo | |
| Bisher haben sämtliche israelische Regierungen betont, keine Bestrebungen | |
| zu haben, den Status Quo zu verändern. Nach dem Gerichtsurteil ließ auch | |
| das Büro des Ministerpräsidenten Naftali Bennett verlauten, dass keine | |
| Änderung des Status Quo geplant sei: „Die Entscheidung des Amtsgerichts | |
| konzentriert sich ausschließlich auf die Frage des Verhaltens der | |
| Minderjährigen, die vor das Gericht gebracht wurden, und stellt keine | |
| umfassendere Entscheidung über die Freiheit der Religionsausübung auf dem | |
| Tempelberg dar.“ Die Staatsanwaltschaft werde in dem Strafverfahren | |
| Berufung beim Bezirksgericht einlegen. | |
| Das Gerichtsurteil kommt einige Tage vor dem Jerusalem-Tag von Samstagabend | |
| bis Sonntagabend. Traditionellerweise ziehen an diesem israelischen | |
| Feiertag ultrazionistische Jüdinnen und Juden mit einem Flaggenmarsch durch | |
| die Altstadt Jerusalems und feiern die Eroberung Ostjerusalems im | |
| Sechstagekrieg 1967. Die Route führt für gewöhnlich auch durch das | |
| Ostjerusalemer Damaskus-Tor – für Palästinenser:innen eine | |
| Provokation. | |
| Im vergangenen Jahr feuerte die Hamas während des Marsches Raketen auf | |
| Jerusalem ab, selbst nachdem die Behörden die Route im letzten Moment | |
| geändert hatten, um das Damaskustor zu umgehen. Es folgte ein elftägiger | |
| Krieg zwischen der Hamas und Israel. | |
| In der vergangenen Woche gab der israelische Minister für Innere Sicherheit | |
| Omer Bar Lev grünes Licht für den diesjährigen Flaggenmarsch. Auch die | |
| Route durch den muslimischen Teil der Altstadt ist genehmigt. | |
| 23 May 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Israel-Palaestina-Konflikt/!5851513 | |
| [2] /Israel-Palaestina-Konflikt/!5849394 | |
| [3] /Der-Tempelberg-in-Jerusalem/!5846846 | |
| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
| ## TAGS | |
| Jerusalem | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Palästina | |
| Israel | |
| Tempelberg | |
| Naftali Bennett | |
| Hamas | |
| GNS | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Israel | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Jair Lapid | |
| Israel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Israel-Palästina-Konflikt: Raketen auf Gaza, Hamas in Deckung | |
| Bei einer israelischen Militäraktion gegen den Islamischen Dschihad sterben | |
| in Gaza 30 Menschen. Es sind die schwersten Kämpfe seit einem Jahr. | |
| Israels Regierungskoalition zerbricht: Knesset soll sich auflösen | |
| Die für Oktober geplanten Neuwahlen wären die fünften innerhalb von | |
| dreieinhalb Jahren. Oppositionsführer Benjamin Netanjahu frohlockt schon. | |
| Terrorwelle in Israel: Erneuter Anschlag nahe Tel Aviv | |
| Bei einem Anschlag in der orthodox-geprägten Stadt Elad sterben mindestens | |
| drei Menschen. Die palästinensischen Täter sind auf der Flucht. | |
| Israel-Palästina-Konflikt: Weiter Konflikte auf dem Tempelberg | |
| Militante Palästinenser werfen Steine, die israelische Polizei dringt auf | |
| den Tempelberg. Gegenseitige Provokationen sorgen für weitere Spannungen. | |
| Der Tempelberg in Jerusalem: Umkämpftes Heiligtum | |
| Immer wieder gibt es am Tempelberg Konflikte zwischen jüdischen Israelis | |
| und Palästinenser:innen. Warum scheint dieser Ort einen Krieg wert? |